Europäischer Bankensektor stark unter Druck – Rating-Agentur Standard & Poor’s senkt Commerzbank auf „BBB+“
Sorgen der Rating-Agentur Standard & Poor’s (S&P) um Europas Banken in der Corona-Krise haben am Freitag die europäische Bankenbranche belastet. Der Stoxx 600 Bankensektor verlor 1,4 Prozent und zählte damit zu den größten Verlierern unter den Sektoren. Am deutschen Markt büßten Aktien der Deutschen Bank 4,5 Prozent ein und die der Commerzbank 3,1 Prozent.
S&P sieht schwarz für den Sektor
Der Konjunktureinbruch werde die Banken in den kommenden Quartalen schwer in Mitleidenschaft ziehen, hatte S&P am Vorabend gewarnt. Die Volkswirtschaften Europas stünden „vor nie zuvor dagewesenen Herausforderungen“. Die Gewinne, die Qualität der Anlagen und in einzelnen Fällen auch die Kapitalausstattung von Banken dürften sich daher verschlechtern.
Als Konsequenz senkte die Agentur für die Commerzbank die Bonitätsnote von „A-“ auf „BBB+“. Damit gilt das Geldhaus als Schuldner mittlerer Güte, rangiert aber nur noch knapp über dem spekulativen Status. Der Ausblick lautet „Negativ“. Für die Deutsche Ban als Schuldner hielt S&P das Rating zwar noch aufrecht, senkte den Ausblick aber von „Stabil“ auf „Negativ“. Oftmals folgt auf einen solchen Schritt später eine Abstufung des Ratings.
Institutionelle Investoren an den globalen Anleihemärkten orientieren sich bei ihren Investment-Entscheidungen an großen Rating-Agenturen wie Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch. Je schlechter deren Bonitätsnoten sind, desto teurer wird für die Emittenten tendenziell die Refinanzierung an den Kapitalmärkten.
Bei der Commerzbank gibt es viele Stolpersteine
Das mit der Corona-Krise verbundene erheblich verschlechterte Umfeld erschwere der Commerzbank die Umsetzung ihres mehrjährigen Umbauplans, begründete S&P die Abstufung. Die Analysten machten „zunehmende Risiken in den wichtigen Märkten“ der Bank aus. Erschwerend komme hinzu, dass der beabsichtigte Verkauf der polnischen Tochter mBank schwieriger geworden sei. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf will die Commerzbank ihren Umbau und die Digitalisierung des Geschäfts vorantreiben.
Den Umbau der Deutschen Bank sieht die Agentur hingegen „auf Kurs“. Das Management werde die Bankgeschäfte deutlich verbessern. Bis 2022 werde das Institut voraussichtlich wieder seine Kapitalkosten verdienen. Allerdings sagte die Agentur der Bank zugleich „erheblichen zusätzlichen Stress bei den Erträgen und der Qualität der Kapitalanlagen“ voraus.
Neben den Änderungen bei den beiden großen deutschen Banken senkte S&P auch den Ausblick für den Finanzdienstleister Grenke von „Stabil“ auf „Negativ“. Die rapide Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in den vergangenen Wochen könne dessen Kreditwürdigkeit verschlechtern. Der Aktienkurs von Grenke reagierte darauf aber nur mit leichten Verlusten.
Anders die Aktienkurse weiterer Großbanken in Europa, für die Standard & Poor’s am Vorabend den Daumen gesenkt hatte: Für Credit Agricole, BNP Paribas und ING ging es zwischen 4,6 und 6,7 Prozent abwärts. Deutlich geringer waren die Kursverluste der britischen Geldhäuser Royal Bank of Scotland, Lloyds und Barclays. Für alle diese Titel reduzierte die Agentur den Ausblick auf „Negativ“.
onvista/dpa-AFX
Titelfoto: Photobank gallery / Shutterstock.com
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