Stopp – bloß nicht investieren!

HANDELSBLATT · Uhr (aktualisiert: Uhr)

Die Gerbermühle in Frankfurt ist Literaturgeschichte: Goethe feierte hier seinen 66. Geburtstag; „wir aber wollen nach der Mühle wandern“, ließ er einen Osterspaziergänger im „Faust“ sagen.

Heute locken hier ein edles Restaurant, ein Sommergarten unter Kastanienbäumen und ein kleines Hotel Gäste an. Goethe, die Nähe zum Main und der Skyline-Blick machen die Gerbermühle zu einem beliebten Ausflugsziel – und zu einem interessanten Objekt für Immobilienspekulanten. 2011 sicherte sich die Frankfurter S&K-Gruppe den denkmalgeschützten Bau.

Mit Vorzeige-Investitionen wie dieser warben die Gründer und Chefs der Gruppe, der 33-jährige Stephan Schäfer und der 31-jährige Jonas Köller, bei Anlegern um Geld. Ein tolles Objekt, dessen Nutzen sich sofort erschließt: Steine und Ziegel statt Papiergeld und Bankenpleite – was soll da schiefgehen?

Auf ihrer Internet-Seite wirft S&K mit Superlativen um sich: Mehrere Tausend Mitarbeiter will die Gruppe inklusive ihrer Beteiligungen beschäftigen und Immobilien im Wert von über 1,7 Milliarden Euro verwalten. Gesellschaften wie S&K haben derzeit leichtes Spiel. Die Deutschen fürchten sich vor Preissteigerungen, bei der Geldanlage sind Produkte, die Schutz vor Inflation versprechen, gefragt.

Doch was Sparern derzeit unter dem Deckmantel der „Sachwertinvestition“ ins Depot geschoben wird, ist oft schlimmer als jede Hyperinflation. Die WirtschaftsWoche hat einige der Antiinflationsprodukte, die aktuell an den Anleger gebracht werden sollen, geprüft: Vermeintliche Investitionen in Sachwerte entpuppen sich als hochriskant, kaum transparent und teuer. Im schlimmsten Fall wird nicht mal klar, ob alle Spargroschen der Anleger überhaupt investiert werden.

Bedenklich ist: Längst werden die dubiosen Produkte nicht nur an Großverdiener vertickt, sondern zunehmend auch an die, die ohnehin nicht viel haben. „Wir beobachten einen Trend hin zu immer kleineren Anlagesummen“, sagt Philipp Zmyj-Köbel, der die Abteilung für Kapitalmarktstrafsachen bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft leitet. Normalanleger aber sind mit den oft sehr komplexen Firmenstrukturen in der Regel überfordert.

Auch S&K ist eine für Laien schwer nachvollziehbare Firmenstruktur. Schäfer und Köller finanzierten die Immobiliengeschäfte ihrer Gruppe früher unter anderem dadurch, dass sie Anlegern Lebensversicherungen abkauften. Ende 2010 stellten sie das Geschäft ein: „Mit diesem Schritt distanziert sich die S&K Unternehmensgruppe von teils unseriösen Produktanbietern“, die das gesamte Geschäft in Verruf gebracht hätten, tönten die beiden.

Heute werben sie Gelder über Fonds wie den S&K Sachwerte Nr. 2 ein. Investoren erwerben Anteile an einem Fonds, der das eingezahlte Kapital als Darlehen an eine GmbH weiterreicht, die zur S&K-Gruppe gehört. Die GmbH soll für das Darlehen so hohe Zinsen zahlen, dass beim Anleger pro Jahr stolze zwölf Prozent hängenbleiben. Anleger erwerben hierbei keinen Anteil an einer Immobilie, sondern finanzieren mit einem Kredit die Geschäfte der GmbH aus dem S&K-Reich.

Prächtige Villen, großer Fuhrpark

Die Geschäfte laufen gut, auf jeden Fall für die beiden Chefs: Köller wohnt in einer prächtigen Villa in Erlenbach am Main, Schäfer bewohnt ein ebenso imposantes Wohnhaus im Wert von knapp 2,6 Millionen Euro in Offenbach, das S&K gehört.

In welcher Höhe er hierfür Miete zahlt, wollte er nicht sagen. Zum Fuhrpark der Firma, die laut einer Präsentation 2011 nur „über 70 feste Mitarbeiter“ beschäftigte, gehören Edelkarossen wie Porsche, Lamborghini, Ferrari, Audi A8, Audi R8, Bentley Cabrio und 7er-BMW und Aston Martin DB9 Cabrio. Hinzu kommt mindestens eine Stretchlimousine.

