OTS: Börsen-Zeitung / Umsteuern tut not, Kommentar zur DWS von Wolf Brandes

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    Umsteuern tut not, Kommentar zur DWS von Wolf Brandes
Frankfurt (ots) - Es ist erstaunlich, wo bei der DWS überall Nachhaltigkeit
draufsteht. Der 66 Jahre alte Fondsklassiker DWS Investa, der in Blue Chips
anlegt, heißt seit vier Jahren DWS ESG Investa. ESG steht für eine Beachtung von
Umwelt-, sozialen und Governance-Kriterien. Die Zahl der Anlageprodukte bei der
Tochter der Deutschen Bank ist mittlerweile stark angewachsen, tippt man auf der
Homepage ESG ein, bekommt man 61 Treffer. Immer mehr Manager, nicht nur bei der
DWS, nutzen ESG-Kriterien zur Auswahl ihrer Investments.

ESG und Nachhaltigkeit sind für die Branche auch ein Marketinginstrument
geworden - und nicht nur eine Frage von EU-Regulierung, Stichwort Taxonomie und
Umweltschutz. Den "ESG-Vorteil" haben mittlerweile fast alle Assetmanager
erkannt und trommeln für ihre grünen Produkte. Die Frage ist jedoch, inwieweit
Anspruch und Wirklichkeit zusammenpassen und wann das hässliche Wort
"Greenwashing" ins Spiel kommt.

Diesen Verdacht hat nun die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt gegen die DWS
geäußert, indem sie von Kapitalanlagebetrug spricht und damit von vorsätzlich
falschen Angaben beispielsweise in den Prospekten. Ob also da, wo
"ESG-integriert" draufsteht, auch nachhaltig ausgewählte Papiere drin sind, die
DWS diesem Anspruch auch gerecht wird. Dieser Vorwurf von Etikettenschwindel
steht bei der DWS schon seit August 2021 im Raum, auch die US-Börsenaufsicht
befasste sich schon damit.

Zu Recht kann man einwenden, dass Nachhaltigkeit oftmals nicht objektiv zu
messen ist. "Grün" ist eine weiche Beschreibung und damit nicht zwingend
justiziabel. Doch die DWS muss sich vorwerfen lassen, die ESG-Affäre zu lange
heruntergespielt zu haben. Jetzt ist mit dem Abgang von DWS-Chef Asoka Wöhrmann
eine deutliche Konsequenz gezogen worden.

Die DWS muss umsteuern, zumindest in Sachen Transparenz. Der Verzicht auf
bestimmte ESG-Labels, den sich die Fondsgesellschaft verordnete, hat nicht
gereicht. Dass Wöhrmann als Steuermann über Bord geht, zeigt, wie ernst man die
Vorwürfe nimmt. Keine Frage, der Chef muss die Verantwortung tragen. Ob es in
der Sache den Richtigen trifft, sei dahingestellt. Wöhrmann ist ein Mann der
Märkte, nicht des Marketings. Er hat seit 25 Jahren für DWS und Deutsche Bank
gute Arbeit geleistet und zuletzt die Fondsgesellschaft wirtschaftlich auf
Vordermann gebracht. Doch möglicherweise hat er in dieser Sache manches falsch
eingeschätzt und im Einzelfall­ nicht genau hinge­sehen.

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