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dpa-AFX · Uhr
    Vollbremsung, Kommentar zum Batteriehersteller Varta von Helmut Kipp
Frankfurt (ots) - Es ist erst wenige Jahre her, da hatte Varta ganz andere
Probleme als heute. Damals waren die kleinen Lithium-Ionen-Zellen für kabellose
Ohrhörer und Headsets so gefragt, dass der Batteriehersteller sich mächtig
strecken musste. Immer wieder wurden neue Investitionen in Fertigungskapazitäten
angekündigt, um die boomende Nachfrage bedienen zu können.

Seither hat sich die Marktlage radikal verändert. Chinesische Konkurrenten sind
auf dem Vormarsch und machen den Deutschen Marktanteile streitig. Varta hat ihre
Dominanz bei den aufladbaren Mini-Hochleistungszellen verloren und infolge des
zunehmenden Wettbewerbs Preissetzungsmacht eingebüßt. Zumal auf der
Abnehmerseite große Elektronikkonzerne wie Apple und Samsung sitzen, die wissen,
wie man Einkaufspreise niedrig hält. Zudem gehört der Nachfrageboom der
Vergangenheit an. Die Verbraucherstimmung ist schlecht, und hohe Inflationsraten
nagen an der Kaufkraft der Konsumenten, so dass die Nachfrage zurückgeht. Nun
sieht sich das Management sogar gezwungen, Stellen zu streichen und am
Produktionsstandort Nördlingen Kurzarbeit zu verhängen. Die Jahresprognose für
Umsatz und operativen Gewinn fällt noch bescheidener aus, und für 2023 zeichnet
sich nur eine mühsame Erholung ab.

Einschneidende Konsequenzen haben Verkaufsflaute und Preisdruck für die Finanz-
und Liquiditätsplanung. Denn der ohnehin negative freie Cashflow wird zusätzlich
belastet. Die Eigenkapitalquote ist binnen eines Jahres um mehr als 10
Prozentpunkte auf zuletzt 31 Prozent gesunken. Da liegt es nahe, dass Varta bei
den Investitionen auf die Bremse tritt. In einer Phase hoher Unsicherheit und
geringer Visibilität wäre es fahrlässig, hier in die Vollen zu gehen.
Schließlich weiß niemand, wie sich Energiekosten und Rohstoffpreise entwickeln
und wie die Lieferketten künftig funktionieren werden.

Bedenklich stimmt vor allem, dass Varta den Fabrikneubau für die Produktion von
E-Auto-Batterien stoppt. Offenbar ist die Resonanz unter den Autoherstellern und
anderen potenziellen Kunden so gering, dass dieser Schritt unausweichlich ist.
Weitergehen soll es erst, wenn verbindliche Kundenzusagen vorliegen. Bisher
beliefert Varta nur einen Premium-Autobauer - es soll sich um Porsche handeln.
Weitere Abnahmeverträge mit Autoherstellern gibt es nicht. Dabei sind die
E-Auto-Akkus eigentlich das Zukunftsversprechen des Batterieherstellers, auf dem
große Hoffnungen ruhen. Das Geschäft wird dafür eigens in einer separaten
Gesellschaft gebündelt. Doch nun steht die Tragfähigkeit des ganzen Projekts in
Frage.

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