Kutzers Zwischenruf: Auf dem Weg zur neuen Normalität

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Die spontanen Reaktionen (selbst die kritischen) sind unaufgeregt – die großen Notenbanken tun das, was man erwartet hatte: Genau wie die Fed will auch die EZB die Zinsen weiter anheben, um die Inflation einzudämmen. Das aber in gebremstem Tempo. Bei Schritten von 0,5 Prozent nach oben geht den Volkswirtschaften die Luft nicht aus. Außerdem rechnen viele Ökonomen so oder so nicht mehr mit einer tiefen Rezession, die auch nicht allzu lang dauern dürfte. Also sollte eine vorsichtige Geldpolitik die Konjunktur nicht abwürgen. Realistisch? Ich denke schon, zumindest gut möglich.

Andererseits sehen Marktteilnehmer durchaus die nach wie vor bestehenden Risiken. Unsere Notenbank sieht zwar von einer weiteren Jumbo-Erhöhung ab. Trotzdem geht von der heutigen Entscheidung ein eher „hawkisher“ („falkenartiger“ = kämpferischer) Impuls aus. Die Zentralbank betont, dass sich der Inflationsausblick weiter verschlechtert hat und das weitere signifikante Zinsanhebungen künftig nötig sein dürften, um die Teuerung wieder in Richtung des Zwei-Prozent-Ziels einzufangen.

Ein Ende des Zinserhöhungszyklus ist damit also nicht in Sicht, schreibt mir Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank. Mit der Ankündigung ab März den Anleihebestand im APP-Programm, um monatlich 15 Milliarden Euro zu reduzieren, setzt sie zudem ein weiteres restriktives Zeichen. Die entschiedene Haltung der EZB mit Blick auf die Inflationsbekämpfung ist laut Holstein zu begrüßen. Es wäre ein Fehler, die geldpolitische Wende zu früh zu signalisieren. Vor allem, nachdem die Notenbankoberen zu lange mit der ersten Zinsanhebung gewartet haben. Die Inflationsprognose der EZB liegt bis 2025 oberhalb des Zielniveaus. Auch das spricht dafür, dass der Kampf gegen die Teuerung weiter andauern wird.

Trotzdem. Verglichen mit den Katastrophenjahren 2021/22 mehren sich die Signale für eine allmähliche Normalisierung – auch wenn die angepeilte Geldwertstabilisierung (so sie überhaupt erreichbar wird) noch ein weiter Weg ist. Beobachten Sie nur die Veränderungen in der Nachrichtenlage aus der Wirtschaft, geschätzte Anleger. Seit Wochen werden Lageberichte und Stimmungserhebungen spürbar zuversichtlicher. Gerade die europäischen und deutschen Indikatoren können Mut machen. Trotzdem brauchen Börsianer weiterhin an Geduld. Außerdem sollten Aktienfans jetzt Ausschau nach Unternehmen halten, die gestärkt aus der Krise hervorgehen dürften– also entsprechende Zwischenberichte und Analystenurteile beachten! Es wäre schon ein Erfolg, wenn der Dax im neuen Jahr zeitgleich mit der Umkehr der Inflationsraten einen Teil seiner Verluste wettmachen könnte.

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