onvista-Börsenfuchs: Pro und contra Aktienanlage 2022

onvista · Uhr

Hallo Leute! Sind die Bullen zu bullisch (= gierig) geworden und die Bären zu bärisch (= ängstlich)? Ansichtssache. Mit dem näher rückenden Jahreswechsel werden die Analysen und Prognosen deutlicher. Und sie differenzieren stärker, wenn’s um die wichtigen Börseneinflüsse geht. Ob Geldpolitik oder Konjunkturverlauf – die Propheten beschreiben inzwischen durchaus unterschiedliche Entwicklungen. Aktien bleiben zwar im Mittelpunkt – nicht zuletzt wegen „TINA“ (There Is No Alternative). Anlagestrategen sehen sie aber nicht uneingeschränkt optimistisch. Heute dazu zwei Beispiele für kritische Sichtweisen pro und contra.

„Vom Überfluss zum Mangel“ lautet der Titel des aktuellen Sentix-Jahresausblicks 2022. Viele Dinge, die über die Jahre im Überfluss vorhanden waren, wurden 2021 zur Mangelware. Lieferkettenprobleme und Inflationsgefahren sind plötzlich ein Thema und werden auch im kommenden Jahr die Marktteilnehmer und Notenbanken unter Druck setzen. Dieses ökonomische Umfeld trifft auf ein riskantes Anlegerverhalten. Im Zuge hoher Bewertungen am Ami-Aktienmarkt ein gewagtes Spiel. Sentix, die unabhängige Analysegesellschaft (bekannt vor allem durch die laufende Untersuchung des Anlegerverhaltens), bobachtet in ihren Anlegerbefragungen einen „Hauch von Gier“. Bei der Frage, welche Renditeerwartung die Anleger an das kommende Jahr stellen, trat folgendes Ergebnis zu Tage: Private sind mit durchschnittlich 8% Rendite zufrieden, Institutionelle mit 5,2%. Dies sind jeweils die höchsten Werte der letzten sieben Jahre! Bei einem angenommenen Zinsertrag von 0% und einem langfristigen Aktienertrag von 8% ergibt sich rechnerisch ein durchschnittliches Aktiengewicht von 100% bei den Privaten und 65% Aktien bei den Institutionellen, um die genannte Zielrendite zu erreichen. Dann muss aber alles gut gehen!

Sentix erwartet für das erste Halbjahr eine nochmalige Belebung der Weltwirtschaft, die von fiskalischen Impulsen befeuert wird. Die Erholung wird über Asien und den USA angeführt. Trotz „Konjunktur-Booster“ bleibt Europa im Hintertreffen. Es mangelt an Vertrauen, das durch die Politik zerstört wurde. Auch die Lieferkettenprobleme werden nur schleppend gelöst. Im Verlauf des Jahres 2022 dürften zudem Bremseffekte von restriktiveren Notenbanken wahrscheinlicher werden. Pleiten, anhaltende Inflation und gesellschaftliche Verwerfungen bereiten der Wirtschaft erhebliche Probleme. Die Angst vor Stagflation dürfte im zweiten Halbjahr die Runde machen. Das Thema Inflation wird ein zentrales Thema 2022 bleiben. Die Sichtweisen gehen jedoch weit auseinander. Die Privaten erwarten einem weiteren Anstieg der Inflation, die Profis rechnen mit einer Entspannung bei den Konsumentenpreisen. Das Auseinanderlaufen der Prognoserichtungen zeigt definitiv ein Überraschungspotential für 2022 auf, denn ein Anlegerlager wird sich im Jahresverlauf drehen müssen. Sentix rechnet für die ersten drei Monate des Jahres mit einer Zuspitzung der Inflationssorgen und im zweiten Halbjahr dann mit Entspannungspotential an der Preisfront.

Wer sind die Favoriten? Dazu eine klare Ange von Swisscanto Invest: Europäische Aktien sind seit dem Covid-Schock 2020 deutlich hinter dem Ami-Markt zurückgeblieben. Es ist eine ausgeprägte Unterbewertung entstanden. Die sollte sich durch die weiterhin expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und solides Wirtschaftswachstum reduzieren. Milliardenschwere europäische Investitionsprogramme wie der EU Green Deal bieten Chancen für Aktieninvestoren. Ein Renditevergleich zwischen der Wall Street und europäischen Dividendenpapieren spricht eine klare Sprache: Über die vergangenen zehn Jahre erzielten amerikanische Aktien (MSCI USA Index) einen Gesamtertrag von 379 Prozent gegenüber 126 Prozent für die europäischen Aktienmärkte (MSCI Europe Index). Dafür gibt es in erster Linie folgende Gründe: stärkeres US-Gewinnwachstum, mehr Aktienrückkäufe in den USA und ein höherer Anteil an wachstumsstarken Technologieunternehmen.

Die aktuelle Corona-Welle dürfte spätestens zu Beginn des neuen Jahres wieder abflachen, glauben die Fondsmanager. Derart strenge wirtschaftliche Einschränkungen wie zu Beginn der Pandemie erwarten sie nicht mehr. Zudem stehen zusätzlich zur Impfung immer mehr schlagkräftige Medikamente zur Verhinderung von schweren Krankheitsverläufen zur Verfügung. Aktuelle, wie von der neuen Omikron-Mutation verursachte Kursrückgänge bieten grundsätzlich ausgezeichnete Kaufgelegenheiten. So klingen Optimisten.

Das könnte dich auch interessieren

Neueste exklusive Artikel