S&K hat von den Fragen der WirtschaftsWoche – unter anderem zum Fuhrpark – nur wenige beantwortet. Weitere Fragen würden sie nur dann beantworten, lassen sie per Anwalt verlauten, wenn die WirtschaftsWoche ihre Quellen offenlegt.

Nach außen hin bemühen sich die Immobilienprofis um Solidität. Schäfer saß im Beirat der Deutschen Gesellschaft für Finanz- und Haushaltspolitik, in dem auch Roland-Berger-Aufsichtsratschef Burkhard Schwenker vertreten ist. „Dr. Jonas Köller“ vertritt beim Bundesverband Wirtschaftsförderung die Immobilienbranche.

Das Impressum der S&K-Web-Site weist ihn als Dr. h. c. aus. Laut seinem Xing-Profil arbeitet Köller seit mehr als neun Jahren für S&K. Angaben zu einem Universitätsstudium finden sich hier nicht. Fragen hierzu beantwortete Köller nicht.

Laut der Internet-Seite jonasköller.net können Investoren sicher sein, dass S&K-Investitionen „immer rentabel und sicher sind“. Doch immer rentabel und sicher ist keine Investition. Vielmehr gehen Anleger eine gefährliche Wette ein:

Von der investierten Summe zuzüglich fünf Prozent Aufgeld (Agio) werden nur etwas mehr als 80 Prozent als Darlehen weitergereicht und können investiert werden. Wie mit der Summe über fünf Jahre jährlich zwölf Prozent Zinsen auf 100 Prozent des angelegten Kapitals erwirtschaftet werden sollen, bleibt das Geheimnis von S&K.Laut Prospekt vom 10. Januar 2012 wurde die GmbH, die den Kredit von den Anlegern erhält, von ihrer Mutter S&K Sachwert AG mit fünf Millionen Euro Stammkapital ausgestattet. Aus dem Protokoll einer Gesellschafterversammlung der GmbH vom 16. Dezember 2011 geht aber hervor, dass die fünf Millionen Euro nicht in bar, sondern als Immobilie eingebracht wurden. Dem Fonds wurde das ehemalige Gästehaus der Industriellenfamilie Sachs in Schweinfurt übertragen. Laut dem Haus- und-Hof-Gutachter von S&K soll dies 6,7 Millionen Euro wert sein. Doch das darf bezweifelt werden: S&K hatte die Villa, die lange Zeit vergeblich angeboten wurde, für 1,7 Millionen Euro ersteigert.

Gerbermühle verschwunden

Eine der Gesellschaften, die laut S&K einst Lebensversicherungen aufgekauft hat, verfügt laut Handelsregister über ein Stammkapital in Höhe von einer Million Euro. Das Stammkapital einer GmbH gibt die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile an.

Laut einem notariellen Protokoll vom 27. August 2012, das beim Handelsregister hinterlegt ist, besteht diese Gesellschaft aber aus nur einem einzigen Geschäftsanteil über 25.000 Euro. Im Geschäftsbericht des Unternehmens von 2010 heißt es zudem, dass Einlagen in Höhe von 975.000 Euro noch ausstehen.

S&K erklärt hierzu, dass alle Angaben bezüglich des Stammkapitals in Höhe von einer Million Euro zutreffend seien.

Ob die Gesellschaften in der Lage sind, allein aus laufenden Erträgen ganz locker ihre Gläubiger zu bedienen, lässt sich nur schwer eruieren. Zur Gruppe gehören mehrere Dutzend Gesellschaften. Einen Konzerngeschäftsbericht, der Auskunft über die Ertragskraft der Gruppe geben könnte, gibt es nicht.

Mitte 2012 meldete S&K einen Immobilienbestand von 180 Millionen Euro. Aktuell „verwaltet“ die Gesellschaft laut Homepage angeblich Immobilien im Wert von 1,7 Milliarden Euro, ihr Anwalt sprach gegenüber der WirtschaftsWoche sogar von „mehreren Milliarden Euro“.

Ein Teil der Immobilien aus dem eigenen Bestand lässt sich im Referenzkatalog von S&K besichtigen. Die Version vom 30. April 2011 zeigt einen Bestand mit einem Verkehrswert von rund 127 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte des hier gezeigten Immobilienvermögens wirft beim näheren Hinsehen allerdings Fragen auf:

