Kutzers Zwischenruf: Wer wird Wachstums-Weltmeister 2021?

Hermann Kutzer · Uhr

Wir befinden uns wieder in einer Wachstumsphase der Weltwirtshaft – diese Feststellung hat angesichts der dritten Corona-Welle auch etwas Zynisches. Für die Anleger stellt sich natürlich die Frage, was sich für das laufende Jahr insgesamt abzeichnet, welche Länder, Themen und Branchen sich wirtschaftlich positiv entwickeln bzw. welche besser als andere. Im Ergebnis sind dies Eckdaten für die Asset Allocation, auch wenn sich in den vergangenen Monaten gezeigt hat, wie sehr es auf die Geschäftszahlen und andere Tendenzen in den einzelnen Unternehmen ankommt. Denn der Blick auf die großen Indizes allein verrät ja nicht das Vorzeichen für die einzelne Aktie selbst. Das Stockpicking – national und an den ausländischen Börsen – wird immer beliebter.

Das Wirtschaftswachstum insgesamt hängt mitentscheidend vom Erfolg der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie ab. Die davon ausgehende Unsicherheit kommt ja nicht überraschendr, denn konkrete Vorhersagen fallen angesichts des ungewissen Corona-Verlaufs wirklich nicht leicht. Die Strategen des Bankhauses M.M. Warburg & Co. haben die Konjunkturaussichten beurteilt und eine vergleichende Übersicht vorgelegt, Titel: „Wer wird Wachstumsweltmeister 2021?“

Das vergangene Jahr war aufgrund der Corona-Pandemie auch aus konjunktureller Sicht eine regelrechte Katastrophe. Zwar liegen noch nicht von allen Ländern Daten über deren Wirtschaftswachstum vor, doch geht der Internationale Währungsfonds davon aus, dass die globale Wertschöpfung um 3,5 Prozent. Die Auswertung der von 46 Ländern vorliegenden Wachstumsraten zeigt, dass es nur drei Länder gab, die selbst 2020 eine positive Entwicklung verzeichnen konnten: Taiwan mit einem realen BIP-Wachstum von 3,1 Prozent, Irland mit einem Zuwachs von 2,5 Prozent und China mit einer Wachstumsrate von 2,4 Prozent. Und jetzt?

Angesichts ihrer Größe kommen ohnehin nur zwei Länder für das „Endspiel“ 2021 in Frage: die USA und China. In den letzten Jahren war das eine ziemlich einseitige Angelegenheit, da die USA trotz ihres größeren Gewichts von etwa 25 Prozent im Vergleich zu China mit rund 15 Prozent in den vergangenen Jahren real nur um 2,3 Prozent pro Jahr gewachsen sind, während die chinesische Wirtschaft p.a. um 7,7 Prozent zulegen konnte. Doch haben die USA in diesem Jahr vielleicht die besseren Karten? Schließlich profitiert die US-Wirtschaft nicht nur von einem schnellen Impf-Fortschritt, sondern auch von einem gigantischen Konjunkturprogramm. So hat die neue Regierung von Joe Biden ein Konjunkturpaket im Gesamtvolumen von 1,9 Billionen Dollar verabschiedet. Dies entspricht gut 9 Prozent des US-BIP des vergangenen Jahres. Hinzu kommen die beiden Fiskalpakete des letzten Jahres: Im März 2020 beschloss die Trump-Administration Konjunkturhilfen von insgesamt 1,7 Billionen Dollar, im Dezember kamen weitere Hilfen in einem Umfang von mehr als 900 Milliarden Dollar hinzu. Alles in allem summieren sich die fiskalpolitischen Maßnahmen der vergangenen 12 Monate also auf 4,5 Billionen Dollar bzw. gut 20 Prozent der US-Wirtschaftsleistung! Kein Wunder also, dass viele Volkswirte ihre Wachstumsprognosen für die US-Wirtschaft zuletzt deutlich nach oben revidiert haben. Wir selbst rechnen nun für 2021 mit einem realen Wirtschaftswachstum von 6,6 Prozent statt wie bislang von 4,5 Prozent (mehr ist möglich), schreibt M.M. Warburg.

Und China? Die chinesische Regierung hat mit ihrer Zielvorgabe eines Wachstums von 6 Prozent in diesem Jahr die Latte sehr tief gehängt. Allein im ersten Quartal rechnen die Experten der Bank aufgrund des Basiseffektes mit einer Wachstumsrate von etwa 16 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Unterstellt man „normale“ Wachstumsraten für die Folgequartale, die auf das Gesamtjahr hochgerechnet bei 6 Prozent liegen, kommt man für das Jahr 2021 insgesamt zu einer Wachstumsrate von knapp 10 Prozent. Dies wäre das stärkste Wirtschaftswachstum seit dem Jahr 2010 und würde China dem Titel als Wachstumsweltmeister einen großen Schritt näherbringen. Aber noch sind die USA nicht aus dem Rennen. Aufgrund ihres größeren Gewichtes würde eine US-Wachstumsrate von etwa 7,5 Prozent ausreichen, einem größeren Wachstumsbetrag für die Weltwirtschaft zu erzeugen als es bei einem 10-%igen Wachstum Chinas der Fall wäre. Es verspricht somit 2021 ein spannendes Finale zu geben.

Diese volkswirtschaftliche Grundlage ist eine Bestätigung meiner früheren Empfehlungen, Aktien (bzw. Aktienfonds) aus China und den USA in einem internationalen Depot besonders zu gewichten. Im Zweifel geht das zulasten europäischer Märkte.

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