onvista-Börsenfuchs: Achtung! Zahlensalat ist Futter für die Bullen, nur…

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Hallo Leute! Langfristige Börsenstatistiken (je länger desto besser) sprechen für die langfristige Aktienanlage – das ist nix Neues. Vor allem Trendfolger („The trend is your friend“), die sich auf die Performanceanalyse stützen, werden solchen Feststellungen müde lächelnd zustimmen. Trotzdem finde ich echt geil, was die Strategen der Rotterdamer Robeco zahlenmäßig zusammengestellt haben. Um es gleich zu sagen: Ich kann dem nur zustimmen (bin selbst ein Trendfolge-Fan), aber nur mit einer politischen amerikanisch-chinesischen Einschränkung!

Das ist die Kernaussage des Zahlensalats, den die altehrwürdige Investmentgesellschaft komponiert hat: Auf ein Jahr mit herausragenden Aktienerträgen – im Jahr 2019 stieg der MSCI World Index um 30 Prozent – folgt oft ein weiterer guter Jahrgang. Hey, das macht doch Mut! Die Höchststände der Aktienkurse im derzeitigen Bullenmarkt sind jetzt noch nicht erreicht. Man könnte das Ganze auch auf einen entscheidenden Punkt konzentrieren: Bullische Märkte enden typischerweise dann, wenn der Euphorie an den Börsen durch übermäßige Straffung der Geldpolitik durch die Notenbanken der Boden entzogen wird. Davon kann 2020 keine Rede sein.

Richtig spannend ist jedoch der „Cluster“-Effekt. Ein wichtiger Anlass zum Optimismus ist nämlich die „schiefe“ Verteilung der Aktienrenditen – ein Phänomen, das sich bis ins Jahr 1900 zurückverfolgen lässt. Seither haben globale Aktien im Durchschnitt eine jährliche Rendite von 8 Prozent erzielt. Doch weist die historische Verteilung der Wertsteigerungen eine ausgeprägte Schiefe auf. So waren seit Beginn des 20. Jahrhunderts in 20 Prozent der Fälle Renditen von mehr als 20 Prozent pro Kalenderjahr zu beobachten. Interessanterweise scheinen positive Erträge einseitig gehäuft aufzutreten. In den 24 Kalenderjahren seit 1900, in denen Renditen von mehr als 20 Prozent erzielt wurden, fielen auch in den Folgejahren hohe Erträge an. Beispielsweise folgte auf den Wertzuwachs von 27,5 Prozent im Jahr 1921 ein Zuwachs von 27,7 Prozent im Jahr 1922. Analog dazu kam es nach dem Gewinn von 36,1 Prozent im Jahr 1985 zu einem Wertzuwachs von 38,2 Prozent im Jahr 1986.

Jetzt wird jeder kapieren, was mit den Zahlen aktuell verbunden wird. Weil globale Aktien 2019 mehr als 20 Prozent abgeworfen haben und die Rendite im Jahr 2018 unter dem historischen Durchschnitt lag, war der vollfette Ertrag von 30 Prozent des MSCI World Index also nicht außergewöhnlich. Tatsächlich liegt er nahe am durchschnittlichen Wert, wie er seit 1900 in solchen Konstellationen auftrat. Es ist also nicht auszuschließen, dass auch 2020 ein Jahr mit über dem historischen Durchschnitt liegenden Aktienerträgen wird!

Klingt gut, meine Freunde, oder? Allerdings gibt es ein Element, dass die Auswertung von Performancedaten allein mehr denn je nicht berücksichtigen kann: die Unberechenbarkeit der Politiker. Und die ist jetzt extrem hoch. Nee, es geht dabei nicht nur um das Trump-eltier, sondern auch um die Machthaber in China, im Nahen Osten, in Russland usw. (die Aufzählung könnt Ihr beliebig verlängern). Die Mächtigen unserer verrückten Welt können über Nacht dafür sorgen, dass sich auch die Welt der Börsen verändert – im Zweifel negativ. Durch politische Einflüsse können heutzutage noch so schöne Langfrist-Statistiken (wenigstens vorübergehend) total versaut werden. Die Börsen-Bullen sollten das wissen und langsam kauen.

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