Kolumne

KI-Fonds schlägt den MSCI World Index

Stefan Riße · Uhr (aktualisiert: Uhr)
Quelle: ranjith ravindran/Shutterstock.com

Künstliche Intelligenz wird unser Leben verändern, so viel ist schon lange klar und wurde uns schon in den letzten Jahren immer wieder verkündet. Mit der Open AI Software Chat GPT hat das Thema aber eine völlig neue Dynamik bekommen. Auf einen Schlag kommen nun Millionen von Menschen mit dem Thema bewusst in Berührung. Bisher waren wir alle wahrscheinlich schon häufiger Teil von KI-gesteuerten Prozessen, wenn die großen Datenkraken Google, Amazon, Apple, etc. mit unseren Daten gearbeitet haben.

Jetzt aber wissen wir, dass die KI auch für Schüler komplizierte Mathe-Hausaufgaben lösen, Aufsätze schreiben, oder sogar Computerprogramme schreiben kann. Und seit langem wissen wir auch, dass Schachcomputer, so man ihre Fähigkeiten nicht bewusst limitiert, die weltbesten Schachspieler schlagen.

Der Beginn jeder Arbeit mit KI sind akkurate Daten

Kann die KI auch die besseren Aktien finden als ein erfahrener Investor? Dr. Hendrik Leber, Gründer und Geschäftsführer der Fondsgesellschaft ACATIS Investment, war hiervon schon vor mehr als sieben Jahren überzeugt. Er holte in sein Portfoliomanagement-Team den Mathematiker Kevin Endler und den Physiker Dr. Eric Endreß, um KI-Werkzeuge zu entwickeln, die bessere Value Investoren sein würden, als er selbst es ist. Lebers intellektuelles Vorbild ist Warren Buffett. Endler und Endress sollten insofern den künstlichen Warren Buffett entwickeln. Dieser Ansatz war deshalb so besonders, weil die meisten Investmentansätze, die KI- Werkzeuge nutzen, versuchen, aus den Kursdaten der Vergangenheit Muster herauszulesen.

Im Grunde automatisierte Handelssysteme mit dem Unterschied, dass diese sich fortlaufend weiterentwickeln. ACATIS hingegen sind die Kurse der Vergangenheit gänzlich egal, ihre KI arbeitet nur mit fundamentalen Kennzahlen. Diese Aufgabe war ein sehr schwieriges Unterfangen, weil die Daten oft nicht sauber sind. Sondereffekte, wie hohe Abschreibungen, Spin Offs von Geschäftsbereichen und dergleichen verfälschen Umsatz- und Gewinnzahlen oft und lassen so Trends auf den ersten Blick sichtbar werden, die es gar nicht gibt. Allein die Daten zu säubern, war und ist fortlaufend ein großer Kraftakt.

Value Investing mit KI? Geht das überhaupt?

Einer der wichtigsten Grundsätze Warren Buffetts lautet: Investiere nur in Geschäftsmodelle, die du verstehst. Das aber kann die KI nicht. Endler und Endreß füttern den Computer nur mit 57 unterschiedlichen Kennzahlen pro Unternehmen. Die KI reißt nicht durch die Welt und sieht, dass überall Coca-Cola getrunken wird, vor den Läden von Louis Vuitton bei Wind und Wetter Menschen in Schlangen warten und die ganze Welt ganz verrückt nach dem iPhone ist, auf dem alle ständig herum tippen. Zwar fließen in die Aktienauswahl auch KI-gesteuerte Textanalysen aus Analysten-Calls mit ein, die Aufschluss über die zukünftige Sicht des Managements geben, das Geschäftsmodell kann die KI dennoch nicht durchdringen wie ein menschlicher Investor.

Die KI kennt nur die Zahlen der Vergangenheit. Hendrik Leber ist seit jeher ein zahlengetriebener Mensch. Seit fast 30 Jahren filtert er nach verschiedenen Parametern Aktien aus seinem Value-Server.

