Stefan Riße: ETF versus Aktiv

Stefan Riße · Uhr
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Eines muss man der ETF-Industrie lassen: Gemeinsam haben sie in den vergangenen über 15 Jahren diesen eigentlich sperrigen Begriff Exchange Traded Fund (ETF), der dem normalen Anleger erst mal erklärt werden musste, als den Ort der faireren Geldanlage positioniert.

Über 50 Vorträge halte ich pro Jahr und immer häufiger kommt die Frage, ob ETFs nicht besser seien als die Fonds, über die ich normalerweise spreche, aktive Fonds aus unserem Haus. Viele meiner Vorträge finden auch vor Finanzberatern statt, die unsere Fonds allokieren. Ihnen wird diese Frage von ihren Kunden auch immer häufiger gestellt und es fällt ihnen oft schwer, die Menschen davon zu überzeugen, dass ein aktiv gemanagter Fonds auch große Vorzüge gegenüber einem ETF haben kann.

Die pro ETF-Argumente sind nicht schlecht

Man muss zugeben, dass es nicht nur geschicktes Marketing war, sondern dass es tatsächlich eine starke Botschaft gibt, die für ETFs spricht. Vergleicht man zum Beispiel die Performance des MSCI World Index mit der von aktiv gemanagten global anlegenden Aktienfonds, dann schneiden die ETFs immer besser ab als der Großteil der aktiven Fonds. Vor allem in den Jahren seit der Finanzkrise war dies sehr deutlich erkennbar. Spricht das nicht gänzlich für den passiven Ansatz, also das Anlegen analog zu einem Index? Nein, denn es gibt natürlich auch aktiv gemanagte Fonds, die über lange Zeiträume den Index schlagen.

Ich bin Börsianer, seitdem ich 17 Jahre alt bin. Seitdem fragen mich die Menschen aus meinem Umfeld, wie sie ihr Geld anlegen sollen. Aktientipps habe ich nie gegeben, sondern habe immer aktive Fonds von Fondsmanagern empfohlen, die ich persönlich kannte, beziehungsweise deren Anlagestil mir bekannt und nachvollziehbar war. Am Ende waren sie mehr oder minder alle Value-Investoren. Und der diesbezügliche Übervater Warren Buffett hat ja gezeigt, dass man über lange Zeiträume den S&P 500 Index mit dieser Philosophie schlagen kann.

Es ist also nicht falsch, in aktive Fonds anzulegen, man muss nur schauen, wer managt den Fonds und nach welcher Philosophie. Zumal nicht wenige aktive Manager am Ende doch nur verkappte Index-Nachbilder sind. Sie haben zu viel Angst, vom Index abgehängt zu werden. Und natürlich sind diese Fonds alle aufgrund der höheren Kosten dauerhaft schlechter als der Index, der als Benchmark dient.

Indizes entwickeln Klumpenrisiken

In den vergangenen Jahren war es so schwer, Indizes wie den S&P 500 oder den MSCI World zu schlagen, weil diese Aktien mit höherer Marktkapitalisierung auch dementsprechend höher gewichten. So machten die großen Tech-Werte im S&P 500 vor ihrem Absturz zeitweise mehr als 25 Prozent des Gewichts aus und selbst in einem weltweit anlegenden Index wie dem MSCI World spielen sie eine dominante Rolle.

Ein aktiver Fondsmanager hingegen schaut in der Regel, dass das Gewicht einzelner Titel nicht zu groß wird. Das hat einen guten Grund. Je mehr Kapital sich auf weniger Aktien verteilt, womöglich dann noch aus einer Kategorie, desto höher ist dementsprechend das Risiko, wenn die Sonne für diese Titel einmal nicht mehr scheint. Insofern haben sich in den genannten Indizes gewisse Klumpenrisiken aufgebaut. 2022 war schon ein Fingerzeig darauf, was dies bedeuten kann.

Auch Schwankungen sollten bei der Wahl eine Rolle spielen

Anleger schauen zunächst immer auf die Performance der Vergangenheit. Man sollte aber auch auf die Volatilität, also auf die Schwankungen und die zwischenzeitlichen Verluste, ein Auge haben, gerade im Hinblick auf das eigene Gemüt. Es ist ja schön, wenn mit einem ETF nach zehn Jahren eine höhere Rendite rauskommt.

Wenn es zwischenzeitlich aber Kursverluste von über 30 Prozent gibt, dann ist es für den einen oder anderen Anleger möglicherweise insgesamt betrachtet besser, etwas weniger Rendite mit dem Index zu erzielen, aber dafür nur zwischenzeitliche Verluste von zehn Prozent verkraften zu müssen.

Ansonsten besteht die Gefahr, dass er seinen Index-ETF irgendwann in Panik verkauft. Diese Tatsache hat die Mischfonds berechtigterweise in den vergangenen 15 Jahren so populär werden lassen. Sie erzielten aktienähnliche Renditen, bei deutlich geringeren Schwankungen.

Nachhaltigkeit wird ein immer wichtigerer Aspekt

Wem Schwankungen egal sind, der fühlt sich möglicherweise auch jetzt noch mit einem Index-ETF wohl. Es gibt aber auch Aspekte fernab von Renditekennzahlen. Dazu zählt die Nachhaltigkeit. Wer in normale Indizes investiert, der investiert dann eben auch in Rüstungshersteller, in Unternehmen, die große Mengen fossiler Brennstoffe verfeuern oder diese erzeugen, Unternehmen also mit einem großen CO2-Fußabdruck. Oder es sind eben auch Unternehmen dabei, bei denen es Kinderarbeit in der Lieferkette gibt.

Wem nicht ganz egal ist, was mit seinem Geld geschieht, der findet mit nachhaltigen Fonds einen besseren Weg, der langfristig häufig auch sogar zu einer höheren Rendite als mit einem Index-ETF führt. Natürlich, Greenwashing gibt es. Man konnte viel in der Presse in den letzten Monaten darüber lesen. Deshalb sollte man bei der Auswahl von nachhaltigen Fonds darauf achten, dass sie ein unabhängiges Siegel wie beispielsweise das des Forums nachhaltige Geldanlage (FNG) haben.

Ja, ETFs sind billiger. Das allein ist aber oft nicht das wichtigste Kriterium für eine Kaufentscheidung. Das gilt auch bei der Geldanlage.

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