BMW: Margenprognose und weitere Erholung im Blick – So bewerten Analysten die Aktie vor den Zahlen

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Der Autobauer BMW kann wie die gesamte Branche derzeit in der Krise verlorenen Boden wettmachen. Hohe Nachfrage trifft auf derzeit begrenzte Produktionskapazitäten, auch wegen des Mangels an wichtigen Teilen wie etwa Halbleitern. Allerdings stehen auf der anderen Seite auch höhere Rohstoffkosten ins Haus – gibt sich BMW-Chef Oliver Zipse also mit den Zahlen zum zweiten Quartal an diesem Dienstag (3. August) einen Ruck und erhöht die Zielmarge für das wichtige Autogeschäft über das Maß hinaus, das ihm die großteils aufgelösten Rückstellungen für die EU-Kartellstrafe bietet? Was im Unternehmen los ist, wie Analysten die Lage sehen und was die Aktie macht.

So ist die Lage des Unternehmens

Zuletzt standen bei den Münchenern noch 6 bis 8 Prozent vom Umsatz als Gewinn vor Zinsen und Steuern im Autogeschäft auf dem Zettel. Da das Unternehmen aber rund eine Milliarde Euro aus der vor zwei Jahren für das EU-Kartellverfahren gebildeten Rückstellung wieder auflösen konnte, fällt die Marge ohnehin um einen Prozentpunkt besser aus – also zwischen 7 und 9 Prozent.

Doch es könnte noch weiter nach oben gehen. Erzrivale Daimler strebt mittlerweile in der Pkw- und Van-Sparte Mercedes-Benz einen Wert von 10 bis 12 Prozent an – und lag im ersten Halbjahr spürbar darüber. Der Volkswagen-Konzern schraubte kürzlich zum zweiten Mal in diesem Jahr seine Renditeerwartung nach oben – vor allem dank des guten Laufs bei Audi und Porsche.

Vor allem in China sind die deutschen Premiummarken wieder stark gefragt. Der Gesamtmarkt vor allem im Massensegment stagniert derzeit auch wegen Problemen bei der Belieferung mit Elektronikchips zwar ein wenig. Das hat die deutschen Oberklassehersteller bisher aber kaum gebremst. Auch BMW nicht: Die Münchener haben in China im zweiten Quartal 11,6 Prozent mehr Autos ausgeliefert, über das gesamte erste Halbjahr wegen des Einbruchs im Frühjahr 2020 sogar fast 42 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Und auch weltweit steht BMW bei den verkauften Autos wieder gut da, übernahmen die Bayern doch mit ihrer Stammmarke in den ersten sechs Monaten die Führung der Premiummarken von Mercedes-Benz. 1,18 Millionen verkaufte BMW stehen 1,16 Millionen Mercedes-Pkw gegenüber. In den vergangenen Jahren hatten im Gesamtjahr jeweils die Stuttgarter die Nase vorn gehabt.

Während Daimler-Chef Ola Källenius beim Absatzvolumen zum Zwecke der Margenpflege etwas auf die Bremse tritt, hat Zipse bei BMW auf die längere Frist eher deutliche Zuwächse im Visier. Noch vor Ende des Jahrzehnts soll der Jahresabsatz drei Millionen Autos erreichen.

Der BMW-Chef ist auch bei seiner Elektrostrategie nach wie vor vorsichtiger als die anderen deutschen Premiumautobauer Mercedes und Audi. Schärften diese zuletzt deutlich nach, warnte Zipse kürzlich vor einem Schrumpfungskurs bei zu frühem Abschied vom Verbrennermotor. Wenn ein Hersteller 2030 keinen Verbrenner mehr im Angebot habe, gehe ihm das halbe Marktvolumen verloren. BMW rechnet 2030 mit einem Anteil der Batterieautos von 50 Prozent. Mercedes will sich nach eigenen Angaben darauf vorbereiten, dann womöglich in vielen Märkten schon ganz aus dem Verbrenner auszusteigen. Audi will Mitte dieses Jahrzehnts den letzten neuen Verbrenner auf den Markt bringen, außer in China. Bei Modelllaufzeiten von rund sieben Jahren wäre damit das Ende für 2033 vorbezeichnet.

