Mehrheit der Deutschen will den Grexit
In einer aktuellen Umfrage befürwortet die Mehrheit der Deutschen einen Ausstieg Griechenlands aus dem Euro. Zugleich mehren sich die Warnungen vor einem Grexit.
Eine deutliche Mehrheit der Deutschen spricht sich für ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone aus. Nach einer neuen Umfrage des Instituts YouGov würden es 58 Prozent vorziehen, dass das von der Staatspleite bedrohte Land den Euro verlässt. 28 Prozent wollen Griechenland im Euro behalten. 14 Prozent haben dazu keine Meinung oder machten keine Angaben. Für wahrscheinlich halten 49 Prozent einen Austritt, 41 Prozent halten dies für unwahrscheinlich.
„Grexit wäre risikoreich“
Ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro könnte nach Einschätzung des US-Ökonomen Prof. Dennis Snower Europa destabilisieren. “Ein Grexit wäre sehr risikoreich, und vor allem die politischen Folgen lassen sich kaum abschätzen”, sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Nach der Rückkehr zur Drachme und einer Staatspleite könnte Griechenland nur mit einem Verzicht auf die Rückzahlung seiner gigantischen Schuldenlast sowie mit europäischen Finanzhilfen überhaupt wieder vorankommen.
Kurzfristig wären die ökonomischen Folgen eines Grexit für den Rest der Euro-Zone überschaubar, “aber für Griechenland wären auch schon die kurzfristigen Wirkungen schmerzlich”, sagte Snower. Wenn ein Grexit nicht durch Europa abgefedert würde, “droht Griechenland zu einem politisch und ökonomisch instabilen Staat zu werden”. Davon gingen dann auch Gefahren für die wirtschaftliche und politische Stabilität des übrigen Europa aus.
Ex-EZB-Chef Trichet hält Grexit-Befürworter für naiv
Ähnlich äußerte sich der ehemalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Er fände es “historisch unverantwortlich von anderen Ländern, die Situation auszunutzen, um die Griechen hinauszuwerfen”, so der Franzose. Ein Grexit “wäre die allerschlechteste Lösung für die Griechen”, sagte Trichet, der bis Ende Oktober 2011 an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) stand. “Und wer glaubt, dass Europa besser dran wäre, ist meiner Ansicht nach naiv.”
Für den Fall eines Scheiterns sehe er vor allem geopolitische Risiken, sagte Trichet. “Und wenn es zu einer katastrophalen Entwicklung in Griechenland kommt, hätte Europa der ganzen Welt demonstriert, dass es gescheitert ist, in seiner eigenen Region für Stabilität und Ordnung zu sorgen.”
Athens Notenbank fürchtet „unkontrollierbare“ Krise
Die griechische Nationalbank befürchtet, dass im Fall des Scheiterns der Verhandlungen große Gefahren auf Griechenland zukämen. Am Anfang werde die Staatspleite stehen, die am Ende zum Austritt aus dem Euroland führen werde, heißt es in einem aktuellen Bericht zur Lage der griechischen Wirtschaft.
Die Krise werde in diesem Fall “unkontrollierbar” werden, mahnte Notenbankchef Ioannis Stournaras. Die Griechen von heute hätten nicht das Recht, ihren Nachfahren dieses Problem zu übertragen. Das, was die Gläubiger und Athen noch von einer Vereinbarung trenne, sei “klein”, stellt der Notenbankchef fest. Zugleich bezeichnet er eine Umstrukturierung des griechischen Schuldenberges als wichtigen Bestandteil einer Lösung des griechischen Finanzproblems.
Großbritannien plant für Grexit
Die britische Regierung verstärkt indes ihre Vorbereitungen für ein etwaiges Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone. “Angesichts des Gesprächsverlaufs können Sie erwarten, dass wir sicherstellen, dass die richtigen Pläne bereitliegen und dass wir die Vorbereitungen beschleunigen”, sagte eine Sprecherin von Premierminister David Cameron. Eine Zahlungsunfähigkeit würde vermutlich ein ernstes wirtschaftliches Risiko für Großbritannien mit sich bringen.
Eine Lösung im griechischen Schuldenstreit ist weiterhin nicht in Sicht. Beim Eurogruppentreffen am Donnerstag werde eine Bestandsaufnahme der gegensätzlichen Positionen erwartet, sagte ein Eurozonen-Verantwortlicher. Es sei keine lange Debatte zu Griechenland geplant. “Der Ball ist sehr fest im griechischen Lager.” Zu Spekulationen über ein Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs der Euroländer zur Griechenland-Krise sagte der Diplomat: “Ich weiß nichts über einen Gipfel.”
OnVista/dpa-AFX/Reuters
Foto: Gutzemberg/shutterstock.com