Schadenersatz für Wirecard-Aktionäre: Geld zurück dank Klage? Worauf es ankommt

Viele Fans von Wirecard waren überzeugt, dass die ständigen Angriffe gegen das Management irgendwann im Sande verlaufen würden und die einst so fulminant steigende Wirecard-Aktie wieder auf ihren Wachstumspfad zurückfinden würde. Diese Hoffnungen haben nun einen heftigen Dämpfer bekommen. Manch ein geprellter Aktionär dürfte sich jetzt überlegen, ob es auf dem Klageweg Möglichkeiten gibt, sich zumindest einen Teil der Verluste zurückzuholen. Hier ist alles, was wir bisher dazu wissen.
Um was es bei Aktionärsklagen gehtDie allermeisten Kurseinbrüche geben keine Ansatzpunkte für Aktionärsklagen und Schadenersatz. Dass Aktien schwanken und Unternehmen gelegentlich in eine Krise schlittern, fällt unter das allgemeine Anlagerisiko, das Aktionäre tragen müssen. Bei der Pleite von Air Berlin war zum Beispiel nichts zu machen.
Zudem ist festzustellen, dass es nicht die juristische Person - die Aktiengesellschaft - ist, die die Aktionäre geschädigt hat. Von ihr kann man daher nichts erwarten. Es wäre schließlich ungerecht, wenn einzelne Aktionäre sich eine Entschädigung erklagen könnten, auf Kosten der restlichen nicht klagenden Aktionäre. Vielmehr sitzt die Gesellschaft mit den Aktionären in einem Boot und ist daher gegebenenfalls selbst als Betrugsopfer zu betrachten.
Sowohl die mögliche Regressklage der Aktiengesellschaft als auch zivilrechtliche Aktionärsklagen richten sich folglich gegen natürliche Personen, die Teil der Organe der Aktiengesellschaft sind, insbesondere Vorstände oder Aufsichtsräte. Ihnen muss ein konkretes Fehlverhalten nachgewiesen werden, also eine grobe Verletzung der Sorgfaltspflichten oder gar bewusst betrügerisches Verhalten. Gleichzeitig muss der klagende Aktionär belegen, dass seine Kaufentscheidung davon beeinflusst wurde; dass er also nicht gekauft hätte, wenn er die Wahrheit gekannt hätte.
Beim Präzedenzfall Infomatec ging es zum Beispiel um aufgeblasene Ad-hoc-Meldungen, die nicht vorhandene Vertriebserfolge vortäuschten. Einzelne Anleger konnten sich nach Jahren über einen Schadensersatz freuen, der von den verantwortlichen Managern bezahlt werden musste. Bei Steinhoff International wiederum sucht das neue Management seit Längerem nach Möglichkeiten, um die für den Bilanzbetrug verantwortlichen Akteure zur Rechenschaft zu ziehen und somit etwas Geld in die klammen Kassen der Holding zu spülen. Im Erfolgsfall würde dies allen Aktionären und Gläubigern zugutekommen.
Wie die Chancen bei Wirecard stehenBei Wirecard wurden wohl zumindest die Strukturen zur Kontrolle der Rechtstreue sträflich vernachlässigt vom Management. Auch der Vorwurf des Betrugs steht nun im Raum. Im Fadenkreuz steht der Gründer und Chef Markus Braun.
Vor einer Klage würde ich mich als geschädigter Aktionäre vergewissern, ob bei der Zielperson überhaupt etwas zu holen ist. Falls diese über kein Vermögen verfügt oder sich gar in Privatinsolvenz befindet, lohnt sich der Aufwand höchstens, wenn es „um das Prinzip“ geht.
Bei Markus Braun muss man sich aber wohl keine Sorgen machen. Als Großaktionär von Wirecard ist er zu einem reichen Mann geworden. Noch Ende 2017 hat er über die Verpfändung von über seine Beteiligungsgesellschaft gehaltenen Aktien einen dreistelligen Millionenbetrag erlöst.
Zwar kann man heute nicht mehr ausschließen, dass er damit halsbrecherische Geschäfte betrieben hat und somit in finanziellen Schwierigkeiten steckt, aber dazu gibt es keine Hinweise. Zudem ist daran zu denken, dass Wirecard eine so genannte D&O-Versicherung für seine Aufsichtsräte und Manager abschließt, die bei Sorgfaltsverletzungen einspringt, sodass für Markus Braun wohl nur der im Aktiengesetz definierte Eigenbehalt von 10 % verbleiben würde.
Zu beachten ist dabei, dass D&O-Versicherungen auf jeden Fall für die Beistellung eines spezialisierten und hochbezahlten Rechtsanwalts sorgen, die sich mit allen Mitteln dafür einsetzen, Aktionärsklagen abzuwehren.
Was jetzt zu tun istDas Chancen-Risiko-Verhältnis bei Aktionärsklagen ist folglich in vielen Fällen nicht gerade günstig. Als Kleinanleger steht man einem Topanwalt gegenüber und muss belegen, dass die persönlichen Kursverluste maßgeblich mit dem im Raum stehenden Fehlverhalten zusammenhängen. Eine Rolle wird auch spielen, dass bereits seit Jahren öffentlich groß und breit diskutiert wird, ob bei Wirecard alles mit rechten Dingen zugeht. Auf völlige Unwissenheit können sich geprellte Anleger daher kaum berufen.
Es könnte daher durchaus sein, dass man zunächst eine Menge Ärger hat, um den Prozess zum Laufen zu bringen, und sich hinterher mit happigen Prozesskosten konfrontiert sieht. Schlauer ist es daher wahrscheinlich, nach Möglichkeiten Ausschau zu halten, sich einem Musterprozess anzuschließen. Über diesen Weg erhält man die notwendigen Informationen, um einschätzen zu können, ob der eigene Fall gute Erfolgsaussichten hat.
Bei einer regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren besteht keine Eile. Ich würde zunächst einen Ordner mit Belegen für eine etwaige spätere Beweisführung zusammenstellen und dann in Ruhe beobachten, wie die Profis damit umgehen. Daneben gelingt es dem Unternehmen Wirecard im besten Fall, diese schwierige Phase zu überstehen, sich anschließend wieder auf das Geschäft zu konzentrieren und gleichzeitig die verantwortlichen Manager in Regress zu nehmen. Vielleicht kommen Aktionäre dann doch noch mit einem blauen Auge davon. Darauf verlassen würde ich mich jedoch nicht.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
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