onvista-Investment-Idee: Bitcoin – das große Jahresupdate – lohnt sich ein Einstieg noch?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Heute vor genau einem Jahr ist die ursprüngliche Investment-Empfehlung für die Kryptowährung Bitcoin auf onvista veröffentlicht worden. Ein guter Zeitpunkt also, um ein erstes Zwischenfazit zu ziehen und sich anzuschauen, wie sich die fundamentale Lage für Bitcoin verändert hat und wie die Chancen und Risiken jetzt aussehen.

Zuerst noch einmal der Hinweis auf zwei Artikel, die weiterführende Informationen für neue Leser bereithalten. Zum einen ein genereller Einführungsartikel, in dem beschrieben wird, was Bitcoin überhaupt ist und wie die Kryptowährung funktioniert. Zum anderen hier der Link zum Original-Artikel der Empfehlung, in der im Detail auf die Chancen und Risiken eines Investments in Bitcoin eingegangen wird.

onvista-Investment-Idee: Bitcoin - darum gehört die Kryptowährung ins Portfolio

Was ist Bitcoin - eine Einführung

Ein Blick auf die Performance

Bei Veröffentlichung im Januar stand der Kurs des Bitcoin im Bereich von etwa 7.500 Dollar. Seitdem konnte die Kryptowährung enorme Kurszuwächse verbuchen, unterbrochen von dem Corona-Crash im März, der die Finanzmärkte weltweit in einer so noch nie dagewesenen Geschwindigkeit hat einbrechen lassen. Auch Bitcoin ist von gut 9.000 Dollar im Tief bis auf 3.500 Dollar gecrasht, der krasseste Tageskursverlust lag dabei bei über 50 Prozent. Genau wie die Aktienmärkte konnte die Kryptowährung sich jedoch erstaunlich schnell wieder erholen und notierte bereits im Mai wieder bei einem Wert von 10.000 Dollar.

Im Mai hat zudem ein Schlüsselereignis stattgefunden, das sogenannte „Halving“ bei dem die durch den Bitcoin zugrunde liegenden Programmcode definierte Menge an neu erzeugten Bitcoin-Einheiten halbiert worden ist. Es war das dritte Halving dieser Art seit der Inbetriebnahme der Bitcoin-Blockchain im Jahr 2009. Die neu erzeugte  Menge an Bitcoin ist im Mai 2020 von vorher 12.5 auf 6.25 BTC halbiert worden. Dieses Ereignis findet - durch das Protokoll so festgelegt und unveränderlich - alle 4 Jahre statt und definiert gleichzeitig die Obergrenze an jemals existierenden Bitcoin auf knapp 21 Millionen Einheiten.

Nach dem Halving war der Preis kurzfristig von enormer Volatilität bestimmt, hat sich jedoch langfristig oberhalb des Bereichs von 10.000 Dollar festgesetzt, um dann im letzten Quartal des Jahres 2020 erneut in einen Bullenzyklus überzugehen, wie man ihn vorher bereits in den Jahren 2013 und 2017 beobachten konnte. Stand heute notiert Bitcoin bei knapp 35.000 Dollar. Auf Jahressicht und seit der Veröffentlichung der Empfehlung macht das ein Plus von gut 360 Prozent.

Woher kommt der enorme Preisschub?

Da Bitcoin das Konzept eines dezentralen, digitalen Bezahlsystems darstellt - wenn auch nicht für den alltäglichen Bereich brauchbar, so doch für größere Transaktionen und als unabhängiger, deflationärer Wertspeicher - muss man Bitcoin als Makro-Asset betrachten, also auf einer Ebene mit Aktien, Immobilien, Anleihen, Rohstoffen usw. Der Vergleich mit Einzelwerten macht keinen Sinn.

