Insider - Bayer erwägt kompletten Verkaufsstopp von Glyphosat-Produkten in den USA

- von Patricia Weiss
Frankfurt (Reuters) - Im Ringen um ein Ende der Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten erwägt Bayer einen Ausstieg aus dem Geschäft mit dem Herbizid in den USA.
"Bayer könnte irgendwann an den Punkt kommen, an dem das Unternehmen gezwungen ist, den Verkauf des Produkts in den USA einzustellen", sagte eine mit der Sache vertraute Person am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Auch die Analysten von Jefferies nahmen dies nach eigenen Angaben als "zentrale Erkenntnis" aus einem Investoren-Treffen mit dem Unternehmen mit: "Ohne regulatorische Klarheit wird Bayer aus dem Geschäft aussteigen müssen. Bayer hat sich diesbezüglich gegenüber Gesetzgebern und Landwirtschaftsverbänden klar geäußert", schrieb Jefferies-Analyst Charlie Bentley nach dem Treffen in einer Kurzstudie. Der Pharma- und Agrarkonzern sei stark darauf fokussiert, die Klagewelle bis Ende 2026 zu lösen.
Bayer wollte das nicht kommentieren, verwies aber auf Aussagen von Vorstandschef Bill Anderson am Vortag zur Bilanzvorlage: "Wir prüfen jede Möglichkeit, diesen Rechtsstreit zu beenden", hatte er gesagt.
Bayer hatte sich 2018 mit der 63 Milliarden Dollar schweren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto eine Klagewelle wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Herbizids ins Haus geholt, die das Unternehmen seit Jahren schwer belastet. Ein Ausstieg aus dem Geschäft mit den glyphosathaltigen Unkrautvernichtern unter der Marke Roundup war bislang aber kein Thema. Lediglich der Verkauf an US-Privatkunden wurde 2023 gestoppt, da sie die überwiegende Mehrheit der Kläger stellten. Wesentlich wichtiger ist für Bayer das Geschäft mit der Landwirtschaft, das nun ebenfalls infrage steht.
Ein Ende der Rechtsstreitigkeiten ist nach wie vor nicht in Sicht. 2020 hatte Bayer zwar einen Großteil der damals anhängigen Roundup-Klagen gegen eine Zahlung von bis zu 9,6 Milliarden Dollar beigelegt, konnte aber keine Einigung zur Verhinderung künftiger Klagen erzielen. Die Zahl der angemeldeten Glyphosat-Klagen stieg zuletzt um rund 4000 auf etwa 181.000, für 67.000 Fälle stehen noch Einigungen aus.
UMSATZRÜCKGANG MIT GLYPHOSAT-PRODUKTEN
Anderson peilt für dieses Jahr "spürbare Fortschritte" bei der Eindämmung der Rechtsrisiken an und will sie bis Ende 2026 deutlich reduzieren. Ein erneuter Anlauf vor dem Supreme Court soll dabei helfen – 2022 war Bayer dort gescheitert. Der Konzern hofft zudem auf mehr regulatorische Klarheit bei der Kennzeichnung von Pflanzenschutzmitteln in den USA. Die Umweltbehörde EPA hatte entschieden, dass Glyphosat nicht krebserregend sei und Warnhinweise untersagt. Doch lokale Jurys kippten diese Einschätzung in mehreren Urteilen.
Ende 2024 hatte Bayer für die Glyphosat-Klagen Rückstellungen von 5,9 Milliarden Dollar gebildet. Die Vorwürfe gegen Glyphosat wies der Konzern stets zurück und betonte dessen Bedeutung für die US-Landwirtschaft als "systemkritisches Produkt". Bayer ist der einzige Hersteller des Breitbandherbizids in den USA, dort verkaufte Generika kommen vor allem aus China. Doch das war für Bayer zuletzt auch ein Problem, denn das Unternehmen litt unter hohem Preisdruck und Wertminderungen. 2024 schrumpfte der Umsatz mit glyphosathaltigen Produkten von Bayer um 7,5 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro.
Auch für 2025 erwartet der Konzern einen leichten Umsatzrückgang bei Glyphosat und kündigte am Mittwoch an, dass das Geschäft als eigenständig geführte Einheit neu aufgestellt wird. Auf die Frage, ob dies ein erster Schritt zu einem Verkauf sei, erklärte der Crop-Science-Vorstand, aktuell stehe die Optimierung des Geschäfts im Fokus. Man werde jedoch weiterhin alle strategischen Optionen prüfen.
(Bericht von Patricia Weiß, redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)