Kolumne von Andreas Lipkow

Was der chinesische Volkskongress für die Aktienmärkte bedeutet

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Quelle: Dilok Klaisataporn/Shutterstock.com

Der 14. Volkskongress der Volksrepublik China, der vergangene Woche in Peking eröffnet wurde, steht im Zeichen der wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes. Die Delegierten des Kongresses, darunter Staatsoberhaupt Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang, werden auf dem zehn bis 14 Tage dauernden Treffen wichtige Entscheidungen über die zukünftige Ausrichtung der Wirtschaft und des Finanzmarktes treffen.

Der Nationale Volkskongress (NPC) in China ist eine jährliche Veranstaltung, die als wichtiges politisches Ereignis und als Barometer für die wirtschaftliche und politische Richtung des Landes gilt. Die Beschlüsse und Ankündigungen des NPC haben auch erhebliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte nicht nur in China, sondern weltweit.

Besonders wichtig sind dabei die wirtschaftlichen Herausforderungen, die sich in den vergangenen Jahren insbesondere durch die Folgen der Corona-Pandemie, dem kriselnden Immobilienmarkt, dem riesigen Schattenbanksektor und den strukturellen Problemen ergeben haben. Seit einiger Zeit sind zudem deflationäre Tendenzen in der chinesischen Volkswirtschaft erkennbar. Die Ausgangssituation ist für China also extrem herausfordernd.

Wird die Staatsverschuldung systemisches Risiko?

Chinas Wirtschaft befindet sich in einer Phase der Transformation. Die einst als Werkbank der Welt geltenden chinesische Wirtschaft hat sich zu einem Powerhaus im Dienstleistungsektor mit starkem Fokus auf den chinesischen Binnenmarkt gemausert. 

Dennoch ist Chinas Wirtschaft weiterhin stark exportorientiert und weist große regionale Ungleichgewichte auf. Um die Transformation finanzieren zu können, ist die Staatsverschuldung Chinas in den letzten Jahren stark angestiegen und könnte perspektivisch zu einem systemischen Risiko werden, wenn sich das volkswirtschaftliche Wachstum des Landes signifikant abkühlen sollte. Die rasante Industrialisierung hat ebenfalls ihren Tribut gefordert und in Teilen Chinas zu starken Umweltverschmutzungen geführt, die die Gesundheit der Bevölkerung und die langfristige Nachhaltigkeit der Wirtschaft gefährden.

Die Einkind-Politik in China führte zu einer Veralterung der Bevölkerung in China und einer sinkenden Geburtenrate, was wiederum zu einem Fachkräftemangel und einem Anstieg der Sozialausgaben führen könnte.

Bereits heute sind die Folgen für das Wirtschaftswachstum Chinas erkennbar, welches in den vergangenen Jahrzehnten insbesondere durch eine starke Exportwirtschaft angetrieben worden ist. Das Wirtschaftswachstum hat sich in den letzten Jahren verlangsamt, die Wirtschaft steht vor strukturellen Herausforderungen wie dem erwähnten demografischen Wandel, der hohen Verschuldung und den außenpolitischen Spannungen mit den USA.

Fokus auf Stabilisierung der Wirtschaft

Die auf dem jüngsten Volkskongress proklamierten Ziele fokussieren sich somit auf die Stabilisierung des Wirtschaftswachstums. Die Regierung Chinas will das Wirtschaftswachstum für 2024 auf fünf Prozent stabilisieren.

Um dies zu erreichen, sollen die technologischen Innovationen gefördert werden. China investiert in den letzten Jahren massiv in Forschung und Entwicklung und hat sich zu einem führenden Anbieter von Hightech-Produkten entwickelt. Gut zu erkennen war diese zuletzt im Automotivesektor, in dem Unternehmen wie BYD und Li Auto wesentlich an Bedeutung, im internationalen Konzert der Automobilunternehmen, gewonnen haben. Dies soll die die Wettbewerbsfähigkeit der chinesischen Wirtschaft stärken.

Auf dem Volkskongress wurde zudem der 14. Fünfjahresplan (2026-2030) verabschiedet, der die strategischen Ziele und Prioritäten der chinesischen Regierung für die nächsten Jahre festlegt. Überraschend war für viele Marktbeobachter die Anhebung des Wehretats Chinas und die gleichzeitige Hervorhebung des Zusammenschlusses mit Taiwan. Diese Kombination hat ein ungutes Gefühl zurückgelassen und einen möglichen eskalierenden Konflikt zwischen China und Taiwan auf die Tagesordnung gerückt.

Es wird auch spannend bleiben, wie sich China einer Abkühlung der Weltwirtschaft gegenüber positionieren wird. Auch das Wahljahr in den USA könnte eine erneute Verschärfung der Handelsstreitigkeiten mit den USA hervorbringen. Der seit Jahren schwelende Handelskrieg mit den USA belastet die chinesische Wirtschaft und birgt auch für die Zukunft weitere Unsicherheiten. Das zeigte sich zuletzt bei der hohen Abhängigkeit Chinas in einigen Schlüsseltechnologien. Die Technologiebranchen in China sind weiterhin stark von anderen Ländern abhängig, was die nationale Sicherheit und den wirtschaftlichen Fortschritt Chinas gefährden kann.

Dem will China nun mit einer Fokussierung auf die Binnenwirtschaft entgegentreten und sich dadurch von den externen Herausforderungen unabhängiger machen. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung sollen China zu einem führenden Anbieter von Schlüsseltechnologien machen. Die Öffnung des Finanzmarktes ist dafür ein wesentlicher Bestandteil und kann ausländische Investitionen anlocken und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsystems stärken. Dadurch fließen zusätzliche Gelder in die Forschung von Technologien und bringen die gesetzten Ziele schneller voran.

China bleibt somit auch weiterhin ein aussichtsreiches und interessantes Land für Geldanlagen. Es steht jedoch noch vor wesentlichen Herausforderungen und Transformationen, so dass China lediglich als Depotbeimischung in Betracht kommen sollte. Durch die getätigten Statements der chinesischen Regierung auf dem jüngsten Volkskongress läßt sich jedoch der Transformationswille und die Dynamik gut erkennen.

Es sollten jedoch vorerst weiterhin die Aktien der großen chinesischen Unternehmen oder Fonds und ETF-Anlagen in Erwägung gezogen werden. Als weiterhin problematisch dürften sich Investments bei Aktien von chinesischen Banken, Immobilien- und Finanzunternehmen herausstellen.

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