Wirtschaftsweise: Müssen Politik zu zukunftsorientierten Ausgaben zwingen
Berlin (Reuters) - Zukunftsorientierte Ausgaben brauchen den Wirtschaftsweisen zufolge einen größeren Stellenwert in der Politik.
Das Expertengremium forderte dies am Mittwoch in seinem Gutachten für die Bundesregierung für die Verkehrsinfrastruktur, Verteidigung und Bildung. Es brauche dafür einen Sonderfonds oder gesetzlich verankerte Mindestquoten. Die öffentlichen Ausgaben in den drei Bereichen seien seit Jahren zu gering, es bestehe ein großer Nachholbedarf. Sie müssten verbindlich erhöht und dann auch verstetigt werden.
Zukünftige Generationen könnten auch durch zu niedrige Ausgaben und eine unzureichende Infrastruktur belastet werden, sagte der Wirtschaftsweise Achim Truger. "Die Schuldenbremse stellt die notwendige Priorisierung zukunftsorientierter Ausgaben nicht sicher." Die Politik müsse durch gesetzliche Vorgaben verpflichtet werden, hier mehr zu machen. Denn sie neige dazu, dass Maßnahmen und Ausgaben vor allem derzeitigen Wählergruppen zugutekämen. Zukunftsorientierte Ausgaben würden oft gemieden, weil der Nutzen erst viel später zu spüren sei.
Im Verkehrsbereich schlägt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung einen Fonds vor, dem dauerhaft Einnahmen aus dem Kernhaushalt übertragen werden, etwa Mauterlöse für Lkw oder perspektivisch auch Pkw. Kontinuierliche Einnahmen würden helfen, die nötigen Gelder für Schienen und Straßen zu haben. Dann brauche es noch eine Zweckbindung, damit Neubauten nicht zu oft den Vorrang vor Bestandssanierungen erhielten.
Im Verteidigungsbereich könnte das Zwei-Prozent-Ziel der Nato die Orientierung sein. Die Partner des westlichen Verteidigungsbündnisses haben sich verpflichtet, gemessen an der Wirtschaftsleistung mindestens zwei Prozent in die Verteidigung zu stecken. Nach dem Auslaufen des Sondertopfs zur Modernisierung der Bundeswehr wäre eine solche gesetzliche Mindestquote hilfreich. Die erforderlichen Ausgaben sollten dann aus dem Kernhaushalt kommen.
Auch in der Bildung, besonders im frühkindlichen Bereich und in der Grundschule, bieten sich gesetzlich fixierte Mindestquoten an, so die Experten. Mindestausgaben pro Schüler könnten der Startpunkt einer Reform sein. Es brauche dann aber angemessene Quoten auf Länderebene, die den Großteil in der Bildung leisten. Eine bundesweite Koordinierung wäre sinnvoll, es brauche aber länderspezifische Festlegungen, um regionale Unterschiede zu berücksichtigen.
(Bericht von Christian Krämer, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)