Drei Fragen an Bernecker: Wie bewerten Sie Elon Musks Einstieg in Twitter, jetzt bei Lilium einsteigen und befinden wir uns in einer Bärenmarktrally?

onvista · Uhr

In unserer heutigen Ausgabe fragen wir nach einer Einschätzung zum Einstieg von Elon Musk in Twitter, wie die Lage beim Flugtaxi-Startup Lilium ist und ob wir uns in einer Bärenmarktrally befinden.

onvista-Redaktion: Elon Musk ist mit 9,2 Prozent Anteil an Twitter an Bord des Kurznachrichtendienstes gegangen. Die Aktie hat daraufhin ein Viertel an Wert gewonnen. Gelten an den Börsen die normalen Regeln gar nicht mehr, ist alles nur noch von Emotionen getrieben?

Der Einstieg von Elon Musk mit rd. 9,2 % der Anteile bedeutet eine Mitgestaltung dieses charismatischen Unternehmers im Einverständnis mit dem Gründer, die sich beide seit längerem kennen. Die Frage lautet: Was lässt sich aus dem Kurznachrichtendienst mit etwa 270 Mio. User (Schätzung) machen, a) in der Sache – nämlich Ausweitung des aktiven Geschäftes und b) in der Höherbewertung dieser Perspektiven in den kommenden 3 bis 4 Jahren? Die Ausgangslage sind rd. 36 Mrd. $ Marktwert, dies im Vergleich zu Facebook, gemessen an den Usern, gut 80 % zu billig. In dieser ungeheuren Spanne liegen die Möglichkeiten einer Neuaufstellung für Twitter. Ob es gelingt, lasse ich offen, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß. Dafür steht Musk.

onvista-Redaktion: Das Münchner Flugtaxi Startup Lilium musste seit Börsenstart Ende letzten Jahres deutlich Federn lassen. Nun verzögert sich die Markteinführung der Flugtaxis um ein Jahr. Sollte man gerade jetzt einsteigen, wo die Aktie am Boden liegt?

Der Börsenstart des Flugtaxi-Startups Lilium muss verschoben werden. Das kann man bedauern oder auch nicht, denn: Die technische Idee wird allseitig positiv beurteilt. Die geschäftliche Machbarkeit wird unterschiedlich gesehen, weil alle Perspektiven auf das Jahr 2024/2025 abgestellt sind und bis dahin keine brauchbaren Fakten und Zahlen vorliegen. Also: Zum Börsenstart gehören brauchbare Schätzgrößen, die zu einer Bewertung dieser Technologie führen. Warten wir ab.

onvista-Redaktion: Ein führender Analyst von Morgan Stanley hat die derzeitige Marktlage als Bärenmarktrally klassifiziert und sieht daher weiteres Korrekturpotenzial. Teilen Sie diese Ansicht?

Eine Bärenmarktrally wird zurzeit herumgereicht. Was benötigt eine solche Voraussage? Eine Sichtweite von mindestens 40 Jahre zurück, um überhaupt vergleichbare Situationen zu diskutieren. Dazu sind zurzeit wenige in der Lage, weil sie es noch nicht erlebt haben. Andernfalls müssten sie mindestens 65/70 Jahre sein. Ereignisse wie die gegenwärtige Konstellation zwischen Geldmengenentwicklung in den letzten 12 Jahren und der sich aufbauenden Inflation seit etwa 2 ½ Jahren bei gleichzeitig hoher Beschäftigung in der realen Wirtschaft, aber einer so lockeren Zinspolitik der Notenbanken, hat es in dieser komplexen Form noch nie gegeben.

In diesem Beziehungsdreieck zwischen Inflation, Zins und Geldmenge liegt nun die Einschätzung der voraussichtlichen Entwicklung, die allein von den Notenbanken gesteuert werden kann. Vorbild dafür ist die Deutsche Bundesbank, die dies in den Jahren der letzten Inflationsperiode von 1973 bis ca. 1983 vorbildlich gestaltet hatte. Der letzte dieser gewichtigen ökonomischen Fachleute ist Otmar Issing, der in den letzten Wochen und Monaten diese Problematik vielfach dargestellt und kommentiert hat, insbesondere in der FAZ. Den geschätzten Analysten von Morgan Stanley empfehle ich, diese Artikel/Beiträge auf der Webseite der FAZ nachzulesen.

Vielen Dank für Ihre Antworten!

Foto: Bernecker

www.bernecker.info

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