Gegenwind bekommt auch BMW derzeit von höheren Rohmaterialpreisen, was laut Finanzchef Peter dieses Jahr mit einem Betrag zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro belasten könnte. Peter sprach von einer volatilen Entwicklung, die im zweiten Halbjahr zu erwarten sei. Wechselkurse könnten dem Konzern aber diesmal etwas entgegenkommen. Die Anleger wird interessieren, wie das Management die Gesamtlage sieht und ob sich Zipse eine höhere Prognose zutraut.

So sehen die Analysten die Aktie

Goldman-Sachs-Analyst George Galliers jedenfalls sieht nicht nur Spielraum für das Übertreffen der Markterwartungen im zweiten Quartal, sondern auch für eine erhöhte Margenprognose. Während BMW bei implizit 7 bis 9 Prozent stehe, geht ihm zufolge der Markt bereits von annähernd 10 Prozent aus. Und seine eigene Schätzung liegt sogar leicht im zweistelligen Bereich.

Sowohl die Entwicklung von Verkaufspreisen, der Trend zu teureren Autos und der Absatzzuwachs sollten auch BMW prozentual zweistellige Renditen im abgelaufenen Jahresviertel ermöglicht haben, schrieb der Experte. Ohne die aufgelösten Rückstellungen kommt er seiner Rechnung nach auf 10,8 Prozent operative Marge in der Autosparte.

Von der Nachrichtenagentur Bloomberg bis Montag befragte Analysten rechnen bei BMW mit einem Umsatzplus im zweiten Quartal von fast 39 Prozent auf 27,7 Milliarden Euro. Vor Zinsen und Steuern soll nach dem Verlust von 666 Millionen Euro vor einem Jahr nun ein Gewinn von 4,3 Milliarden Euro stehen, wenn es nach Goldman-Experte Galliers geht. Darin ist die eine Milliarde Euro aus den aufgelösten Rückstellungen bereits enthalten.

Die von dpa-AFX erfassten 16 Experten, die sich nach den Zahlen zum ersten Quartal geäußert haben, sind bei der Aktie überwiegend neutral gestimmt. Neun sind für das Halten der Papiere, fünf raten zum Kauf und zwei zum Verkaufen. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 101 Euro.

So läuft die Aktie

Die im Dax notierte BMW-Stammaktie hat wie auch andere Werte aus der Branche seit November deutlich angezogen – von weniger als 60 Euro auf inzwischen komfortabel über 80 Euro. Anfang Juni war sie zwischenzeitlich sogar mehr als 96 Euro wert und nahm damit Kurs auf das letzte Mehrjahreshoch von Anfang 2018. Vom Rekordhoch von 123,75 Euro aus dem März 2015 ist das Papier aber noch weit entfernt.

In den vergangenen zwölf Monaten hat BMW mit dem Plus von gut der Hälfte schwächer abgeschnitten als der europäische Branchenindex Stoxx 600 Auto & Parts mit einem Anstieg von gut 70 Prozent. Erzrivale Daimler hat in dieser Zeit den Börsenwert mehr als verdoppelt – unter anderem dank der Ankündigung, das Geschäft mit Lkw und Bussen vom Pkw- und Van-Geschäft gänzlich zu trennen. Aber den Stuttgartern kommen auch Kosteneinsparungen zugute.

An der Börse ist BMW momentan knapp 57 Milliarden Euro schwer. Rund 47 Prozent der Anteile gehören den Erben der Familie Quandt, Susanne Klatten und Stefan Quandt. Daimler kommt auf 83 Milliarden, der Volkswagen-Konzern auf 127 Milliarden Euro. Vom US-Elektroautopionier Tesla werden sie aber allesamt in die Tasche gesteckt: Das Unternehmen von Chef Elon Musk wird mit umgerechnet 575 Milliarden Euro bewertet – mehr als doppelt so viel wie die deutschen Konzerne zusammen.

onvista/dpa-AFX

Titelfoto: Serjio74 / Shutterstock.com

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