Ryanair: Dieser Faktor zeichnet den Billigflieger aus

Heiko Böhmer · Uhr (aktualisiert: Uhr)
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Der Sommer hat eins klar gezeigt: Der massive Stillstand bei den Fluglinien ist vorbei. Volle Flughäfen und volle Strände sind klare Anzeichen für die Rückkehr des Tourismus in Europa. Doch klar ist auch: Nicht jede Fluglinie ist bei den Herausforderungen der gestiegenen Energiekosten gut aufgestellt. Ryanair dagegen ist gut aufgestellt. Die größte europäische Billigfluglinie weitet derzeit sogar die Flotte mit vielen neuen Maschinen aus. Damit könnte sich Ryanair sogar auf längere Sicht als Kostenführer in dieser schwierigen Branche etablieren.

Mit täglich über 2.100 Flügen zu 241 Flughäfen ist Ryanair klar die Nummer eins bei den Billigfliegern in Europa. Die Flotte umfasst 342 Boeing-Maschinen des Typs 737. Zusammen mit ihren Töchtern Buzz, Malta Air, Lauda Europe und Ryanair UK kommt die Billigfluglinie auf eine Flotte von mehr als 480 Mittelstreckenjets.

Ryanair ist schon eine eigene Erfahrung. Die Fluglinie ist auf Effizienz getrimmt. Stichwort Standzeiten:  Ryanair kann bei jedem Start und jeder Landung punkten. Möglicherweise kennen Sie das ja von Ihren Flügen mit Ryanair: Gerade hat der letzte Fluggast die Maschine verlassen, da startet auch schon wieder das Boarding für den neuen Flug, die Passagiere, haben schon fast auf dem Flugfeld gewartet. Hier wird keine Zeit verschenkt, denn die ist bei den Standzeiten buchstäblich Geld. Wenn jede Standzeit um 5 Minuten kürzer ausfällt als bei der Konkurrenz, dann können hier sehr schnell weitere Flugbewegungen hinzukommen.

Nun sind die Zeiten schwierig für die gesamte Branche. Erst sorgten die Lockdown-Maßnahmen in der Corona-Pandemie für massenhafte Flugausfälle über mehrere Monate. Dann mussten die Fluglinien die hohen Ölpreise verkraften, die der Ukraine-Krieg ausgelöst hatte. Das passierte gerade in einer Phase, in der es erste Entspannungstendenzen bei den Buchungszahlen gab.

Ryanair hat viele Kostenvorteile

Das spiegelte sich bei Ryanair in einem Nettoverlust von 241 Millionen Euro wider im Geschäftsjahr 2022. Gerade im vergangenen Winter war der Flugverkehr noch einmal stark durch neue Covid-Varianten und Reiseeinschränkungen belastet worden. Ryanair-Chef Michael O`Leary hatte hier einen deutlich geringeren Verlust erwartet.

Ryanair ist dennoch der Kostenführer in diesem schwierigen Markt. Mit der aktuellen Positionierung stehen die Chancen zudem gut, dass der charismatische Vorstandschef O`Leary diese Position noch einige Zeit verteidigen kann. Ganz aktuell spielt Ryanair die massive Absicherung der Ölpreise in die Karten. So hat die Fluglinie den Kerosinbedarf zu 80 Prozent auf einem Niveau von weniger als 70 Dollar abgesichert und das sogar bis 2023.

Sollte der Ölpreis also längere Zeit über der Marke von 100 Dollar notieren, kann Ryanair hier deutliche Kostenvorteile gegenüber der Konkurrenz ausspielen. Während andere Fluggesellschaften mit Treibstoffzuschlägen nur die höheren Kosten decken werden, könnte Ryanair so bei höheren Ticketpreisen auch wirklich höhere Umsätze erzielen, die sich dann wiederum auch positiv auf die Ertragskraft auswirken werden.

Moderne Flugzeugflotte sorgt für einen niedrigeren Treibstoffverbrauch

Ganz wichtig für Ryanair war zuletzt die Lösung des langfristigen Lieferproblems mit den Boeing 737 MAX. Die technischen Probleme und die daraus resultierende verspätete Auslieferung sorgten so für einen Engpass bei Ryanair. Es ist eben nicht so einfach eine neue Flotte von annähernd 200 Maschinen mal eben von einem anderen Anbieter zu beziehen. Dieses Segment wird von den globalen Riesen Boeing und Airbus dominiert. Und bei Airbus sind die Auftragsbücher bis Ende 2024 schon jetzt voll – also bestand keine Chance auf diesem Weg an neue Maschinen zu kommen.

Ryanair blieb also nichts anderes übrig, als auf die neuen Maschinen von Boeing zu warten. Das wird zukünftig umfangreiche Effizienzsteigerungen bringen, denn die 737 MAX ist ein auf Sparsamkeit getrimmtes Flugzeug. So liegt der CO2-Ausstoß nach Angaben des Herstellers um 13 Prozent niedriger als bei vergleichbaren Mittelstreckenmaschinen.

Nachhaltigkeit ist naturgemäß ein schwieriges Thema bei den Fluglinien – doch selbst hier kann Ryanair punkten. So kommt die Effizienz des Unternehmens bei der engeren Bestuhlung in den Maschinen wieder zum Tragen. Denn dadurch befördert Ryanair bei vergleichbarer Größe schlicht und einfach mehr Passagiere. Zudem ist der Treibstoffverbrauch pro Passagier um rund 8 Prozent niedriger als bei vergleichbaren neuen Modellen von Airbus. Bezogen auf die gesamte Flotte wird der Treibstoffverbrauch weiter sinken, weil die Ryanair-Flotte im Branchenvergleich neu ist und einen niedrigeren Treibstoffverbrauch aufweist.

Stabile Renditeerwartungen bei Ryanair

In unserem Aktienkosmos rangiert Ryanair bezogen auf die mittel- bis langfristigen Perspektiven auf einem der vorderen Plätze. Als Basis dient der Total Shareholder Return, kurz TSR. Das ist unsere Renditeerwartung an die Unternehmen auf Sicht der kommenden fünf Jahre. In diese Renditeerwartung fließen die Gewinnschätzungen genauso ein wie mögliche Aktienrückkaufprogramme oder Dividendenzahlungen. Hier kommt Ryanair aktuell auf einen TSR-Wert von 22,6. Nur zur Einordnung: In unserem Frankfurter UCITS ETF Modern Value liegt der durchschnittliche TSR-Wert der 25 enthaltenen Unternehmen bei 15,7. In diesem ETF ist Ryanair auch vertreten und bietet mit dem hohen TSR gute Chancen für die kommenden Jahre.

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