Kutzers Zwischenruf: Gold oder Aktien? Gold und Aktien!

Hermann Kutzer · Uhr

Im Spannungsfeld zwischen Corona-Pandemie und Geldpolitik der Zentralbanken ist die steigende Inflation ins Blickfeld gerückt. Das wird sich so schnell auch nicht ändern. Sollten die Anleger deshalb ihre Strategie ändern? Investment-Profis haben dazu keine einheitliche Meinung. Das traditionelle Krisenmetall Gold hat als Alternative seit 2020 an Glanz verloren. Deshalb raten manche Finanzberater inzwischen vom Edelmetall an und empfehlen ausschließlich Aktien. Da das Edelmetall als sichere Anlageform in Krisenzeiten und als Inflationsschutz gilt, wollen offenbar viele Investoren ihr Portfolio damit absichern. Doch Anleger sollten diese Thesen nach Ansicht kritischer Profis besser kritisch hinterfragen.

Hat sich Gold zum Beispiel in Phasen anziehender Inflation tatsächlich nach oben entwickelt? Dem ist entgegenzuhalten, dass der Preis des Edelmetalls stark von Zins- und Währungsentwicklungen (vor allem im US-Dollar-Raum) mitbestimmt wird. Außerdem spielen Kaufkraft und Sparverhalten der Bevölkerung eine größere Rolle als der Verbraucherpreisindex. Und bei kritischen Kursvergleichen zwischen Gold und Aktien sollte also die reale, nicht die nominale Kaufkraft fokussiert werden (s. gestrige Kolumne des onvista-Börsenfuchs).

Der Goldpreis hat sich behauptet, schreiben andere Analysten, und zwar trotz der erwarteten geldpolitischen Straffung der Fed, höherer Bonds-Renditen, der Stärke des US-Dollars, der Konkurrenz durch andere Anlageklassen und der anhaltenden Nettoverkäufe durch börsengehandelte Goldfonds. Dies deutet darauf hin, dass Gold von einem Kern von Anlegern gestützt wird, welche die Notwendigkeit von Anlagen sehen, die ihr Vermögen vor unerwünschten Risiken schützen können. Die Rolle von Gold als Risikoschutz könnte wieder wichtiger werden. Ein Argument: Die letzten drei US-Regierungen haben keinen Widerstand gegen extreme Defizitausgaben geleistet.

Interessant ist auch der Ansatz Londoner Asset Manager: Die „Shrinkflation“ („Schrumpfflation“) ist zurück. Wenn Hersteller höhere Inputpreise durch reduzierte Produktmengen zum gleichen Preis an die Verbraucher weitergeben, könnte Gold als echtes Geld und Absicherung gegen den Kaufkraftverlust zu neuer Größe auflaufen. Die Shrinkflation ist kein neues Phänomen. Doch greift es momentan stark um sich und dürfte so schnell nicht wieder verschwinden.

Wenn Gold als Inflationsschutz bezeichnet wird, so dient es eigentlich zur Absicherung gegen einen Verlust an Kaufkraft – ein für die breite Öffentlichkeit sehr viel verständlicheres Konzept. Gold kann helfen, ein Portfolio vor den Auswirkungen der Inflation zu schützen. Angesichts der strukturellen Probleme der Geldpolitik und der anhaltenden und sich weiter verschärfenden Lieferkettenprobleme teile ich die Londoner These, das aktuelle Umfeld sei ideal für eine Anlage in Gold. Eine Allokation in Gold oder einen Gold- und Silberfonds kann helfen, diese zunehmenden Risiken auszugleichen.

Gold ist das bessere Geld. Das weiß keiner besser als die Regierungen und Notenbanken. Deshalb horten die (rund um die Welt) seit eh und je enorme Goldbestände. Zur Sicherheit. Und nur wer solche Sicherheit sucht, wird Edelmetall als Konkurrent zu anderen Anlageklassen betrachten. Natürlich gibt es darüber hinaus auch andere (zum Teil emotionale) Argumente, die für güldenes Metall sprechen. Wenn andererseits Enttäuschung über die kurz- bis mittelfristige Preisentwicklung geäußert wird, dann berücksichtigt diese nicht eine grundsätzliche Veränderung: Auch Gold ist im Lauf der vergangenen Jahre zunehmend zu einer Anlageklasse geworden, die stark von kurzfristiger Spekulation bewegt wird.

Für mich ist Gold ein langfristiger Wertspeicher – nichts anderes. Deshalb steht Gold nicht im Wettbewerb zu Aktien, sondern hat eine parallele Aufgabe, denn: Sicherheit + Perfomance = Gold + Aktien.

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