Ein passives Einkommen aufbauen

So bringen Dir ETFs ein Bonuseinkommen

onvista-Partners · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Regelmäßige, passive Einnahmen dank des eigenen Portfolios: Das ist mit ausschüttenden Fonds durchaus möglich. Doch es gibt viele Haken.

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Es klingt wie ein wahrgewordener Traum: Du sitzt im Garten, die Sonne scheint, neben Dir ein Eistee und dann macht es kurz Ping. Ein Blick auf das Smartphone verrät: 1000 Euro sind gerade auf dem Konto eingegangen, ganz ohne Mühe, ganz ohne Arbeit – einfach, weil die ETFs im eigenen Portfolio die monatliche Ausschüttung überwiesen haben. 

Hinter dieser Idee steckt die Strategie von ausschüttenden ETFs. Das sind börsengehandelte Fonds, die regelmäßig einen kleinen Teil der Unternehmensgewinne an die Anleger ausschütten: die Dividende. Je nachdem wie viel Geld Anleger in solche ausschüttenden ETFs gesteckt haben, können sie auf teilweise vierstellige Zahlungen im Monatsdurchschnitt kommen und damit ihr Einkommen merklich verbessern. Doch bis dahin ist es ein langer Weg – und Experten sehen solche Auszahlungen durchaus kritisch. Ali Masarwah, Finanzmarktanalyst und CEO beim Fondsspezialisten Envestor beispielsweise sagt: „Der Traum vom Bonuseinkommen sollte besser ein Traum bleiben, weil man als Anleger da eigentlich nur verlieren kann.” Gerade im Vergleich zu reinvestierenden ETFs seien ausschüttende ETFs nachteilig. 

Was er meint: Die thesaurierende Version legt die Dividenden sofort wieder an, die ausschüttende Version zahlt sie Dir aus. Dadurch bekommst Du Geld, hast am Ende aber weniger Vermögen zur Verfügung. Ein Beispiel: Du legst im ersten Jahr 1000 Euro an und bekommst 100 Euro Zinsen. Das sind zehn Prozent. Das wiederholst du nun fünf Mal. Bei einem ausschüttenden ETF hast du so am Ende 1000 Euro Anlagesumme und 500 Euro Ausschüttungen, ergo 1500 Euro. Bei einem thesaurierenden ETF arbeitet der Zins nun aber mit. Du bekommst im zweiten Jahr nämlich zehn Prozent auf 1100 Euro (Anlagesumme + Zins aus dem ersten Jahr) und so weiter. So hast du am Ende der fünf Jahre etwa 610 Euro mit deinen Zinsen verdient. ein Plus gegenüber dem ausschüttenden ETF.

Zinseinkommen: Die ersten Schritte

Wer sich trotz dieser Hürden an die Aufgabe machen möchte, ein Bonuseinkommen aus Aktien oder Anleihen aufzubauen, muss mit einer vermeintlich simplen Frage anfangen: Wie viel passives Einkommen brauche ich denn überhaupt im Monat? Reichen mir 100 Euro für ein gelegentlich romantisches Abendessen zu zweit? Sollen es lieber 500 Euro sein, die einen kleinen Wochenendtrip finanzieren? Oder brauche ich sogar 1000 Euro oder mehr? 

Davon ausgehend lässt sich berechnen, wie viel Kapital Du in ausschüttende ETFs stecken solltest (siehe Tabelle).

Quelle: Dreimaldrei

Gehen wir in diesem Beispiel von 1.000 Euro aus, die Du Dir jeden Monat auszahlen willst. Dieses Geld willst Du Netto vereinnahmen, musst also von den Bruttozahlungen noch die pauschale Abgeltungssteuer von 25 Prozent sowie Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer abziehen. Um nun das benötigte Kapital zu berechnen, musst Du noch wissen, wie hoch die Dividendenrendite deines ETFs denn aktuell ist. Diese Kennzahl zeigt an, wie viel Dividende die Unternehmen in dem ETF im Verhältnis zum Kurs ausschütten. Sagen wir, der Kurs läge bei 100 Euro und sie schütten insgesamt vier Euro aus, dann liegt die Dividendenrendite bei vier Prozent.

Herausfinden kannst Du diese Zahl in den Unterlagen des Fonds. Sind diese Englisch, musst Du nach „Dividend Yield” schauen. Gehen wir zu Anfang davon aus, dass Du tatsächlich eine Dividendenrendite von vier Prozent im Jahr einfährst. Dann bräuchtest Du für eine Nettoauszahlung von 1.000 Euro im Monatsschnitt rund 400.000 Euro im Portfolio. Für 5.000 Euro bräuchte es sogar mehr als zwei Millionen Euro.

Wer also nur von Ausschüttungen leben will, muss bereits ordentlich Kapital mitbringen. In dieser Rechnung fehlt zudem eine Kenngröße: die Inflation. Gehen wir davon aus, dass diese bei zwei Prozent im Jahr liegt, dann bräuchte es für das gleiche Ergebnis eine Ausschüttungsquote von nicht nur vier, sondern sechs Prozent im Jahr. „Wer sich 1000 Euro netto auszahlen lässt, muss sich im kommenden Jahr 20 Euro mehr im Monat auszahlen, sonst verliert er an Kaufkraft”, erklärt Aktien-Experte Masarwah. „Wer das vergisst, zahlt sich jedes Jahr weniger Geld aus.” 

