FREENET IM FOKUS: Eher maue Leistung, hohe Dividende
BÜDELSDORF (dpa-AFX) - Mit einem schwachen Schlussquartal hat der Telekommunikationsanbieter Freenet das Corona-Jahr 2020 abgeschlossen und traut sich auch im laufenden Jahr noch nicht wirklich viel zu. Darüber hinweg sehen aber wohl die Aktionäre, die es vor allem auf die hohen Dividenden abgesehen haben. Was bei Freenet los ist, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.
DAS IST LOS BEI FREENET:
Der Freenet-Konzern hat sich mit leichten Schrammen vom Corona-Jahr 2020 verabschiedet. Entsprechend vorsichtig geht das Unternehmen nun an das laufende Jahr heran: So will es sein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) im Durchschnitt halten und beim bereinigten Mittelzufluss eine Schippe drauflegen. Analysten werteten den Ausblick als enttäuschend.
Der Mobilfunk-Anbieter ohne eigenes Netz peilt für 2021 ein Ebitda von 415 bis 435 Millionen Euro an. Der Vorjahreswert lag in etwa in der Mitte der genannten Zahlen. Dabei vertraut das Management darauf, dass der Umsatz aus dem Segment TV und Medien weiterhin wächst und sich die Mobilfunkerlöse zumindest "stabil" entwickeln. Beim um Sondereffekte bereinigten Mittelzufluss will Freenet etwas besser werden und strebt nach 201,3 Millionen Euro im abgelaufenen Jahr nun einen Wert zwischen 200 und 220 Millionen Euro an. Warum der Ausblick so verhalten ist, dazu äußerte sich Freenet bislang nicht.
Ohnehin hatten die Erlöse aus dem Mobilfunksegment im Corona-Jahr leicht abgenommen. Besonders stark war der Einschnitt in den letzten drei Monaten des Jahres, als der Umsatz um fast fünf Prozent einknickte. Dennoch meint das Management, die Pandemie "erfolgreich überstanden" zu haben.
Im Vertragskundengeschäft fehlen allerdings Erlöse, etwa weil Menschen nach wie vor weniger Reisen und somit Einnahmen aus dem internationalen Roaming-Geschäft fehlen. Dadurch fiel auch der durchschnittliche Umsatz pro Kunde. Zudem belasten immer wieder verordnete Lockdowns das Geschäft vor Ort, weil dadurch schwieriger Hardware vertrieben werden kann.
Deutlich erfreulicher lief es dagegen im Segment TV und Medien, bei dem Freenet nicht nur bei Umsatz und Ebitda punkten konnte: Die Streamingplattform waipu.tv konnte um starke 40 Prozent zulegen, während die Zahl der Abonnenten von Freenet TV um gut ein Zehntel einbrach.
Von den neuesten Zahlen will sich der Vorstand allerdings nicht irritieren lassen: Stattdessen will er die Unternehmensaktionäre mit einer attraktiven Ausschüttungspolitik bei Laune halten. Für das vergangene Jahr will Freenet 1,50 Euro als reguläre Dividende sowie eine Sonderdividende von 15 Cent auszahlen. Das ist eine immense Steigerung, nachdem das Unternehmen im Corona-Jahr nur 4 Cent als verpflichtende Mindestdividende ausgeschüttet hatte. Die übliche Dividende hatte Freenet wegen befürchteter Refinanzierungsprobleme durch die Corona-Krise damals gestrichen.
Einen Teil davon will das Management mit den Geldern aus dem Verkauf der Anteile am schweizerischen Telekommunikationsanbieter Sunrise stemmen. Insgesamt war das Aktienpaket rund 1,2 Milliarden Schweizer Franken (1,09 Milliarden Euro) in bar schwer. Mehr als die Hälfte davon kam dem Schuldenabbau zugute - das ist aber gut ein Viertel weniger, als zuvor angepeilt.
Und wenn es nach Freenet-Finanzvorstand Ingo Arnold geht, sollen die 1,50 Euro Dividende erst ein Vorgeschmack sein. Im Interview mit der Börsen-Zeitung (Samstag) pries er "die Möglichkeit einer hohen Ausschüttung je Anteilschein auch in der Zukunft" an. Weil die Zahl der Papiere durch den laufenden Aktienrückkauf sinke, gehe er davon aus, dass "eine zum Jahr 2020 vergleichbar hohe Dividende je Aktie auch ohne den Mittelzufluss von Sunrise zu leisten sein wird".
