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Experten plädieren in EZB-Blog für gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU

Reuters · Uhr (aktualisiert: Uhr)
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Frankfurt (Reuters) - Die EU sollte zur Finanzierung notwendiger Billioneninvestitionen in den kommenden Jahren einem EZB-Blog zufolge auch die Aufnahme gemeinsamer Schulden prüfen.

Die Europäische Union (EU) müsse die grüne Transformation, die Digitalisierung der Wirtschaft und die Stärkung der militärischen Verteidigung vorantreiben, schreiben Experten in einem am Donnerstag auf der Webseite der Europäischen Zentralbank (EZB) veröffentlichten Blogbeitrag. Dazu seien auch massive öffentliche Investitionen erforderlich. "Eine Neugewichtung der Haushaltsmittel, neue Eigenmittel und eine gemeinsame Schuldenaufnahme sind allesamt in Betracht zu ziehen", so die Autoren.

Überarbeitete Haushaltsregeln in der EU würden den Ländern zwar mehr Spielraum für die Finanzierung von Investitionen geben. Das sei aber nicht ausreichend. Einige Länder seien bereits hoch verschuldet. Und selbst reiche Länder sollten besorgt sein. "Kein Land, auch nicht das reichste, kann den Klimawandel allein aufhalten", so die Autoren. Erstmals hatte die EU zur Finanzierung des hunderte Milliarden Euro schweren Wiederaufbauprogramms nach der Corona-Krise, "Next Generation EU", in großem Umfang gemeinsame Schulden aufgenommen. Mit dem Programm sollte stark betroffenen Ländern mit Investitionen unter die Arme gegriffen werden. Manche EU-Staaten, darunter Deutschland, hatten gefordert, dass die gemeinsame Schuldenaufnahme eine einmalige Sache bleiben sollte.

Für die Bewältigung der anstehenden Aufgaben sind aus Sicht der Autoren zusätzliche Investitionen im Volumen von 5,4 Billionen Euro im Zeitraum 2025 bis 2031 erforderlich. "Sowohl privates Kapital als auch die Regierungen müssen die Finanzierungslücke schließen." Zwar solle der Löwenanteil aus der Privatwirtschaft kommen, aber ein erheblicher Posten von 1,3 Billionen Euro müsse aus öffentlichen Geldern finanziert werden. Etwas unter 400 Milliarden Euro könnten aus bestehenden EU-Ressourcen kommen. "Die öffentliche Finanzierungslücke von 900 Milliarden Euro kann jedoch nicht ohne zusätzliches Engagement der Union geschlossen werden."

Aus Sicht der Experten würde eine gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU auch die Chancen erhöhen, dass sichere europäische Staatsanleihen (European Safe Assets) geschaffen würden. Das sei wichtig, um die Kapitalmarktunion in Europa weiter voranzutreiben. Um solche europäischen Wertpapiere, die Investoren einen sicheren Hafen bieten sollen, wird schon seit vielen Jahren in der EU gerungen, da manche Länder eine Vergemeinschaftung von Staatsschulden durch die Hintertür befürchten. Zuletzt standen derartige Vorschläge aber nicht mehr auf der Tagesordnung.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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