Europas Börsen schwunglos - Powell dämpft Zinshoffnungen

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Frankfurt (Reuters) - Die europäischen Aktienmärkte haben zum Wochenausklang eine Verschnaufpause eingelegt.

Der EuroStoxx50 notierte am Vormittag 0,2 Prozent schwächer bei 4822 Punkten. Der Dax trat bei 19.270 Punkten auf der Stelle, nachdem er sich dank starker Firmen-Bilanzen am Donnerstag über der psychologisch wichtigen Marke von 19.000 Zählern etabliert hatte. Damit habe sich auch das charttechnische Bild für den Gesamtmarkt wieder verbessert, sagte Stratege Jochen Stanzl von CMC Markets. "Die guten Ergebnisse von Siemens und Deutsche Telekom kamen gerade noch rechtzeitig, als sich Ermüdungserscheinungen an der Wall Street einstellten", sagte Stanzl. Die US-Börsen haben in den vergangenen vier Tagen nachgegeben.

Anleger an der Wall Street traten am Donnerstag auf die Bremse, nachdem US-Notenbankchef Jerome Powell die Erwartungen der Anleger an eine Zinssenkung im Dezember dämpfte. Powell sagte, es bestehe kein Grund für überstürzte Zinssenkungen, da die Wirtschaft weiterhin wachse, der Arbeitsmarkt stabil sei und die Inflation immer noch über der Zielmarke von zwei Prozent liege. Händler reagierten, indem sie ihre Wetten auf das Tempo und Ausmaß künftiger US-Zinssenkungen zurücknahmen. Der Fokus der Anleger dürfte sich am Nachmittag auf die US-Einzelhandelsumsätze richten. Der private Konsum gilt als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft.

CHINA TUT SICH WEITER SCHWER - ÖLPREISE UNTER DRUCK

Gemischte Konjunktursignale kamen aus China: Während die Industrieproduktion im Oktober langsamer als erwartet gewachsen ist, überraschten die Einzelhandelsumsätze positiv. Die Sorge vor einer schwächeren Nachfrage aus China belastete die Ölpreise. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee und US-Öl WTI fielen um je ein Prozent auf 71,80 und 67,96 Dollar je Barrel (159 Liter). Auf Wochensicht steht ein Verlust von rund drei Prozent bevor.

Der US-Dollar notierte etwas schwächer, steuerte aber mit einem Plus von 1,8 Prozent auf seinen größten Wochengewinn seit September zu. Der Euro lag 0,3 Prozent höher bei 1,0565 Dollar. Die EU-Kommission blickt etwas skeptischer auf die Wirtschaft im Euroraum und setzt erst 2026 auf eine spürbare Konjunkturerholung. Deutschland traut die Behörde 2025 ein BIP-Plus von 0,7 Prozent zu - dies wäre das geringste Wachstum aller Euro-Länder.

TECH-SEKTOR SCHWÄCHER - EVOTEC HEBEN NACH OFFERTE AB

Die Aussicht auf einen impfkritischen US-Gesundheitsminister ließ die Aktien europäischer Impfstoffhersteller einknicken. Der Gesundheitssektor-Index fiel um 2,3 Prozent. Aktien von Biontech rutschten in Frankfurt um 10,4 Prozent ab. Papiere von GSK und Astrazeneca verloren in London je 2,5 Prozent. Der designierte US-Präsident Donald Trump nominierte Robert F. Kennedy Jr., der eine strengere Prüfung von Impfstoffen fordert, für den Posten des Gesundheitsministers.

Im Technologiesektor trübte ein mauer Ausblick des US-Halbleiterausrüsters Applied Materials die Stimmung. Er prognostizierte für das erste Quartal einen Umsatz unter den Erwartungen, was Anleger als schleppende Nachfrage nach Chipmaschinen außerhalb von KI-Chips werteten. Die Aktien verloren im vorbörslichen US-Geschäft 6,5 Prozent. Europas Technologie-Index fiel um 1,6 Prozent.

Eine Übernahmeofferte zündete bei Evotec den Turbo. Das US-Unternehmen Halozyme Therapeutics will die Hamburger Biotech-Firma für etwa zwei Milliarden Euro übernehmen und bietet elf Euro je Anteilsschein. Evotec-Aktien schnellten im SDax um bis zu 23,1 Prozent auf 10,62 Euro nach oben.

Im Versicherungssektor stiegen die Titel von Generali um 5,5 Prozent. Italiens größter Versicherer hat trotz eines Millionen-Schadens aufgrund von Naturkatastrophen die Gewinnschätzungen für die ersten neun Monate übertroffen.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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