Auf den Seiten 114 und 115 der Printversion ist die Gerbermühle mit einem Verkehrswert von 7,3 Millionen Euro zu sehen. In der aktuell im Netz befindlichen Internet-Variante vom selben Tag – eine neuere Version gibt es nicht – fehlen die Seiten 114 und 115 und damit alle Angaben zur Gerbermühle, deren Kauf S&K in 2011 noch stolz verkündet hatte. Zu den Gründen wollte sich S&K nicht äußern. Auffällig ist jedenfalls, dass Familienmitgliedern der S&K-Chefs – bis auf 0,4 Prozent – eine Gesellschaft mit dem Namen „Gerbermühle Objekt GmbH“ gehört. Ob diese im Zusammenhang mit der gleichnamigen Immobilie steht, wollte S&K nicht beantworten.Ein Büro- und Geschäftshaus in Karlsruhe, das sich laut Katalog „in sehr guter Geschäftslage“ befindet und 26,6 Millionen Euro wert sein soll, war nach Informationen der WirtschaftsWoche sogar nie im Eigentum der S&K, weil das Unternehmen zweimal vom Kaufvertrag zurücktrat. S&K erklärt hierzu, dass der erste Kaufvertrag vor dem 30. April 2011 geschlossen worden sei – und damit, bevor der Referenzkatalog erstellt wurde. Später habe es Schwierigkeiten mit der Verkäuferpartei gegeben.

Arglistiges Schweigen

Unter anderem habe die Pfandfreigabe durch die eingetragene Gläubigerin vom Verkäufer nicht erzielt werden können und der Verkäufer „entgegen der protokollierten Absprache“ einen Grundschuldbrief dem Notar nicht zur Verfügung gestellt. Des Weiteren seien schwere Mängel aufgetaucht. Das Fehlen einer CO2-Warnanlage sei „arglistig verschwiegen“ worden.

Daraus ergibt sich jedenfalls nicht, dass die Immobilie jemals S&K gehört hat.

Eine Immobiliengesellschaft aus dem Referenzkatalog ist insolvent: Sie gehört zum Multi Tec Park – ein Gewerbegebiet im Mainzer Stadtteil Hechtsheim, der laut S&K 34 Millionen Euro wert sein sollte.

S&K erklärt hierzu pauschal, dass die WirtschaftsWoche nicht gründlich recherchiert habe, weil es ansonsten nicht „derart falsche Angaben bezüglich des Vorgangs Gerbermühle oder MultiTecPark“ geben könne. Fragen zu den Objekten beantwortet das Unternehmen hingegen nicht.

Die Freude am süßen Leben lassen sich die beiden Gründer aber von solchen Ärgernissen nicht verdrießen. Ihre Partys, zu denen auch der eine oder andere Finanzberater eingeladen wird, gelten als legendär: Köller etwa mietete einmal einen Elefanten und wartete mit Promis wie Schauspieler Chuck Norris sowie vielen leicht bekleideten Frauen auf. Bei einer anderen Gelegenheit präsentierte er sich in Superman-Badehose, mit dem Ex-Börsenguru Thomas Kramer. In der Szene kursieren Unmengen an Fotos.

Einmal posierte er auch mit einer Blondine im Arm und einer Maschinenpistolen-Attrappe in der rechten Hand – über ihm der Spruch: „Get rich or die trying“.

Ökoenergie: Windige Investments in Italien

Wo andere den Nervenkitzel in der Achterbahn suchen, ließ sich Heinrich Grabl* in Geldsachen beraten. 2011 traf sich der Rentner aus Franken auf einem Jahrmarkt in Bayern mit einem Vertreter eines Fürther Finanzvertriebs.

Der Vermittler machte ihm ein Investment der Berliner Energiewert GmbH, inzwischen in Bio Block Kraft (BBK) umbenannt, schmackhaft. Ein Darlehen, das er an Energiewert zahlte, sollte in neue Solarparks in Italien fließen. Dafür versprach ihm der Vermittler eine hohe Gewinnbeteiligung. „Besser als Riester“, habe der Vermittler geschwärmt. Grabl ließ sich überzeugen und zahlte Energiewert 10.000 Euro.

Dafür sollte er bei einer Laufzeit von sieben Jahren 8.200 Euro Gewinnbeteiligung bekommen (8,9 Prozent Rendite pro Jahr). Seit Juli 2011 zahlt ihm Bio Block Kraft 200 Euro monatlich an Ausschüttung. Vorausgesetzt, die 200 Euro fließen weiter, bliebe für Grabl ein Gewinn von 6.800 Euro (7,7 Prozent Rendite). Dass er die 6.800 Euro tatsächlich erhält, ist allerdings fraglich.

Nachdem Grabl erfahren hatte, dass Bio Block Kraft auch in Blockheizkraftwerke in Italien investiert, wurde er misstrauisch und schaltete einen Anwalt ein. Blockheizkraftwerke erzeugen sowohl Strom als auch Wärme und nutzen damit die Energie aus dem Brennstoff, etwa Pflanzenöl, besonders gut aus. An sich eine umweltfreundliche Idee, jedoch tummeln sich in dem Markt eine Reihe schwarzer Schafe.

