"Wir wussten: Das hier ist ein historischer Moment"
Heiko Böhmer vom Vermögensverwalter Shareholder Value fährt seit zwei Jahrzehnten nach Omaha zur Hauptversammlung von Berkshire. Er spricht über seine Lieblings-Buffett-Weisheit - und darüber, was er für die Zukunft des Unternehmens erwartet.

Heiko, seit vielen Jahren fährst du nach Omaha zur Hauptversammlung (HV) von Berkshire Hathaway. Beim Treffen am vergangenen Samstag hat der legendäre Investor Warren Buffett seinen Rückzug zum Jahresende verkündet. Wie waren deine Eindrücke?
So emotional wie diesmal war es noch nie. Es ist ja eine HV; das ist meistens sachlich, manchmal lustig, aber nicht emotional. Diesmal war das anders.
Warren Buffett hat am Ende seiner Rede noch fünf Minuten ein Statement abgelesen, in dem er seinen Rückzug angekündigt hat – und dann hat sich die ganze Arena erhoben und geklatscht. Wir wussten: Das hier ist ein historischer Moment.
Wann warst du das erste Mal in Omaha?
2004 war das, damals habe ich als Journalist über das Treffen berichtet. Seitdem bin ich zwölf oder 13 Mal dort gewesen.
Dein persönliches Highlight?
Das war gleich am Anfang. 2004 kam man noch relativ nah an Buffett und seinen langjährigen Geschäftspartner Charlie Munger heran. Es gab damals ein „Meet and greet“ mit den internationalen Gästen; viel mehr als 500 waren das damals nicht.

onvista-Kolumnist Heiko Böhmer auf der Berkshire-Hauptversammlung 2025 am 3. Mai mit dem designierten Chef Greg Abel
Da habe ich meinen Ausweis gezeigt, beiden die Hände geschüttelt und es wurde auch das einzige Bild von Buffett und mir geschossen.
Hast du eine Lieblings-Weisheit von Buffett?
Dazu fällt mir ein, was er gerade erst gesagt hat: Happy people live longer.
Bei den Berkshire-HVs geht es auch viel um den Austausch von Investoren untereinander. Hast du da Besonderes erlebt?
Dieser Austausch hat mich immer wieder hierhin (nach Omaha, die Redaktion) getrieben. Es gibt neben der HV an sich noch viele andere Veranstaltungen; und alle stehen im Zeichen des Investierens.
Zur Person: Heiko Böhmer ist seit 2020 Kapitalmarktstratege bei der Vermögensverwaltung "Shareholder Value Management". Für onvista schreibt Heiko eine wöchentliche Kolumne zum Geschehen an den Märkten.
Vor drei Jahren hat sich außerdem noch ein Kontakt zu zwei Amerikanern ergeben. Wir saßen damals zusammen am Rande des Manager-Bereichs und mussten immer wieder Leute wegschicken, die sich auf die freien Plätze setzen wollten. Dadurch sind wir ins Gespräch gekommen; Jack und Mike heißen die beiden.
Wir sitzen jetzt immer da, auch dieses Jahr. Außerdem haben wir zusammen am Fünf-Kilometer-Lauf teilgenommen, der Sonntagmorgen in Omaha stattfand. Den veranstaltet Brooks, eine Beteiligung von Berkshire.
Wie hat sich der Charakter der Berkshire-HV verändert, seit du hinfährst?
2004, als ich zum ersten Mal da war, war das erste Jahr in einer großen Location; die kleine Arena habe ich nicht mehr mitgemacht.
Komplett verändert hat sich die Struktur die Gäste. Heute ist es ein asiatisches Mega-Event. Es gibt sehr viele Besucher aus China, die auf der HV oder am Haus von Buffett Fotos knipsen.
Dieses Jahr fand die Hauptversammlung zum zweiten Mal ohne den 2023 verstorbenen Charlie Munger statt. Wie hat das das Treffen verändert?
Der Humor von Munger fehlt. Munger war super direkt, zum Beispiel zum Thema Bitcoin...
… den er mal „massiv dumm“ genannt hat…
Buffett ist da eher Diplomat. Greg Abel ist als Typ sehr eloquent, traut sich inzwischen mehr zu und entwickelt auch eine gewisse Art von Humor. Die Leute werden ihn trotzdem nicht fragen, was sie mit ihrem Leben machen sollten, wie bei Buffett oder Munger.
Fährst du auch kommendes Jahr nach Omaha?
Zwei Dinge stehen im Raum: Buffett könnte nicht mehr sein. Die zweite Möglichkeit: Die Fragerunde war der HV ja immer vorgelagert und nicht ein Teil des formellen Programms. Berkshire könnte da jeden auf die Bühne setzen.
Wenn Buffett noch Lust haben sollte, könnte er also dabei sein. Und wenn er nicht mehr auf der Bühne sitzt, wird’s immer noch eine interessante Fragerunde sein.
Du bist auch Aktionär von Berkshire. Denkst du, durch den Weggang von Warren Buffett entsteht ein Bruch im Unternehmen?
Nein. Buffett hat Berkshire mal mit einem Tanker verglichen. Und den bringst du nicht so leicht vom Kurs ab. Greg Abel wird vielleicht aktiver sein als Buffett in dem Sinne, dass er sich mehr einbringt bei den Tochtergesellschaften. Aber die langfristige Orientierung und die Art der Investments werden bleiben.