Anleihen-ETF: Leider nichts für eine Anlegen-Life-Balance

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Geld investieren, Geld anlegen, entspannt zurücklegen und Rendite einfahren: Das versprechen ETFs und Anleihen. Ist dann eine Investition in einen Anleihen-ETF sinnvoll? Spoiler: Nein, leider nicht.

In diesem Artikel gehen wir von einem Sparhorizont von mindestens 20 Jahren aus. Das Ziel ist ein langfristiger Vermögensaufbau für den Ruhestand. Daher sind wir sicherheitsorientiert und verfolgen eine klassisch-defensive Strategie.

Vorab: Ein Anleihen-ETF wird auch manchmal als Renten-ETF bezeichnet. Diese beiden Begriffe sind Synonyme. In diesem Artikel betrachten wir nur einen Renten-ETF, der Staatsanleihen hält. Die Funktionsweise ist die gleiche wie bei solchen ETFs, die Unternehmensanleihen halten.

Was ist ein Anleihen-ETF?

Das Prinzip ist dasselbe wie bei einem Aktien-ETF: Der Anleihen-ETF baut einen Index nach, der die Wertentwicklung bestimmter Anleihen widerspiegelt.

Um solch einen ETF zu verstehen, muss man auf den Nenn- und den Kurswert von Anleihen eingehen, die auch als festverzinsliche Wertpapiere bezeichnet werden.

Der Nennwert ist die Summe, über die die Anleihe herausgegeben wird. Er beträgt meist 1000 EUR oder USD. Dieser Nennwert ändert sich nicht; er wird am Laufzeitende zurückgezahlt.

Anders der Kurswert: Anleihen werden wie Aktien an der Börse gehandelt. Der Kurs wird in Prozent angegeben. Liegt er bei 105 Prozent, muss man 1050 EUR für die Anleihe bezahlen. Sinkt er auf 98 Prozent kostet die Anleihe 980 EUR.

Am Ende der Laufzeit erhält der Inhaber den vollen Nennwert zurück, unabhängig vom Kaufpreis. Das bedeutet: Man kann eine Rendite erzielen, die über die gezahlten Zinsen geht, wenn man die Anleihe zu einem deutlich niedrigeren Kurs gekauft hat. Wer die Anleihe direkt bei der Emission erworben hat, erhält als Rendite nur die Zinszahlungen.

Für einen Anleihen-ETF sind nur zwei Dinge wichtig: der Kurswert und der gezahlte Zins, der ausgeschüttet oder thesauriert wird.

Unser Tipp: Damit ihr nicht den richtigen Zeitpunkt verpasst, um euren Wunsch-ETF zu einem guten Kurs zu kaufen, nutzt unser kostenloses Musterdepot mit Kursalarm-Funktion.

Steigt der Leitzins, ändert sich der Kurswert

Ändert die EZB den Leitzins, wirkt sich das auf die Anleihen aus. Denn Staaten müssen nun einen höheren Anleihenzins anbieten, um noch Abnehmer zu finden. Der Grund: Warum soll man Anleihen kaufen, wenn man auf dem Festgeldkonto einen besseren Zins erhält?

Nun passiert Folgendes: Viele Anleger – besonders die institutionellen – verkaufen ihre alten Anleihen und erwerben von dem Geld neue. Das erhöht ihre Rendite. Ergebnis: Der Wert der alten, niedriger verzinsten Anleihen sinkt an der Börse. Hier bietet sich eine Chance für aktive Anleger.

Beispiel: Eine Anleihe hat einen Nominalwert von 1000 EUR und einen Zins von 0 Prozent. Sie läuft noch zwei Jahre. An der Börse wird sie zu 90 Prozent gehandelt. Wer die Anleihe kauft, erzielt eine Rendite von 100 EUR – oder 5 Prozent p. a.

Das Problem: Das ist aktives Investieren. So ein Vorgehen sieht man bei aktiv gemanagten Fonds, nicht aber bei ETFs.

Sind Anleihen-ETF sinnvoll? Nicht wenn man sicher investieren will

Ein Anleihen-ETF bildet die Entwicklung eines Index nach, der den Wert gewisser Staatsanleihen widerspiegelt. Der Wert eines solchen ETFs richtet sich in erster Linie am Kurswert. Wenn nun die zahlreichen älteren Anleihen an Wert verlieren, weil neue, besser verzinste auf den Markt kommen, dann heißt das: der Anleihen-ETF sinkt.

Wenn sichere Bundesanleihen den ETF unsicher machen

Der Deka-ETF hält 15 Bundesanleihen, die ein ausstehendes Volumen von mindestens 4 Mrd. EUR haben. Der Grund: Dies zeugt von Liquidität und die Anleihen können schnell verkauft werden. Die Gewichtung erfolgt nach dem Nominalvolumen, das heißt nach der Marktkapitalisierung. Die Anleihen müssen eine Restlaufzeit von mindestens 10 Jahren haben.

