Gamestop Over?

Acatis · Uhr

Als ich am vergangenen Freitag über die Auswirkungen der Short-Spekulationen beziehungsweise den „Squeezes“ von Leerverkäufern schrieb, ahnte ich ja nicht, welche Tragweite das Thema in der folgenden Woche bekommen würde. Doch ging es in dieser Woche nicht um den von mir beschriebenen Short Squeeze auf breiter Front, sondern um den in einzelnen Aktien, die von Hedgefonds short, also leer verkauft worden waren und die nun mit diesen Positionen in Not gerieten, weil eben diese Aktien extrem zu steigen begannen. Im Mittelpunkt der ganzen Geschichte der Computerspielehändler Gamestop. Viel ist dazu überall in der Presse geschrieben worden, so dass ich hier nicht alle Details der Geschichte beschreibe, sondern auf die allgemeine Berichterstattung verweise. Mich interessiert vielmehr die Beurteilung des Vorgangs.

David schlägt Goliath

Short Squeezes gibt es, seitdem man Shortpositionen eingehen kann. Wer den Film „The Big Short“ gesehen hat, erinnert sich daran, wie die großen Investmentbanken die im Grunde schon annähernd wertlosen Subprimeanleihen im Kurs über Monate oben hielten, um Shortspekulanten wie Michael Burry, die das Spiel durchschaut und erkannt hatten, dass die Immobilienkredite, die dahinter standen, uneinbringbar waren, in den Ruin zu treiben. Am Ende gelang es aber nicht und die „Shorties“ bekamen Recht und verdienten riesig. Das Besondere an der Kursexplosion von Gamestop nun ist die Tatsache, dass es diesmal eben nicht große Adressen waren, die dies auslösten, sondern Privatanleger. Sie handeln auf Plattformen wie Robinhood und verabredeten sich in Foren wie Reddit, die Aktie hoch zu kaufen, im Wissen darum, dass diejenigen, die short in diesen Papieren sind, dann so unter Druck kommen, dass deren erzwungene Rückkäufe den Kurs weiter nach oben treiben. Und die Wette ging tatsächlich auf. Der Hedgefonds Melvin Capital kam so stark in Bedrängnis, dass andere Kollegen ihm mit Kapitalspritzen beistehen mussten. Der Aktienkurs von Gamestop vervielfachte sich.

Verwerflich oder nicht verwerflich?

Ist das, was die Privatanleger dort taten, moralisch verwerflich und möglicherweise auch gesetzlich verboten? Dies wird sich noch herausstellen müssen. Grundsätzlich kann man darin schon die Verabredung zu einer Marktmanipulation sehen, denn hier wurde eine Aktie nach oben katapultiert, die bezüglich ihrer Fundamentaldaten keinerlei Rechtfertigung für einen solchen Kurssprung hergab. Das Problem aber wird sein, dass die Börsenaufsichtsbehörde nur schwer die Adressaten der entsprechenden Posts in den Foren wird nachverfolgen können. Man meldet sich da ja nicht mit einem Klarnamen an und schon gar nicht weist man seine Identität nach. Moralisch betrachtet kann ich nichts Verwerfliches daran finden. Hedgefonds sind keine schützenwerten unwissenden Kleinanleger. Wenn ein Hedgefonds Shortpositionen in einem Unternehmen eingeht, bei dem so wie im Fall von Gamestop mehr als 140 Prozent der Aktien leer verkauft sind, dann muss man als Börsenprofi um das Risiko eines Short Squeeze wissen. Wie können mehr Aktien geshortet sein als überhaupt vorhanden? Ganz einfach, sie werden sozusagen im Kreis verliehen. Derjenige, der sie besitzt, verleiht sie und der, der sie leiht, verkauft sie leer und der Käufer verleiht sie erneut. So kann eine Aktie zweimal leer verkauft sein.

Neue Goldgrube für private Anleger?

Kaum hatte die Geschichte die Runde gemacht, gab es überall in der Presse Tabellen mit anderen kleineren Unternehmen, in denen es große Shortpositionen gibt. Tun sich da nun für private Anleger große Chancen auf? Ich denke eher nein. Hier gilt der Satz: „Zweimal foppen lasse ich mich nicht.“ Deshalb klappt sowas in der Regel einmal und nie wieder. Die Hedgefonds werden vorsichtiger werden. Und diejenigen, die die Aktien zu Preisen kaufen, die absolut ungerechtfertigt sind, müssen dann ja auch da wieder raus. Gelingt dies nicht früh genug, fahren Sie mit dem Zug nach unten. Ich bleibe daher auch nach diesen Ereignissen bei meiner Einschätzung der Vorwoche und ergänze: Shortspekulationen haben ein schlechtes Chance/Risiko-Verhältnis und grundlos hochgejubelte Aktien auch. Anleger sollten lieber langfristig investieren. Das hat bislang immer noch die beste Rendite erbracht.

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