Das Finanzsystem hat ein Problem

Daher muss man für die Erklärung des enormen Preisschubes einen Blick auf die übergeordnete Lage der Weltwirtschaft und der Finanzpolitik werfen. Bereits vor der dieses Jahr ausgebrochenen Corona-Krise waren die Finanzmärkte in einer instabilen Lage. Nicht nur die seit einigen Jahren stärker werdenden politischen Unruhen zwischen China und den USA, die potenziell ein großes Risiko für die Weltwirtschaft und das Finanzsystem darstellen, sondern auch die Finanzkrise, die 2008 die Märkte erschüttert hat, haben ein Umfeld geschaffen, dessen langfristige Folgen bisher kaum zu prognostizieren sind. Das von den Zentralbanken geschaffene Nullzinsumfeld hat die Finanzmärkte in ein künstliches Stadium versetzt, von dem niemand weiß, wie man sie dort wieder herausholen kann, geschweige denn, was für langfristige Probleme daraus noch entstehen können. Inflation ist eine der großen Gefahren und könnte potenziell dafür sorgen, dass die staatlichen Währungen kollabieren oder zumindest extrem in ihrer Funktionalität eingeschränkt werden. Die extremen Kurszuwächse innerhalb der Aktienmärkte und weiter steigende Immobilienpreise könnte man bereits als Teil dieser durch den Gelddruck der Zentralbanken verursachten Inflation ansehen, da die Bewertung der Unternehmen und ihre tatsächliche Wertschöpfung teilweise extrem weit auseinandergehen. Auch die natürliche Ordnung der Wirtschaft sehen einige durch dieses künstliche Umfeld bedroht, da mit den Maßnahmen auch Firmen finanziert werden, die in einem auf sich allein gestellten Markt nicht bestehen würden - Stichwort „Zombiefirmen“. Die große Frage ist, ob die Märkte unter der derzeitigen Finanzstruktur jemals wieder ohne die lebenserhaltenden Maßnahmen der Notenbanken funktionieren können.

Es ist also logisch, dass nach alternativen Wertspeichern gesucht wird, um sich vor diesen potenziellen Risiken abzusichern. Bei Gold, einem der ältesten Wertspeicher der Geschichte, hat man das gestiegene Bedürfnis danach bereits anhand der Preissteigerung bemerkt und auch Bitcoin spielt mehr und mehr eine zentrale Rolle als alternativer Wertspeicher. Die ausgebrochene Coronakrise und die noch einmal massiv erweiterten fiskalischen Maßnahmen der Notenbanken und Regierungen beschleunigen diese Vorgänge erheblich und mehren die Sorgen vor den daraus resultierenden Gefahren.

Der institutionelle Sektor ist auf Bitcoin aufmerksam geworden

Vor diesem Hintergrund ist es also gar nicht so verwunderlich, dass nun auch institutionelle Investoren auf Bitcoin aufmerksam geworden sind, da sie nach einer Möglichkeit suchen, den Wert ihres Kapitals zu bewahren. Beim letzten bullischen Zyklus, in dem Bitcoin kurzzeitig bis auf 20.000 Dollar gestiegen und weltbekannt geworden ist, hat diese Investorenklasse noch keine große Rolle gespielt. Die Größenordnung des Sektors war einfach noch zu klein, unbedeutend und risikoreich, um interessant zu sein.

In dem nun losgetretenen Zyklus sieht dies definitiv anders aus, da Bitcoin erneut entgegen der Erwartung vieler Marktbeobachter zwei Jahre Bärenmarkt mit einem zwischenzeitlichen Kursverlust von 80 Prozent überstanden hat. Auch die dahintersteckende Blockchain-Technologie ist weiter gereift und hat einen mittlerweile ernstzunehmenden Sektor hervorgebracht, in dem an der Finanzwelt von morgen gearbeitet wird, der Lösungen für die heutigen Probleme liefern möchte - und das Potenzial hat, diese auch umzusetzen.

Während Privatinvestoren nach dem letzten großen Hype von 2017 sich noch von Bitcoin fern halten, hat die Kryptowährung unter professionellen Investoren also einen hohen Grad an Attraktivität erreicht, sowohl als reiner Wertspeicher, als auch als Chance für Kurszuwächse. Die prominentesten Investments waren dabei die des US-Unternehmens MicroStrategy, das mittlerweile Bitcoin im Wert von über einer Milliarde Dollar hält, sowie von Square, einem der größten US-Payment-Unternehmen unter der Leitung von Jack Dorsey, dem Gründer von Twitter und einem großen Bitcoin-Befürworter. Begeisterung hat zudem die Aufnahme von Bitcoin als Zahlungsmittel durch den US-Payment-Dienstleister Paypal ausgelöst. Paypal hat mehrere hundert Millionen Kunden auf der ganzen Welt und verschafft somit durch die Integration auf einen Schlag einer Unmenge an neuen Nutzern Zugang zu der Kryptowährung.

