ROUNDUP/Aktien New York Schluss: Zinssignale sorgen nur kurz für Auftrieb
NEW YORK (dpa-AFX) - Aussagen des US-Notenbankchefs im Zuge der Zinsentscheidung haben am Mittwoch den US-Börsen nur kurzzeitig Aufwind beschert. Im Dow Jones Industrial bröckelten die Gewinne bis Handelsschluss deutlich ab, die anderen wichtigen Indizes drehten zurück in die Verlustzone.
Fed-Chef Jerome Powell rechnet im Jahresverlauf mit einem Rückgang der Inflation und trat Sorgen entgegen, dass der nächste Zinsschritt eine Erhöhung sein könnte. Dies sei "unwahrscheinlich", sagte er. Allerdings sei auch eine Reduzierung der Leitzinsen so lange nicht angemessen, bis man zuversichtlicher sei, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung Zwei-Prozent-Ziel bewege. Wichtig sei vor allem aber auch, dass der Bestand an Staatsanleihen von Juni an noch deutlich langsamer abgebaut werde als erwartet, sagte Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners. "Damit will die Fed die Kontrolle über das lange Ende der Zinsstrukturkurve ein Stück weit zurückgewinnen. Und das ist ein deutliches Zeichen an die Märkte", sagte er.
Der Dow, der im Zuge der geldpolitischen Aussagen zeitweise um fast anderthalb Prozent gestiegen war, beendete den Tag letztlich nur 0,23 Prozent höher bei 37 903,29 Punkten. Der S&P 500 gab um 0,34 Prozent auf 5018,39 Zähler nach. Der technologielastige Nasdaq 100 büßte 0,70 Prozent auf 17 318,55 Zähler ein. Marktexperten verwiesen allerdings darauf, dass wegen des Mai-Feiertages in Teilen Asiens und in Europa die Handelsumsätze dünner seien als gewöhnlich und deutlichere Kursausschläge daher nicht überbewertet werden sollten.
Die hartnäckige Inflation und eine weiter robuste konjunkturelle Entwicklung in den USA hatte bereits in den vorangegangenen Wochen und Monaten die Spekulationen über deutliche Zinssenkungen kräftig gedämpft. Inzwischen erwartet der Markt einen ersten Zinsschritt nicht mehr vor dem Spätsommer.
Für die Erholung im Dow sorgten unter den Einzelwerten vor allem die Aktien von Microsoft und Amazon sowie die von Johnson & Johnson (J&J) , Boeing und 3M .
Das Schwergewicht Amazon hatte am Vorabend sein Zahlenwerk zum ersten Quartal vorgelegt und einen überraschend deutlichen Umsatzanstieg gemeldet. Die Cloud-Sparte AWS des Online-Handelsgiganten verzeichnete das stärkste Erlöswachstum seit einem Jahr. Das fand mehr Beachtung, als dass die Erlösprognose für das laufende Quartal hinter den Erwartungen zurückblieb. Laut Konzernchef Andy Jassy profitiert Amazon derzeit vom verstärkten Bedarf an Rechenleistung für Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI). Die Aktie legte um 2,3 Prozent zu.
An der Index-Spitze gewann das J&J-Papier 4,6 Prozent. Der Pharmakonzern stand erneut wegen der Klagen rund um sein mutmaßlich asbestbelastetes Babypuder im Blick. Er will sich weiterhin auf einen Vergleich einigen. Zur Beilegung sämtlicher Klagen wegen Körperpflegeartikeln, die das Magnesiumsilikat Talkum enthalten, wird den Betroffenen nun eine höhere Vergleichssumme als bisher angeboten. Wenn das Thema aus der Welt sei, könnten sich die Anleger endlich wieder auf die starken Fundamentaldaten des Konzerns konzentrieren, begründete UBS-Analystin Danielle Antalffy die Kursgewinne.
Für Microsoft ging es um 1,4 Prozent nach oben. Der Technologieriese und die grüne Energie-Sparte des Vermögensverwalters Brookfield Asset Management unterzeichneten den größten, jemals angekündigten Saubere-Energien-Kaufvertrag. Dabei geht es um Wind- und Solarparks. Microsoft erhöht zugleich seine KI-Investitionen.
Was Boeing betrifft, so ist das Weltraumtaxi des Flugzeugbauers und Raumfahrtkonzerns nach jahrelangen Verzögerungen und einem verpatzten Testflug endlich dabei, seine ersten Astronauten in die Umlaufbahn zu befördern. Die Aktien des Mischkonzerns 3M profitierten von einer Hochstufung durch die US-Bank JPMorgan auf "Overweight". Beide Aktien legten um etwa zwei Prozent zu.
Im S&P 100 waren vor allem die Aktien des Pharmakonzerns Pfizer mit plus 6,1 Prozent sowie die des Chemiekonzerns Dupont , die um 8,0 Prozent stiegen, besonders gefragt. Angetrieben vom Umsatz mit dem Corona-Mittel Paxlovid und gesenkten Ausgaben übertraf Pfizer die Analystenschätzungen. Dupont hob nach starken Zahlen seine Jahresprognosen an.
Außerdem zog noch ein Börsengang Aufmerksamkeit auf sich, der bisher größte in den USA in diesem Jahr: Die Aktie des Reise- und Kreuzfahrtunternehmens Viking Holdings , die zu 24 Dollar ausgegeben worden war, stieg letztlich auf 26,10 Dollar. Der Eröffnungskurs hatte allerdings mit 26,15 Dollar noch etwas darüber gelegen.
Der Euro , der im Zuge der Zinsentscheidung zeitweise deutlich über 1,07 Dollar gestiegen war, wurde zuletzt mit 1,0698 Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs in Frankfurt auf 1,0718 (Montag: 1,0720) Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,9330 (0,9328) Euro gekostet.
Am US-Rentenmarkt stieg der Terminkontrakt für zehnjährige Staatsanleihen (T-Note-Future) um 0,39 Prozent auf 107,86 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere sank auf 4,64 Prozent./ck/he
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---