Siemens setzt trotz flauer Wirtschaft auf Wachstum
Der Technologiekonzern Siemens hat sich trotz eines schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes für das neue Geschäftsjahr ein weiteres Wachstum auf die Fahnen geschrieben. Beitragen soll dazu insbesondere das Geschäft mit intelligenter Infrastruktur sowie die Zugsparte Mobility. Bauen kann Siemens dabei auf ein robustes Auftragsbuch. Viel wird davon abhängen, wann sich das zur Sparte Digital Industries gehörende Automatisierungsgeschäft erholt. Trotz der Schwäche des Bereichs erzielte Siemens im vergangenen Geschäftsjahr einen Rekordgewinn.
Der Aktienmarkt reagierte euphorisch auf die Aussagen. Die im Dax notierte Aktie sprang am Donnerstag bis zum späten Vormittag um mehr als acht Prozent an und erreichte ein Rekordhoch. Bernstein-Analyst Nicholas Green bezeichnete den Ausblick als solide und attestierte dem Technologiekonzern für das vergangene Geschäftsjahr eine starke Performance.
Das vierte Quartal war sehr robust und lag durch die Bank über den Erwartungen.
Siemens profitiere „von der anhaltend großen Nachfrage bei der Elektrifizierung, Mobilität und unseren industriellen Software-Angeboten", sagte Konzernchef Roland Busch auf der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in München. Im neuen Geschäftsjahr 2024/25 (per Ende September) soll der Umsatz auf vergleichbarer Basis um drei bis sieben Prozent steigen. Herausgerechnet sind Währungs- und Portfolioeffekte. Dabei sitzt Siemens auf einem Auftragsbestand von 113 Milliarden Euro.
Für das Geschäft mit der digitalen Industrie (DI) zeigte sich das Unternehmen vorsichtig und hält einen erneuten Umsatzrückgang für möglich. Im besten Fall dürfte lediglich ein leichtes Wachstum erreicht werden. Zuletzt kämpfte Siemens im Automatisierungsgeschäft mit einer mauen Nachfrage sowie hohen Lagerbeständen in Europa und insbesondere China. Dabei erwartet Siemens einen schwachen Jahresauftakt der Sparte und einen deutlichen Umsatzrückgang im ersten Geschäftsquartal. So werde der Abbau der Lagerbestände in China noch eine Weile dauern, sagte Finanzvorstand Ralf Thomas. Zu einer breiteren Erholung des Automatisierungsgeschäfts werde es erst später im Jahr kommen.
Um der Schwäche zu begegnen, will Siemens in dem Bereich bei den Kosten „nachschärfen". Dazu gehört auch der Abbau von Stellen - weltweit ist nach Angaben Buschs zufolge eine niedrige bis mittlere vierstellige Zahl an Jobs betroffen. Dabei sollen auch Mittel wie Umschulungen und der Wechsel auf andere Arbeitsplätze zum Einsatz kommen, erläuterte Busch und verwies auf tausende offene Stellen bei Siemens derzeit. Ob und wie Deutschland betroffen ist, ließ er zunächst offen.
Einen Wachstumsschub im industriellen Softwaregeschäft erhofft sich Busch künftig von der jüngst angekündigten milliardenschweren Übernahme des US-Unternehmens Altair. Der Zukauf, der für die zweite Hälfte des Kalenderjahres 2025 erwartet wird, soll sich zudem ab dem zweiten Jahr positiv auf das Ergebnis je Aktie vor bestimmten Kaufpreiseffekten auswirken.
Die Übernahme ist Teil eines neuen Wachstumsprogramms des Dax-Konzerns. „Beginnend mit dem Geschäftsjahr 2025 werden wir Siemens auf die nächste Stufe der Wertsteigerung heben", zeigte sich Busch zuversichtlich. Siemens werde zudem weiter in Forschung und Entwicklung sowie in Zukäufe investieren, um das Wachstum zu beschleunigen. Dabei hat das Unternehmen eine anhaltende finanzielle Stärke im Rücken. So betrug der freie Mittelzufluss im vergangenen Geschäftsjahr 9,5 Milliarden Euro.
Das Wachstum verlief 2023/24 dagegen eher mau. So stiegen die Erlöse um ein Prozent auf 75,9 Milliarden Euro. Vergleichbar lag das Plus bei drei Prozent. Dabei profitierte Siemens von den guten Geschäften bei Smart Infrastructure, während die Erlöse bei Digital Industries wegen der Probleme in der Automatisierung sanken.
Nach Steuern verdiente Siemens mit neun Milliarden Euro mehr als je zuvor. Im Vorjahr hatte Siemens 8,5 Milliarden Euro erzielt. Dazu beigetragen hat auch ein Gewinn aus der Übertragung von Anteilen an Siemens Energy an den eigenen Pensionsfonds. Das Ergebnis je Aktie vor bestimmten Kaufpreiseffekten (PPA) stieg von 9,93 Euro auf 10,54 Euro, was ebenfalls ein neuer Bestwert war. Herausgenommen ist dabei die Beteiligung an Siemens Energy , die nur noch als finanzieller Vermögenswert bilanziert wird. Damit erreichte Siemens seine selbst gesteckten Ziele.
Für 2024/25 erwartet Siemens das Ergebnis je Aktie vor PPA bei 10,40 bis 11,00 Euro. Nicht enthalten ist darin der Ertrag aus dem Verkauf der Tochter Innomotics, der Siemens einen Gewinn von voraussichtlich zwei Milliarden Euro nach Steuern in die Kassen spült und im ersten Quartal verbucht wird.
Die Aktionäre sollen nach dem Gewinnzuwachs im vergangenen Geschäftsjahr eine höhere Dividende von 5,20 Euro (Vorjahr 4,70) erhalten.