Ausschüttende Aktien-ETFs: Die Jagd nach der sicheren Dividende

Vier Prozent, sechs Prozent, zehn Prozent: Was ist denn eigentlich eine realistische Größe für einen ausschüttenden ETF? Grundsätzlich gibt es sehr viele ETFs, die auch als ausschüttende ETFs fungieren, etwa auch der MSCI World. Dieser schüttet zurzeit 1,8 Prozent aus – eher wenig. Um tatsächlich ein Bonuseinkommen zu generieren, musst Du auf sogenannte Dividendenfonds schauen, die speziell in Unternehmen anlegen, die besonders hohe oder regelmäßige Dividenden an ihre Anleger ausschütten. Das kann beispielsweise der MSCI World High Dividend Index sein, der immerhin 3,72 Prozent im Jahr ausschütten will. (Ihn kannst Du beispielsweise hier besparen: IE000NS5HRY9). Doch aufgepasst: Auch wenn der Name sehr ähnlich ist, unterscheidet der Index sich vom MSCI World deutlich. So sind in der Dividenden-Variante nur ein Bruchteil der Unternehmen gelistet, was bedeutet, dass Dein Portfolio nicht so breit diversifiziert ist. 

Auf der Suche nach hohen Ausschüttungen bei wenig Kapitaleinsatz, wirst Du früher oder später auch auf Versprechen treffen, die zu gut sind, um wahr zu sein. Denn davon gibt es am Markt immer viele. So wirbt der Global X Super Dividend (IE00077FRP95) zurzeit mit einer Dividendenrendite von mehr als zehn Prozent. Das klingt verlockend, weil man so mit wenig Kapitaleinsatz ein hohes Einkommen erzielt.

Buchauchtor und Finanzmarktexperte Christian Röhl warnt vor solch fantastischen Versprechen: „Die hohe Ausschüttung kommt nicht von ungefähr”, sagt er. „Wenn Unternehmen so hohe Dividenden ausschütten, dann zahlen sie das häufig aus der Substanz und das spiegelt sich dann im Kurs wider", sagt Röhl. Was er meint, lässt sich am Global X Super Dividend gut beobachten: „Der hat seit seinem Start zwar zehn Prozent im Jahr ausgeschüttet, aber das Gleiche auch als Kursverlust verbucht”, rechnet Röhl. „Am Ende sind solche Hochdividendenwerte ein Nullsummenspiel, das sich nicht lohnt.”

Quelle: Dreimaldrei

Für realistischer halten sowohl Röhl als auch Masarwah eine kontinuierliche Ausschüttung von drei bis vier Prozent. „Bei allem ab fünf Prozent würde ich vorsichtig werden”, sagt Röhl. Nur, und da sind wir wieder am Anfang: Um mit diesen Quoten ein vernünftiges Bonuseinkommen aufzubauen, braucht es wiederum sehr viel vorhandenes Kapital

Ein großes Problem: Dividenden sind nicht sicher

Egal ob Hochdividende oder nicht: In ausschüttende Aktien-ETFs zu investieren birgt auch immer Risiken. Denn Dividendenzahlungen sind nie verpflichtend und können durch unvorhergesehene Ereignisse auch gerne einmal ausgesetzt werden. Egal, wie regelmäßig die Unternehmen vorher bezahlt haben. Ein gutes Beispiel hierfür ist BP, das die sonst regelmäßige Dividendenzahlung nach dem Unglück der Deep Water Horizon ausgesetzt hat.

„Solche Einzelfälle lassen sich durch einen Dividenden-Fonds vielleicht teilweise auffangen, aber eben nicht vollständig”, sagt Masarwah. „Dividenden sind auch deshalb riskant, weil Unternehmen diese zuerst streichen, während sie Anleihen und Kupons weiter bedienen”, sagt er. „Investoren können sich also nie sicher sein, ob die prognostizierten Dividenden am Ende auch der tatsächlichen Dividenden entsprechen.”

Befeuert wird die Unsicherheit dadurch, dass sich womöglich auch die zugrundeliegende Indexstruktur ändern kann, was sich dann wiederum auf die Ausschüttungsquote auswirkt. Denn besitzt ein ETF plötzlich weniger Anteile eines Unternehmens, bekommt er auch weniger Geld ausgeschüttet. Gerade in den ersten Jahren nach dem Einstieg kann das dazu führen, dass das tatsächlich ausgeschüttete Geld nicht dem prognostizierten entspricht. „Das pendelt sich dann ein, aber Anleger sollten sich da nicht auf eine Zahl versteifen, nur weil sie mal in einem Blog stand”, so Masarwah. 

