EZB: Wie geht die Notenbank mit dem Inflationsdruck um und wie sieht die Zukunft des Krisenprogramms Pepp aus?

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Die Europäische Zentralbank (EZB) steht angesichts des hohen Inflationsdrucks vor einer schwierigen Zinssitzung. Präsidentin Christine Lagarde dürfte an diesem Donnerstag versuchen, die zuletzt gestiegenen Inflationserwartungen zu dämpfen. Über die Zukunft des Krisenprogramms Pepp wird die EZB aber wohl erst auf ihrer nächsten Sitzung im Dezember entscheiden. Mit Spannung wird erwartet, ob sich Lagarde zum angekündigten Rücktritt von Bundesbankpräsident Jens Weidmann nochmals äußert.

Da noch keine neuen geldpolitischen Entscheidungen erwartet werden, könnte man eigentlich von einer ruhigen Sitzung ausgehen. Schließlich hat Lagarde bereits klar gemacht, dass über Pepp erst im Dezember entschieden wird. Der drastische Anstieg der Preise für Energie und Industriemetalle hat zuletzt jedoch die Inflations- und Zinserhöhungserwartungen an den Märkten steigen lassen. Die Spannungen in den internationalen Lieferketten dürften noch eine geraume Zeit anhalten. Die Inflationsrate hatte im September im Währungsraum mit 3,4 Prozent den höchsten Stand seit 13 Jahren erreicht. Mittelfristig strebt die EZB eine Rate von zwei Prozent an.

Lagarde dürfte laut Ökonomen versuchen, die Inflationserwartungen zu dämpfen und erneut auf temporäre Ursachen für den Anstieg der Preise hinweisen. „Entsprechend wird sie es weiterhin als verfrüht bezeichnen, über einen Ausstieg aus der stark expansiven Geldpolitik nachzudenken“, erwarten die Experten der Dekabank. Schließlich hätten zuletzt verschiedene Notenbanker die Auffassung vertreten, dass die EZB auch nach dem Auslaufen des Wertpapierkaufprogramms Pepp ein hohes Maß an Flexibilität benötige.

Das Anleihekaufprogramm mit einem Volumen von bis zu 1,85 Billionen Euro soll nach bisherigen Planung bis März 2022 laufen. Viele Experten gehen davon aus, dass die EZB ihre Anleihekäufe dann nicht komplett einstellt, sondern ihr aktuell kleineres Kaufprogramm APP in der einen oder anderen Form weiterführen wird. An der Zinsschraube dürfte die Notenbank noch lange nicht drehen.

Zudem könnten Risiken für das Wirtschaftswachstum verstärkt in den Blick geraten. „Wie nachhaltig der Inflationsanstieg ausfallen wird, hängt natürlich auch von der Wachstumsentwicklung ab“, schreibt Commerzbank-Analyst Michael Schubert. Schließlich sollte der Energiepreisschock sich auch auf die wirtschaftliche Aktivität auswirken. „Schwaches Wachstum dürfte die Inflation drücken, was die Bereitschaft der EZB zu einer Zinswende senken dürfte“, so Schubert. Derzeit sei die EZB noch zu optimistisch mit ihren Wachstumsprognosen. Aktualisieren wird die Notenbank ihre Projektionen aber erst auf der Sitzung im Dezember.

Der angekündigte Rücktritt von Bundesbankpräsident Jens Weidmann dürfte auf die Entscheidungen keine Auswirkungen haben. Schließlich bleibt er noch bis zum Jahresende im Amt. Er kann also auch noch im Dezember im EZB-Rat über die Zukunft von Pepp mitbestimmen. Bisher war Weidmann die führende Figur für die geldpolitischen „Falken“. Das sind Notenbankmitglieder, die sich im Zweifel für eine restriktivere Geldpolitik aussprechen. Noch ist offen, wer sein Nachfolger wird.

Im internationalen Vergleich hinkt die EZB mit ihrer Geldpolitik eher hinterher. So gibt es bereits mehrere Notenbanken, die ihre Zinsen angehoben haben. Die US-Notenbank Fed wird voraussichtlich im November mit der Drosselung ihrer Anleihekäufe beginnen. Eine Zinserhöhung könnte dort laut Experten in der zweiten Jahreshälfte 2022 kommen.

dpa-AFX

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