Auch das generelle Sentiment innerhalb der Finanzwelt hat sich in Bezug auf Bitcoin geändert. Früher noch als Spekulationsobjekt und Werkzeug für Kriminelle verteufelt, wechseln nun immer mehr Analysten und Marktbeobachter die Seiten und bewerten Bitcoin als ernstzunehmende Assetklasse, darunter Analysten von JPMorgan, Goldman Sachs und Bloomberg. Die Kursprognosen sind dabei mittlerweile ähnlich optimistisch wie die aus dem Krypto-Sektor selbst und gehen bis hin zu einem sechsstelligen Preisziel.

Das Stock-to-Flow-Modell

Ein weiterer Aspekt, der bei der Preisanalyse von Bitcoin nicht außer Acht gelassen werden sollte, ist das 2019 populär gewordene Stock-to-Flow-Modell, dass die Seltenheit eines Assets durch den Vergleich des Bestands und der Neuerzeugung eines Guts bewertet. Vorher wurde dieses Modell vor allem bei Edelmetallen mit monetärem Charakter verwendet, wie beispielsweise Gold oder Silber, doch der anonym gebliebene Twitter-Account „PlanB“, der nach eigener Aussage zu einem professionellen Vermögensverwalter gehört, hat dieses Modell auf Bitcoin umgeschichtet, da sich die durch die Blockchain genau festgelegte Neuerzeugung von Bitcoin exzellent eignet, um preislich mit diesem Modell dargestellt zu werden.

Eine detaillierte Erklärung des Modells finden Sie in diesem Artikel: Stock-to-Flow-Ratio für Bitcoin und Gold erklärt

Populär geworden ist dieses Modell bereits vor zwei Jahren, da es beeindruckend genau den bisherigen Preisverlauf von Bitcoin abgebildet und die zwei zurückliegenden bullischen Zyklen von 2013 und 2017 im Grunde punktgenau getroffen hat. Und auch jetzt befindet sich die Preisfindung sehr genau innerhalb der Prognosen dieses Modells.

Quelle: digitalik.net


Bitcoin ist zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle

Die obigen Punkte zusammengefasst kann man sagen, dass Bitcoin derzeit eine Antwort auf viele der Probleme in der Finanzwelt bietet und seit seiner Entstehung aus der Finanzkrise 2008 mittlerweile genug gereift ist, um als das herzuhalten, was er sein soll: ein unabhängiger und stabiler Wertspeicher. Die derzeitige Preisentwicklung bestätigt das und zeigt, dass immer mehr Investoren vom Wert der Kryptowährung überzeugt sind.

Wie sehen die Risiken aus?

Dennoch ist kein Investment frei von Risiken, das gilt ebenso für Bitcoin. Auf technischer Ebene lässt sich kein richtiges Risiko ausmachen. In der Theorie gibt es natürlich Möglichkeiten wie die Bitcoin-Blockchain kompromittiert oder zerstört werden kann, doch diese Szenarien sind so abwegig und technisch komplex, dass eine genauere Erläuterung an dieser Stelle den Rahmen sprengen würde. Daher muss hier auf die eigene Recherche verwiesen werden. Stichwort dafür ist eine „51-Prozent-Attacke“ auf eine Blockchain, sowie der Einführungsartikel, wie eine Blockchain funktioniert.

Auf anderen Ebenen gibt es jedoch sehr wohl Risiken. Das größte Risiko besteht wohl in einer möglichen Regulierung seitens eines wirtschaftlich global relevanten Landes. Eine technische Abschaltung oder das Verhindern von Transaktionen direkt von Wallet zu Wallet sind zwar kaum machbar, jedoch könnten durch Regulation die Handels- und Verwahrungsmöglichkeiten massiv eingeschränkt werden, da zumindest die hinter diesen Dienstleistungen steckenden Unternehmen durch neue Gesetze gebunden werden könnten.