Das allein reiche aber nicht, um gute Unternehmen zu finden. Man müsse sich dann auch die Geschäftsmodelle ansehen, meint der erfahrene Portfoliomanager. Genau hier macht die künstliche Intelligenz den Unterschied. Sie hat tatsächlich nur die Zahlen der Vergangenheit und gewisse Buzz-Words aus Analysten-Calls, erkennt daraus aber Muster, die der Mensch nie erkennen würde. Es liegt auch schlicht an der Geschwindigkeit, mit der die KI immer und immer wieder die Analysen fahren kann. Wo es ansonsten tausende Menschen bräuchte, die nach unterschiedlichen Kriterien immer wieder filtern würden, ackern sich die Hochleistungsprozessoren in Sekunden durch. Und selbst wenn man es verteilt auf viele Hände manuell durchführen würde, würde der Mensch nicht die Zusammenhänge erkennen, die die künstliche Intelligenz erkennen kann.

Bis belastbare gute Ergebnisse entstanden sind, dauerte eine Zeit

Gute zwei Jahre haben Endler und Endreß gemeinsam mit dem auf die Entwicklung von KI-Modellen spezialisierten Institut NNAISENSE aus der Schweiz geforscht, ohne nachhaltig Outperformance zu erzielen. Die KI erkennt die Zusammenhänge eigenständig, hat aber auch nur die Zahlen zur Verfügung, die man ihr gibt. Herauszufinden, welche das sein mussten, dauerte eine Zeit. Seit der letzten großen Adjustierung im Sommer 2019 läuft der Fonds stabil über der Benchmark. Mittlerweile aber können die beiden mit ihrem Portfolio, das 1:1 im ACATIS AI Global Equities Fonds umgesetzt wird, eine beachtliche Outperformance in den vergangenen vier Jahren von durchschnittlich rund drei Prozent pro Jahr zur Benchmark, dem MSCI World Net Total Return, vorweisen.

Die Outperformance ist kein Zufallsprodukt

Um sich selbst nicht auf den Holzweg zu führen, haben sich Endler und Endreß sehr harte Maßstäbe angelegt. Aus einem Universum von 6.000 Aktien bauen Sie ein Portfolio von 50 Aktien zusammen, dass die Sektoren exakt genauso stark gewichtet wie in der Benchmark. Es gibt nur eine Ausnahme, den Finanz- und Immobiliensektor. Deren Bilanzen sind generell schwer zu analysieren und die auf normale Unternehmen trainierte KI lässt sich hierauf nicht anwenden. Die exakte Gleichgewichtung der Sektoren bzw. Branchen ist extrem wichtig, um nicht zufällig eine Outperformance zu erzielen, die längerfristig keine sein wird. Laufen zum Beispiel gewisse Sektoren deutlich besser als andere oder der Gesamtmarkt – wie beispielsweise 2022 Ölwerte und Banken – dann erzielt man allein durch die höhere Sektorgewichtung eine Outperformance.

Diese sagt dann aber nichts darüber aus, ob die KI tatsächlich innerhalb eines Sektors in der Lage ist, die besseren Aktien auszusuchen, als die, die im Index enthalten sind. Da bei Endler und Endreß die Sektoren aber das gleiche Gewicht haben, bedeutet dies automatisch, dass sie im Durchschnitt in der Selektion besser sind als der Index. Die Ergebnisse sind bemerkenswert. Seit Sommer 2019 bis jetzt (11.07.2023) stehen satte 17,8 Prozent Outperformance gegenüber dem MSCI World Net Total Return zu Buche. Besonders in diesem Jahr zeigt die KI ihre Stärke. Bekanntermaßen haben seit Jahresbeginn nur wenige Schwergewichte die großen Indizes die Kurse nach oben gezogen. Das war in den USA extrem, doch auch in Europa und damit weltweit zu beobachten. Während die 45 oder drei Prozent größten Werte 68 Prozent der Performance im MSCI World erwirtschaftet haben, liegt der ACATIS AI Global Equities, obwohl er die Werte nahezu gleichgewichtete (zwischen 1,5 und 2,5%), keinen davon überhaupt hatte und alle Werte dem Mid/Small zuzurechnen sind, sogar fast gleichauf mit dem MSCI World Index.

