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dpa-AFX · Uhr
    Bestandsprovisionen im Wertpapiergeschäft: Droht das Ende und was sind
die Auswirkungen?
Köln/Wien (ots) - Die deutsche Politik und Finanzwirtschaft zeigen sich wegen
eines möglichen Verbots von Bestandsprovisionen im Wertpapiergeschäft besorgt.
Max Biesenbach und Sonia King von der globalen Unternehmensberatung Simon-Kucher
& Partners geben Entwarnung:

Das endgültige Verbot von Bestandsprovisionen im Wertpapiergeschäft könnte bald
Realität werden (https://www.reuters.com/business/finance/eu-financial-services-
chief-favours-banning-sales-inducements-investment-2023-01-06/) , wenn man die
letzten Äußerungen der Europäischen Kommissarin für Finanzdienstleistungen,
Finanzstabilität und Kapitalmarktunion, Mairead McGuinness, betrachtet.
Vertreter der deutschen Politik und Finanzwirtschaft befürchten, dass ein
Provisionsverbot von Fondsgesellschaften an Banken automatisch mit einer teuren
Honorarberatung einhergeht und Wertpapierberatung damit für Kleinanleger
unerschwinglich wird. Es ist aber anzunehmen, dass das Verbot von
Bestandsprovisionen nicht zu einer Unterversorgung von Kleinanlegern führt.

Richtig ist, dass Honorarberatung, also ein festes Honorar pro Beratungsstunde,
in der breiten Masse nicht funktioniert. Einzelne Honorarberater verlangen für
eine Erstberatung bis zu 500 Euro. Das ist einerseits für die meisten
Kleinanleger prohibitiv teuer, insbesondere für eine Dienstleistung, deren Wert
man vorab nicht einschätzen kann. Und andererseits hat die Vergangenheit
gezeigt, dass Honorarberatung auch bei den wohlhabenderen Kunden auf wenig
Akzeptanz trifft. Ein Großteil der Banken in Europa, die eine erfolgreiche
Transformation zu einem bestandsprovisionsfreien Geschäftsmodell gemeistert
haben, monetarisiert Beratung aber über eine laufende
(monatliche/quartalsweise/jährliche) Gebühr, die der Kunde direkt an die Bank
bezahlt und deren Höhe als Prozentsatz vom angelegten Vermögen bemessen wird.
Dadurch bezahlen Kleinanleger automatisch weniger als wohlhabende Kunden, es
entstehen keine hohen Einmalkosten und der Preis wird somit in der breiten Masse
deutlich besser akzeptiert.

Richtig ist auch, dass das Provisionsverbot in Großbritannien zu einem hohen
Margenverlust und einer massiven Beratungslücke im Kleinanlegersegment geführt
hat. Das liegt aber vor allem daran, dass sich viele Banken in Großbritannien
nicht proaktiv auf ein Provisionsverbot vorbereitet hatten und damit kein
profitables Geschäftsmodell für Kleinanleger aufbauen konnten. Somit wollten
viele Banken gar keine Kleinanleger mehr betreuen. Und diejenigen Banken, die
weiterhin Anlageberatungsdienstleistungen im Retailbanking anboten, taten dies
im Rahmen der Honorarberatung, bei der eine Beratungsstunde mit durchschnittlich
150 GBP vergütet wird, ein Preis, der für Kleinanleger in der Regel unattraktiv
ist. Kein Wunder also, dass die UK regelmäßig als "Worst Practice" bei der
Transformation zum bestandsprovisionsfreien Geschäftsmodell angeführt wird.
Positivbeispiele sind hingegen die Schweiz oder Liechtenstein. Dort bereiten
sich Banken schon seit Jahren proaktiv auf ein Provisionsverbot vor. Die
Mehrheit der Schweizer und Liechtensteiner Banken hat es dadurch geschafft,
völlig unabhängig von Bestandsprovisionen zu werden, während die Margen
weitgehend stabil geblieben sind. Auch in den Niederlanden sind
Bestandsprovisionen in der Anlageberatung bereits seit 2014 verboten. Und auch
hier konnten Banken trotz anfänglicher Schwierigkeiten wegfallende Provisionen
größtenteils mit direkten Gebühren kompensieren. Zu guter Letzt gibt es auch in
Deutschland und Österreich Banken, die seit Jahren ihr Geschäftsmodell
sukzessive anpassen, um einen Wegfall der Provisionen zu antizipieren, auch
weitgehend ohne Margen oder Kundenverlust.

Ein mögliches Provisionsverbot in der Anlageberatung ist bereits seit der
Verabschiedung von MiFID II im Jahr 2014 bzw. der Umsetzung im Jahr 2018 zu
einem wahrscheinlichen Szenario geworden. Daher ist es wenig überraschend, dass
es jetzt konkreter wird, auch wenn dies für Banken unbequem ist.

Ein Provisionsverbot muss also keineswegs zwingend zu einem Margenverlust oder
einer Beratungslücke führen. Wichtig ist, proaktiv zu identifizieren, welche
Kundensegmente welche Zahlungsbereitschaft für welche Art der Beratung haben,
ein entsprechendes differenziertes Angebot und Pricing aufzubauen und sukzessive
den Kundenstamm zu migrieren. Eine einfache Aufgabe ist das nicht, aber der
Blick in andere Märkte zeigt, dass es durchaus machbar ist.

Über Simon-Kucher

Simon-Kucher ist eine globale Unternehmensberatung mit über 2.000 Mitarbeitenden
in 30 Ländern weltweit. Unser Fokus: "Unlocking Better Growth". Wir helfen
unseren Kunden, "besser" zu wachsen, indem wir jeden Aspekt ihrer
Unternehmensstrategie optimieren, von Produkten und Preisen bis hin zu
Innovation, Digitalisierung, Marketing und Vertrieb.

Mit 37 Jahren Erfahrung in Monetarisierung und Pricing gelten wir als weltweit
führend in den Bereichen Preisberatung und Unternehmenswachstum.

Pressekontakt:

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zur Verfügung:
Julia Griep (Senior Public Relations Manager)
Tel: +49 221 36794 486
E-Mail: mailto:julia.griep@simon-kucher.com
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