US-Märkte vor Zinsentscheid optimistisch – Analyst gibt jedoch düstere Einschätzung zur Geldpolitik – Rezession wahrscheinlich

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Die US-Märkte sind vor dem heute Abend erwarteten Zinsentscheid optimistisch in den Handel gegangen. Hauptgrund dürften die vagen Hoffnungen auf eine Feuerpause in der Ukraine und eine damit verbundene Entspannung bei den Energiepreisen sein, jedoch ist ein erwarteter Zinsanstieg um 0,25 Prozent bereits von den Märkten verdaut worden.

Trotz des Ukraine-Kriegs wird die Fed am Abend wohl erstmals seit dem Jahr 2018 wieder den Leitzins erhöhen. Fed-Chef Jerome Powell hatte bereits Anfang März vor dem US-Kongress deutlich gemacht, dass der Krieg keine wesentliche Änderung im geldpolitischen Kurs nach sich ziehen werde.

Auch die jüngsten Daten zum US-Einzelhandelsumsatz stünden dem Beginn einer geldpolitischen Straffung nicht im Wege, schrieb Ökonom Andrew Hunter von Capital Economics. „Allerdings sorgte der Krieg in der Ukraine dafür, dass Spekulationen über einen großen Zinsschritt mit 0,50 Prozentpunkten vom Tisch sind“, schreiben die Experten der Dekabank. Allgemein erwartet wird aktuell eine Anhebung um 0,25 Punkte. An den Finanzmärkten werden im Jahresverlauf bis zu sieben weitere Zinserhöhungen erwartet.

David Rosenberg: Eine Rezession wird kommen

Einige Experten sehen eine Zinswende als bereits lange überfällig an und kritisieren die US-Notenbank für ihr langes Zögern. Viele Marktbeobachter hätten eine Kehrtwende bereits im letzten Jahr, als die Wirtschaft wieder deutliche Anzeichen der Erholung gezeigt hatte, gerne gesehen. So auch David Rosenberg, Chefökonom und Stratege von Rosenberg Research & Associates mit Sitz in Toronto.

Aufgrund des langen Zögerns und der nun immer weiter ausartenden Inflation dürfte der notwendige Hammer, den die Fed zur Bekämpfung der Inflation schwingen muss, so hart sein, dass eine baldige wirtschaftliche Rezession kaum noch auszuschließen ist. Angesichts der Anspielungen des derzeitigen Notenbankvorsitzenden Jerome Powell an den früheren Vorgänger Paul Volcker, der in den 80ern die damals ausufernde Inflation mit extremen Maßnahmen bekämpft und zwei Rezessionen hintereinander herbeigeführt hatte, sei klar, wo die Reise hingehe, macht der Experte in einem Interview gegenüber dem Branchenportal Marketwatch klar.

„Eine Zinserhöhung der Fed führt in der Regel zu schlechten Zeiten für die Wirtschaft. Die Fähigkeit der Fed, die Wirtschaft in einen Slowdown zu führen, ohne eine starke Kontraktion auszulösen, ist historisch gesehen eine Eins-zu-Vier-Wette“, so Rosenberg.

Nach der vergangenen Chance, bereits im letzten Jahr gegen die Inflation vorzugehen und die lockere Geldpolitik zurückzufahren, sei es nun angesichts der geopolitischen Verwerfungen ein ungünstiger Zeitpunkt für eine Zinswende. „Ich hätte QE schon vor langer Zeit beendet. Die quantitative Lockerung hat der Main Street nichts gebracht. Es hat die Leute an der Wall Street nur noch reicher gemacht. Warum die Fed trotzdem weitergemacht hat, ist […] unklar. Der Zeitpunkt, an dem der Prozess der Normalisierung der Politik begonnen werden sollte, war vor einem Jahr. Aber dieses Schiff ist abgefahren. Ich würde nicht noch mehr Unsicherheit schaffen, indem ich jetzt die Geldpolitik straffe. Aber die Fed hat sich selbst in die Ecke gedrängt. Es ist wirklich die Frage, wie sehr sie die sieben Zinserhöhungen, die bis Ende des Jahres in den Markt eingepreist sind, ratifizieren will.“

Es gab nur wenig Spielraum in Bezug auf die Zinsen

Ein Problem sei aus Sicht des Experten auch der niedrige Zinswert gewesen, von dem aus die Fed mit Senkungen gegen die Folgen der Pandemie starten musste. Die US-Notenbank ist mit einem Leitzins von 1,75 Prozent in die Krise gegangen und hat diesen auf fast Null gesenkt. Historisch gesehen hat die Fed die Zinsen in einer Rezession um 5 Prozent gesenkt, doch dieses Mal hat die Flexibilität gefehlt – somit war eine extreme Ausweitung der Bilanz aus Sicht des Experten unausweichlich. Dies ist laut Rosenberg auch der Grund, warum in den letzten zwei Jahren Blasen in verschiedenen Märkten gebildet wurden, darunter am Immobilienmarkt und bei Aktien.

onvista-Redaktion mit Material von dpa-AFX

Titelfoto: Immersion Imagery / Shutterstock.com

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