Baugenehmigungen brechen Anfang 2024 ein - "alarmierender Absturz"

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Berlin (Reuters) - Im Zuge der Flaute am Bau ist die Zahl der Genehmigungen für neue Wohnungen auch im ersten Quartal eingebrochen.

Von Januar bis März gaben die Behörden in Deutschland grünes Licht zum Bau von nur 53.500 Wohnungen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das waren 22,2 Prozent oder 15.200 Wohnungen weniger als im Vorjahresquartal. "Die Baugenehmigungszahlen sind historisch schlecht und schreiben den Negativ-Trend nur fort", sagte Präsident Dirk Salewski vom Bundesverband Freier Immobilien und Wohnungsunternehmen (BFW). Der Verband der Wohnungswirtschaft GdW sprach von einem "alarmierenden Absturz". Allein im März gab es binnen Jahresfrist ein Minus von einem Viertel auf 18.500. Im Vergleich zum März 2022 sank die Zahl der Baugenehmigungen sogar um fast 47 Prozent oder 16.300 Wohnungen.

Teure Materialien und eine teure Finanzierung schrecken viele potenzielle Häuslebauer und Investoren ab. Deshalb schwächelt der Wohnungsbau in Deutschland massiv, weil sich für Bauträger und Projektentwickler das Bauen derzeit kaum noch lohnt. Die Branche ruft hier seit langem nach stärkeren Staatshilfen - etwa über Zinsstützungsprogramme für private Investoren. Zudem fordert die Lobby ein Lockern der teureren Baustandards etwa in puncto Energieeffizienz. Im vergangenen Jahr war die Zahl der Baugenehmigungen auf 260.000 Wohnungen eingebrochen und damit auf den tiefsten Stand seit 2012.

Die Ampel-Koalition hatte das Ziel ausgegeben, dass jährlich rund 400.000 neue Wohnungen gebaut werden sollten. 2022 waren es aber nur rund 295.000 und im vorigen Jahr etwa genauso viele, wie Reuters am Donnerstag unter Berufung auf Insider berichtet hatte. Die Statistiker veröffentlichen die genaue Zahl erst kommende Woche. "Selbst wenn die Fertigstellungszahlen in 2023 nicht so dramatisch ausfallen, wie befürchtet wurde, heißt das doch nur, das dicke Ende kommt erst noch", sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), Tim-Oliver Müller.

"DIE MAGEREN JAHRE LIEGEN EINDEUTIG NOCH VOR UNS"

"Die wirklich harte Zeit kommt erst noch", warnte BFW-Präsident Salewski. "Wer jetzt so tut, als seien wir durch das Tal der Tränen durch, ruht sich in Wirklichkeit nur auf den Lorbeeren von vorgestern aus." Jedes zweite Unternehmen klage konkret über Auftragsmangel. "Jetzt wird nicht geplant und damit wird in den kommenden Jahren auch nicht gebaut", betonte Salewski. "Die mageren Jahre liegen eindeutig noch vor uns." Auch nach Worten von Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa vom Bauverband ZDB ist derzeit keine Trendwende in Sicht. "Wir warten dringend auf den Start der neu angekündigten Förderprogramme im Neubau." Ankündigungen reichten hier nicht, eine Umsetzung im zweiten Halbjahr komme zu spät.

HDB-Lobbyist Müller appellierte an die öffentliche Hand, das Bauen zu beschleunigen und zu vereinfachen. So müssten Kommunen mehr Bauflächen ausweisen, Planungs- und Genehmigungszeiten seien zu lang und Umweltschutzauflagen überzogen. Zudem mangele es an Digitalisierung und Personal in den Bauämtern. "Auch wir wollen nicht immer nach Vater Staat rufen, sondern durch eigene Lösungen bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung realisieren", sagte Müller. "Bis das aber möglich sein kann, müssen Bund und Länder mit in die Verantwortung."

In den Zahlen des Statistikamts sind sowohl Baugenehmigungen für Wohnungen in Neubauten als auch für neue Einheiten in bestehenden Gebäuden enthalten. Im gesamten ersten Quartal wurden 42.800 Neubauwohnungen genehmigt und so 25,7 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Dabei ging die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser zum Vorjahresquartal um 35,6 Prozent auf 9200 zurück. Bei den Zweifamilienhäusern sank die Zahl um 20 Prozent auf 3200. Auch bei der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart, den Mehrfamilienhäusern, fiel die Zahl der genehmigten Wohnungen um 22,9 Prozent auf 28.700 Einheiten.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Reinhard Becker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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