Vergleicht man ihn aber mit dem MSCI World Equal Weight Index, in dem auch alle Titel gleichgewichtet sind, steht seit Jahresanfang (11.07.2023) eine Outperformance von sagenhaften 4,8 Prozent zu Buche. Das ist fast keinem menschlichen Fondsmanager gelungen. Sie begründen dies nachvollziehbar mit dieser Konzentration auf wenige hochgewichtete Aktien in den Indizes. Die KI hat gezeigt, dass es trotzdem geht, den Index outzuperformen, ohne diese Werte im Portfolio zu haben. Ganz nebenbei ist die KI auch besser als Hendrik Leber. Er muss anerkennen, dass sie in den letzten drei Jahren trotz aller klugen Überlegungen bei der Titelauswahl in seinem klassischen ACATIS Aktien Global Fonds, die besseren Aktien „gepickt“ hat. Teilweise übernimmt er diese jetzt auch schon in den klassisch gemanagten Aktienfonds. Sonst wäre der Performanceabstand zwischen KI- und diskretionär gemanagten Fonds womöglich noch größer.

Die KI ist vergleichbar mit einer Fußballliga 

Endler und Endreß machen kein Geheimnis daraus, wie ihre KI arbeitet. Sie wissen genau, wieviel Detailarbeit in dem Modell steckt, so dass es auch durch die Nennung der Kennzahlen, die verwendet werden, oder der Methodik niemand mal eben nachbauen könnte. Man stelle sich einen sportlichen Wettbewerb wie die Fußball-Bundesliga vor und bekommt die Aufgabe, die Abschlusstabelle der Saison vorherzusagen. Für eine fundierte Prognose würde man sicherlich Kriterien wie den Gesamtwert des Kaders, die Anzahl der Nationalspieler, die Stabilität des Trainers und des Managements, die Qualität der Neuzugänge und die bisherigen Tabellenplätze heranziehen. Die KI lässt nun die Mannschaften anhand dieser Informationen gegeneinander antreten, prognostiziert den Ausgang der einzelnen Spiele und konstruiert daraus die Abschlusstabelle. Im Fonds entsprechen die Fundamentaldaten der Unternehmen diesen Vergleichskriterien. Jeder Sektor (Telekommunikation, Biotechnologie, IT usw.) entspricht einer Liga (Bundesliga, Premier League, Primera Division usw.), in dem die KI die besten Unternehmen identifiziert.

Die Künstliche Intelligenz findet die unentdeckten Perlen

 Da die KI nicht beeinflusst ist von strahlenden Namen wie den großen Technologieaktien oder weltberühmten Marken wie Louis Vuitton oder Coca Cola, wundert es auch nicht, dass viele Titel im KI-Fonds im aktiven Portfolio Management von ACATIS niemand kennt bzw. kannte. Unter den aktuellen Top-Ten Positionen befinden sich Unternehmen wie Mueller Water Products, Cotys, Elekta, Tri Pointe Group und Dentsply Sirona, Oft sind diese noch nicht so groß, dass es irgendwelches Broker-Research gäbe. Daher sind sie oft unentdeckt. Die Stärke der KI ist es, diese gewissen Trends und Zusammenhänge im Zahlenwerk zu entdecken.

Und was macht Leber? Setzt er sich zur Ruhe und überlässt zukünftig nur noch der KI die Aktienauswahl? Ein Problem, damit, dass sie ihn die letzten drei Jahre geschlagen hat, hat er überhaupt nicht. Schließlich war er es, der der Überzeugung war, dass die KI in der Lage sein kann, einem menschlichen Investor überlegen zu sein, so wie der Schachcomputer die besten Schachspieler schlägt.

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