Gamestop: Eine neue Aktie im Bann des Spekulationswahnsinns
Dass die Börsen spätestens seit dem Corona-Crash zumindest teilweise mehr den Charakter einer Lotterie denn einer Investmentumgebung angenommen haben, ist kein Geheimnis mehr. Der raketenhafte, definitiv nur teilweise durch die fundamentalen Grundlagen erklärbare Aufstieg der Tesla-Aktie, oder auch der wilde Ritt der Kodak-Aktie von vor ein paar Monaten sind hier nur zwei von vielen Beispielen.
Jetzt steht eine weitere Aktie im Fokus wilder Spekulationen auf beiden Seiten. Die Aktie des Videospiel-Händlers Gamestop ist seit längerem ein Ziel von Shortsellern, denn viele Marktbeobachter sehen das Unternehmen aufgrund der Entwicklung des Videospielemarktes in einer fast ausweglosen Situation. Der Trend geht definitiv dahin, dass Spiele ausschließlich noch online über Plattformen verschiedener Anbieter erworben werden und der Gang in Geschäfte wie die von Gamestop bald komplett der Vergangenheit angehören. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung nur noch verschärft. Daher sind die Argumente der Shortseller klar.
Doch jetzt hat sich auf dem Forum Reddit und auf anderen Social-Media-Kanälen eine große Gruppe privater Trader zusammengefunden und ist durch den kollektiven Einsteig in die Aktie gegen die Shortseller vorgegangen. Das hat zum einen natürlich zu deutlichen Kursanstiegen geführt, zum anderen jedoch auch dazu, dass die Shortseller gezwungen waren ihre Verluste zu begrenzen und Aktien zurückzukaufen. Das hat zu einem Shortsqueeze und zu wahren Kurskapriolen geführt. Auf ein Jahr gesehen ist die Aktie um gigantische 1500 Prozent gestiegen, nachdem sie vorher jahrelang unter wachsendem Druck gestanden hatte. Alleine in den letzten drei Monaten beträgt das Kursplus über 430 Prozent.
Es gibt zwar auch fundamentale Argumente dafür, dass Gamestop vielleicht doch noch eine wirtschaftliche Daseinsberechtigung hat. Im September letzten Jahres ist Ryan Cohen, der Mitbegründer des Online-Tiernahrungshändlers Chewy, in das Unternehmen eingestiegen und hat Hoffnungen geweckt, das Geschäftsmodell mit einer E-Commerce-Lösung wieder konkurrenzfähig zu machen. Jedoch reicht das nicht im mindesten als Grund für die derzeitige Bewertung der Aktie aus, die rein aus dem Spekulationswahnsinn heraus hochgeschossen ist, der zwischen der losen Gruppierung der Retail-Trader und der Shortseller stattfindet.
Am Markt werden die in letzter Zeit häufiger gewordenen spekulativen Handelsaktivitäten bei bestimmten Einzelwerten vor allem der Gruppe neu in den Markt gekommener, meist junger Anleger und Tradern zugesprochen – oft unter der Bezeichnung Robinhood-Trader, da viele die Plattform des US-Brokers aufgrund des Angebots kostenloser Trades nutzen. Dabei soll der Anteil des Handels, der auf diese Gruppe von Tradern zurückgeht, laut diversen US-Medienberichten vor allem im letzten Jahr immer größer geworden sein und mittlerweile gut ein Fünftel des gesamten US-Börsenhandels ausmachen.
onvista-Redaktion
Titelfoto: Bern James / Shutterstock.com
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