Besonders schlecht für Anleger: Hier finden sich drei Anleihen, die keinen Zins zahlen. Sie laufen bis 2035, 2036 und 2052. Die ersten beiden Anleihen liegen bei 70 und 73 Prozent, der bis 2052 läuft sogar bei 49 Prozent.

Das heißt: Diese Anleihen werden den Kurs des ETFs noch lange niedrig halten. Sie werden erst wieder steigen, je näher das Rückzahlungsdatum rückt. Aber davon profitiert dieser ETF nicht, denn er hält nur Anleihen, die noch länger als 10 Jahre laufen. Er wird die drei Nullzins-Anleihen 2025, 2026 und 2042 verkaufen. Und das mit einem hohen Verlust.

Die stärkste Anleihe wird mit 126 Prozent gehandelt. Sie wurde 2008 herausgegeben und hat einen Zins von 4,75 Prozent.

Aber solche Ausreißer können die Performance dieses ETFs nicht retten: Heute (Stand: August 2023) notieren nur 5 Anleihen über 100 Prozent und 10 darunter.

Folge: Dieser Anleihen-ETF verlor drastisch, als die Zinsen erhöht wurden und der Kurswert von schlecht bis gar nicht verzinsten Anleihen sank. Im Januar 2022 kostete ein Anteil dieses ETFs 166,84 EUR, heute dagegen 107,99 EUR. Das ist ein Minus von 35 Prozent.

Kürzere Laufzeit, bessere Rendite

Nehmen wir mal ein anderes Beispiel: den „iShares eb.rexx Government Germany ETF“, der den eb.rexx® Government Germany Index nachbildet. Dieser Index bietet Zugang zu den 25 größten und liquidesten Staatsanleihen aus Deutschland, die an der Eurex Bonds Plattform gehandelt werden. Restlaufzeit: 1,5-10,5 Jahre.

In diesem ETF wird keine der 25 enthaltenden Anleihen über 100 Prozent gehandelt. (Stand: August 2023) Die niedrigste Anleihe notiert bei 80,58 Prozent. Sie wurde 2022 herausgegeben, läuft über 10 Jahre und hat einen Zins von 0 Prozent. Als 2022 die EZB langsam den Zins erhöhte, verlor die Anleihe an Wert – und das wird sie wahrscheinlich weiter tun.

Die beste Anleihe notiert bei 97,93 Prozent. Hier handelt es sich um eine 10-jährige Anleihe, die 2023 emittiert wurde. Sie hat einen Zins von 2,3 Prozent. Aber auch sie wird bald weiter sinken, denn die EZB erhöht weiter den Zins.

Anfang Januar 2022 notierte dieser Anleihen-ETF bei 136,70 EUR, heute bei 120,00 EUR. Das ist ein Minus von über 12 Prozent.

Der Kurs ist nicht so stark gefallen, wie beim Deka-ETF. Der Grund: Der iShares-ETF hält Anleihen mit einer kürzeren Restlaufzeit. Je näher das Laufzeitende kommt, desto mehr nähern sich die Anleihen wieder dem Nominalwert von 100 Prozent an. Das ist auch der Grund, warum keine Anleihe unter 50 Prozent liegt, wie es beim Deka-ETF der Fall ist.

Anleihen-ETF ist aktives Investieren

Wenn du gelassen investieren willst; wenn du nicht permanent die Marktlage verfolgen kannst; wenn du den Anleihen-ETF nicht auf seine Zusammensetzung prüfen möchtest – dann ist ein Anleihen-ETF nicht sinnvoll.

Wer hier investiert, investiert aktiv. Und das ist das Gegenteil von gelassen Geld anlegen, entspannt zurücklegen und Rendite einfahren.

Mit diesen ETFs entspannt investieren

Wer Wert auf Sicherheit legt und langfristig denkt, sollte in einen Aktien-ETF investieren. Hier bietet sich eine Investition in einen ETF an, der den MSCI World oder den FTSE All-World nachbildet.

Der MSCI World ist der bekannteste Index, der die Weltwirtschaft widerspiegelt. Er umfasst Aktien von über 1500 Unternehmen aus 23 Ländern. Noch breiter aufgestellt ist der FTSE All-World, der Aktien von mehr als 4100 Unternehmen aus 49 Ländern enthält. Beide gewichten die Aktien an der Marktkapitalisierung.

Von der Performance unterscheiden sie sich nur minimal, denn auch beim FTSE All-World sind die Industrieländer am stärksten gewichtet.

Du willst in den MSCI World oder in den FTSE All-World investieren? Mit unserem ETF-Finder findest du immer den passenden ETF für dein Depot.

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