Ebenfalls bedenken sollte man, dass die Auszahlungen bei Fonds und ETFs eigentlich nur in Ausnahmefällen monatlich kommen. Die meisten börsengehandelten Fonds schütten etwaige Dividenden quartalsweise oder sogar jährlich aus. Wer also auf einen monatlichen Gehaltsscheck setzt, muss dafür spezielle ETFs auswählen, was die Auswahl extrem einschränkt. Das erhöht das Klumpenrisiko im eigenen Portfolio, was Du vermeiden solltest. Wenn Du auf ausschüttende ETFs setzt, lasse sie Dir lieber vierteljährlich oder sogar jährlich ausschütten und teile Dir Dein Geld selbstständig ein. 

Anleihe-ETFs: Sind sie die bessere Alternative?

Eine Alternative zu Dividenden-ETFs bieten ausschüttende Anleihe-ETFs. Die haben den Vorteil, dass sie nicht davon abhängig sind, ob Unternehmen tatsächlich eine Dividende zahlen. Sie speisen ihre ausschüttenden Erträge aus den Zinszahlungen der Unternehmen und Staaten, die deutlich seltener als Dividenden ausgesetzt werden. Wer beispielsweise in Staatsanleihen von Deutschland oder anderen europäischen Staaten investiert, wird so lange bezahlt, bis das Land in die Pleite rutscht – was sehr selten vorkommt. Ähnlich ist es bei großen Unternehmen, die schon viele Jahrzehnte auf dem Markt sind und eine stabile Kapitalbasis aufweisen. 

Verdienen ließen sich mit einfachen Anleihen-ETFs aktuell etwa drei bis vier Prozent, sagt Kapitalmarkt-Experte Masarwah. „Viel höher würde ich auf der Zinsleiter nicht gehen, weil man sonst wieder in die Hochzins-Gegend kommt und auch das Risiko für Ausfälle deutlich größer wird”, erklärt der Finanzexperte. Im Prinzip gilt also das Gleiche wie bei Aktien-ETFs: Umso höher die Ausschüttung, desto größer ist das Risiko und desto wahrscheinlicher wird auch ein möglicher Verlust. Du solltest Dir sehr genau überlegen, ob das die Auszahlung tatsächlich wert ist.

Das größte Risiko neben einem Ausfall besteht für Anleihen bei einer Zinsänderung. So rauschten mit steigenden Zentralbankzinsen im Jahr 2022 die Kurse vieler Anleihen ab, was Anleger hart getroffen hat, wenn sie ihre Anleihen-ETF-Anteile verkaufen wollten. Denn steigen die Zentralbankzinsen, steigen auch die Zinsen auf neue Anleihen. Alte Anleihen mit alten und niedrigeren Zinsen sind für Anleger dann weniger wert. Wer lange genug investiert, den braucht das nicht zu stören. „Auf Dauer rechnet sich ein Drawdown raus”, sagt Masarwah. 

Experte Christian Röhl hat zudem noch eine sehr simple Möglichkeit, in Anleihen zu investieren, entdeckt: iBonds von Blackrock. Diese bündeln verschiedene Anleihen einer festen Laufzeit und zahlen diese, genau wie bei einer Einzelanleihe, am Ende der Laufzeit aus.  „Damit hat man eine breite Streuung, eine sukzessive abnehmende Laufzeit und kann zielgerichtet von den aktuellen Renditen profitieren", erklärt Röhl. Für Dich kann das auch deshalb sinnvoll sein, weil es den psychologischen Druck mindert, sollten die Kurse einmal abrauschen.

Thesaurierende ETFs mit Entnahmeplan: Die beste Lösung?

Eine dritte, oft vernachlässigte Möglichkeit, sich ein passives Einkommen aufzubauen, ist einen thesaurierenden ETF zu kaufen und diesen mit einem Auszahlungsplan zu kombinieren. Dabei lässt Du Dir jeden Monat einen bestimmten Betrag, etwa 1000 Euro, aus dem ETF auszahlen, indem Du Anteile des Fonds verkaufen lässt. Dabei solltest Du allerdings darauf achten, das Kapital Deines Portfolios nicht aufzuzehren. Gerade in schlechten Marktphasen solltest Du die Auszahlungen beispielsweise reduzieren, um keinen zu hohem Anteil aus dem Portfolio zu ziehen. Immerhin sind 1000 Euro von 10.000 Euro schon zehn Prozent. Bei einem durch Kursverluste geschmälerten Portfolio von 5000 Euro, würdest Du Dir schon 20 Prozent jeden Monat auszahlen lassen. Das solltest Du vermeiden. 

Vorteilhaft gegenüber reinen Dividendenstrategien ist, dass sich nahezu jeder ETF zu einem ausschüttenden Portfolio umfunktionieren lässt. So kannst Du von Kursgewinnen profitieren, die in Dividenden-ETFs vielleicht niedriger ausgefallen wären. „Aber auch bei dieser Strategie braucht man ein großes Startkapital und selbst dann wäre es klüger, das Geld dort liegen zu lassen, anstatt regelmäßig etwas aus dem Portfolio zu entnehmen”, betont Masarwah noch einmal. Eine Entnahme macht sowieso nur dann Sinn, wenn das Kapital in der Zwischenzeit auch angewachsen ist – entweder über Dividenden oder einen Kurszuwachs. 

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