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3 Fragen an Bernecker: Wie entwickelt sich die Börse 2023? – Warum ist der Zins in den USA und in der EU unterschiedlich hoch? – Hat Tesla die beste Zeit hinter sich?

onvista · Uhr
Quelle: Bernecker

Was denken Sie, wie sich der Aktienmarkt im nächsten Jahr entwickeln wird.

Das Börsenjahr 2022 hatte ich als Blackbox beschrieben und eingeleitet. Die Aufhänger dafür waren Zinsen, Inflation, Rezession und die Folgen des Ukrainekrieges insbesondere für die Energieversorgung.

Im Jahre 2023 steht in allen diesen Sektoren das Gegenteil dessen an, was im abgelaufenen Jahr für hohe Nervositäten sorgte. Bezeichnend dafür ist, dass die Gewinne der Unternehmen sich insgesamt sehr stabil gehalten haben und in den Schätzungen der Analysten auch für das kommende Jahr stabil bleiben.

Daraus ergibt sich eine Rückkehr zur alten Ausgangslage der Bewertung vor genau einem Jahr bei damals rd. 16.300 im DAX. Das ergibt ein Erholungspotenzial von jetzt an um knapp 20 %. Darin liegt die Perspektive für den deutschen Aktienmarkt im kommenden Jahr.

Was ist der Unterschied zwischen dem Zins in den USA und in der EU?

Jede solide Politik einer Notenbank besteht darin, für Stabilität zu sorgen. Sowohl im Inland als Inflation und gegenüber dem Ausland im Wechselkurs. Vorbild dafür war die Bundesbankpolitik ab 1948 bis 1999. Diese Regeln gelten heute nicht mehr, was für ganz Europa gilt.

Die Amerikaner orientieren ihren Zins an der Inflation und am Arbeitsmarkt als wichtigster Stütze der Gesamtwirtschaft. Die EZB orientiert sich dagegen an den Finanzdaten der schwächsten Länder der Eurozone. Damit ist eine ausgewogene Zinspolitik unmöglich geworden.

Also: Die amerikanische Zinspolitik lässt sich gut einschätzen, die europäische wird so gestaltet, dass wesentliche Geldbewegungen zwischen den Ländern verhindert werden, die sich aus unterschiedlichen Renditen der Staatsanleihen ergeben. Das ergibt einen möglichen, aber sehr schwierigen Interventionskurs der EZB in den kommenden Monaten. Der einzige Lichtblick dafür: Für Liquidität sorgt die EZB, echte Friktionen sind nicht zu befürchten.

Die Tesla-Aktie hat 2022 viel Federn gelassen: Hat Tesla die beste Zeit hinter sich?

An der Börse geht es immer darum, Fantasie zu akzeptieren, aber die Realität ist am Ende die entscheidende Größe. So auch bei Tesla. Den einigermaßen objektiven Marktwert für Tesla kann man in der Größenordnung von 160 bis 230 Mrd. Dollar veranschlagen, also in einer recht großen Spanne. Der Spitzenwert lag über 1 Bio. Dollar. Die Viertelung des Aktienkurses von 400 Dollar auf rd. 100 Dollar ist also die logische Folge der zitierten Normalisierung, die noch bevorsteht. Ob das reicht, muss sich noch zeigen. Der Ausstieg von Elon Musk in Raten gehört dazu. Das ist Börse pur!

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