Unterdessen trennte sich der größte Freenet-Einzelaktionär Flossbach von Storch erst am Freitag von knapp einem Drittel seines Aktienpaketes und reduzierte seine Beteiligung auf unter 10 Prozent.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN
Von den neun im dpa-AFX-Analyser seit der letzten Quartalsbilanz erfassten Experten raten derzeit fünf zum Kauf von Freenet-Aktien, drei plädieren zum Halten und einer empfiehlt, die Scheine abzustoßen. Das durchschnittliche Ziel von 21,35 Euro hat die Aktie bereits überholt.
Unentschlossen zeigte sich zuletzt etwa der Analyst Polo Tang von der schweizerischen Großbank UBS, der vor allem die schwache Performance des Mobilfunkanbieters im vierten Quartal betonte. Der Ausblick auf Umsatz und operatives Ergebnis (Ebitda) für das laufende Jahr sei hingegen stabil.
Auch sein Kollege Jonas Blum vom Analysehaus Warburg Research kritisierte die schwache Leistung im Schlussquartal. Allerdings bleibe die Dividendenrendite attraktiv.
Diese bewegt den Analysten Titus Krahn von der britischen Investmentbank Barclays dazu, bei seiner Kaufempfehlung zu bleiben: Er sieht das Telekommunikationsunternehmen in einer guten Position für einen nachhaltig starken Mittelzufluss, sodass der Investmentansatz attraktiver geworden sei. Zudem sei Freenet gut aufgestellt für stabile Mittelzuflüsse und habe mittelfristige Chancen sowohl im TV als auch im Mobilfunkbereich.
Andrew Lee von der US-Investmentbank Goldman Sachs sieht das anders: So senkte der Experte zuletzt erst seine Schätzungen für den freien Barmittelzufluss und das Ergebnis je Aktie bis 2023. Sein Rat: Trennt euch von Freenet-Aktien.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Aktionäre von Freenet könnten mit der Kursentwicklung zufrieden sein - zumindest in diesem Jahr. Seit Ende 2020 konnte das Papier um fast ein Fünftel zulegen und gehört damit zu den besten Werten im europäischen Branchenindex Stoxx 600 Telecommunications .
Auch seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich das Papier besser entwickelt als diejenigen der meisten Konkurrenten. So gab der Kurs seit Ende 2019 kaum nach, während der Branchenindex um rund sieben Prozent nachgab.
Mittelfristig gesehen steht es dagegen schlechter um die Aktie: Seit Anfang 2018 ging es um fast 40 Prozent nach unten. Mit einem Kursniveau von derzeit rund 20 Euro liegt das Papier damit deutlich unter dem damaligen Niveau von mehr als 30 Euro.
Die Freenet AG ist seit März 2007 an der Börse notiert. Das Unternehmen ist aus einer Fusion von Mobilcom, einem der einstigen und später abgestürzten Höhenflieger des Neuen Markts, und Freenet.de hervorgegangen. Seit dem erstmals festgestelltem Kurs von 20,50 Euro hat sich das Papier unter dem Strich kaum bewegt, auch wenn die Ausschläge zwischen dem Tief von 2,78 Euro Ende 2008 und dem Rekordhoch von 33,105 Euro aus dem Sommer 2015 hoch waren. Für die Renditebetrachtung müssen allerdings auch die über die Jahre gezahlten Dividenden einkalkuliert werden.
Mit einer Marktkapitalisierung von 2,6 Milliarden Euro ist der Mobilfunkprovider ein eher kleiner Vertreter der Branche. So kommt zum Beispiel United Internet mit dem Mobilfunkanbieter 1&1 Drillisch auf 6,5 Milliarden Euro oder Telefonica Deutschland auf 7,3 Milliarden Euro. Die international aktiven Konzerne Vodafone und Deutsche Telekom spielen mit umgerechnet 44 Milliarden Euro beziehungsweise 78 Milliarden Euro in einer anderen Liga./ngu/knd/he/zb/mis