Sollten große Handelsplätze aufgrund von Verboten oder anderweitigen Gesetzen eingeschränkt werden, könnte das der weiteren Adaption kurz- und mittelfristig massiv schaden und einen enormen Preisdruck auslösen. Auch Gesetze zur Kapital-Annahmeverboten von Wallets mit nicht eindeutig feststellbarer Identität, wie es in den USA bereits diskutiert wird, könnten in Zukunft für Probleme sorgen. Doch solche Dinge lassen sich ebenfalls durch die Möglichkeiten einer Blockchain mit den Gesetzen zur eindeutigen Nutzer-Registrierung beheben, da es auch möglich ist, Identitäten einwandfrei nachweisbar und digital auf einer Blockchain abzubilden.

Auf lange Sicht müssen wohl Kompromisse zwischen dem maximal dezentral gestalteten Konzept einer Blockchain und den gängigen Gesetzen der einzelnen Regierungen gefunden werden, die eine eindeutige Identifikation und Zuordnung von Kapital verlangen.

Ein komplettes Verbot ist derzeit aufgrund der vergleichsweise immer noch geringen Größe des Krypto-Sektors eher unwahrscheinlich. Bisher sind Bitcoin und Co immer noch zu unbedeutend für weitreichende Maßnahmen. Das kann man sich verdeutlichen, wenn man sich die Marktkapitalisierung anschaut. Bitcoin ist mit einer Marktkapitalisierung von nun mehr als 500 Milliarden Dollar zwar gewaltig gewachsen, jedoch im internationalen Vergleich immer noch ein Fliegengewicht. Selbst Gold, das oft mit Bitcoin verglichen wird, hat mit mehreren Billionen Dollar eine zigfach größere Marktkapitalisierung als Bitcoin. Es gibt zudem selbst Einzelunternehmen wie Apple, Microsoft und Co, die mit Marktkapitalisierungen von über einer Billionen Dollar mehr als doppelt so groß sind. Regulierungen und ein Konkurrenzkampf zwischen dezentralen, autonomen Währungssystemen wie Bitcoin und den staatlichen Geldsystemen werden irgendwann mit großer Sicherheit wichtig werden, doch das wird voraussichtlich noch einige Jahre dauern und der Ausgang ist zum jetzigen Zeitpunkt noch vollkommen offen.

++ Fazit - lohnt sich ein Investment noch oder ist der Zug abgefahren? ++

Ein Investment lohnt sich anhand der dargelegten Argumente definitiv auch jetzt, den Bitcoin ist für die Ambitionen, die hinter seinem Konzept stehen, immer noch recht am Anfang, auch wenn die bisherige preisliche Entwicklung beeindruckend aussieht.

Zur besseren Realisierung lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. Der Anstieg von einem Dollar auf tausend Dollar pro Bitcoin sah früher genauso unwahrscheinlich aus, wie der letzte von 1000 auf 10.000 oder gar der von 10.000 auf 30.000 Dollar. Der einzige Unterschied mag sein, dass Wertsteigerungen von 100x vielleicht der Vergangenheit angehören. Dafür hat Bitcoin aufgrund seines Reifeprozesses und seiner heute erkämpften Stellung auch wesentlich mehr Sicherheit zu bieten und trotzdem noch großes Potenzial als ein Investment. Man sollte dementsprechend weniger auf den Preis, als viel mehr auf die Marktkapitalisierung schauen.

Am Ende wird immer die Frage nach einem Preisziel gestellt. Bei einem Makro-Asset wie Bitcoin, dessen Ambitionen extrem groß sind, ist das schwierig zu benennen. Wenn man das Stock-to-Flow-Modell, das wachsende Interesse der institutionellen Investoren und die derzeitige fundamentale wirtschaftliche Lage als Fixpunkt nimmt, dann ist ein sechsstelliger Kurs in den nächsten zwei Jahren jedoch ein realistisches Ziel.

Von Alexander Mayer

Offenlegung: Alexander Mayer ist in Bitcoin investiert

Titelfoto: Yuri Shebalius / Shutterstock.com

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