Grabl fürchtete, es könne ihm gehen wie etwa 200 Anlegern, die ihr Geld in Blockheizkraftwerke der RWI Real Wert Invest in Hofheim investierten. Inzwischen ist RWI insolvent.

Susanne Rheinberg*, 56, selbstständig, aus Sachsen, hatte 2010 etwa 55.000 Euro bei RWI investiert. Das Geld hat sie über einen Kredit finanziert. Jetzt müssen sie und ihre Familie 670 Euro monatlich für Zins und Tilgung zahlen. „Statt der regelmäßigen Ausschüttungen haben wir von RWI nur zwei Mal Geld bekommen, insgesamt nur wenige Hundert Euro“, sagt Anlegerin Rheinberg. „RWI hat nie so viele Kraftwerke zum Laufen bekommen, um die versprochenen Ausschüttungen leisten zu können“, sagt Christian M. Schulter, Anwalt aus Berlin. Der Preis für das Pflanzenöl, mit dem die Kraftwerke betrieben werden sollten, sei zu hoch gewesen.

Nach eigenen Angaben wollte die Energiewert GmbH, die spätere BBK, 2010 mit dem Produkt „Value Power 2011“ zehn Millionen Euro für Blockheizkraftwerke an drei Standorten in Italien einsammeln. Die Kraftwerke sollten mit Pflanzenöl betrieben werden. In Deutschland werden diese Anlagen nicht mehr gefördert, weil der Pflanzenölpreis zu stark schwanke, als dass sich die Anlagen wirtschaftlich betreiben ließen, so die Begründung der Bundesregierung.

Die Anleger investierten, wie Rentner Grabl, über partiarische Darlehen in die Kraftwerke, das heißt, sie liehen Energiewert Geld, für das sie keine Zinsen bekommen, sondern Anteile am Gewinn. Partiarische Darlehen sind nicht einlagengesichert und werden bei Insolvenzen nachrangig behandelt. Geht der Anbieter pleite, droht den Anlegern der Totalverlust. „Zudem unterliegen diese Darlehen nicht der Finanzaufsicht, die Anbieter sind auch nicht verpflichtet, den Anlegern ausführliche Prospekte zur Verfügung zu stellen“, sagt Cristian Martin, Anwalt aus Nürnberg. Anleger Grabl habe nur einen Zeichnungsschein und später ein Zertifikat von Energiewert erhalten.

Weitverzweigte Netzwerke

Derzeit werden die Anteile an den Blockheizkraftwerken der Bio Block Kraft von Neckermann SynEnergy aus Ilshofen bei Schwäbisch Hall verkauft. Geschäftsführerin ist Claudia Bahle. Bis Ende vergangenen Jahres firmierte der Finanzvertrieb noch unter SynEnergy.

Laut eigenen Angaben ist Neckermann SynEnergy „der größte Finanzvertrieb Europas für erneuerbare Energien“. Ähnlich wie bei einem Versicherungsvertrieb kurbeln Regionalleiter und ihre Mitarbeiter den Verkauf der grünen Investments an.

SynEnergy verkauft weitere Produkte aus einem weitverzweigten Netzwerk. Dazu gehören neben Bio Block Kraft auch Solar9580, die Solarparks in Kroatien und Serbien errichtet, sowie das Berliner Unternehmen Sunrise Energy, das Solarparks in Italien betreibt. Zumindest bei Bio Block Kraft beteiligen sich die Anleger über partiarische Darlehen.

Die drei Unternehmen sind eng personell verknüpft. Andreas Brandl ist sowohl Geschäftsführer der Bio Block Kraft in München als auch von Sunrise Energy und Solar9580 GmbH & Co. KG in Bremen. Reiner Hamberger ist Inhaber der Solar9580 e.K. in Ilshofen, die mit Solaranlagen handelt. Brandl und Hamberger sind laut Handelsregister zu je 50 Prozent an Sunrise Energy beteiligt. Beiden gehört auch jeweils die Hälfte der Solar9580 GmbH & Co. KG.

Bio Block Kraft, Solar9580 und Sunrise Energy, für die der Finanzvertrieb Neckermann SynEnergy Geld einsammelt, betreiben Projekte mit erneuerbaren Energien in Italien, Kroatien und Serbien. Stehen Blockheizkraftwerke oder Solarparks im Ausland, ist die Hemmschwelle der Anleger zu überprüfen, ob die Anlagen tatsächlich im Betrieb sind, deutlich höher.

Sich vor Ort zu informieren kann sich lohnen. So will Bio Block Kraft ein Blockheizkraftwerk in Gattinara in der norditalienischen Region Piemont betreiben. Es soll „zukunftsorientierte Energie für das dritte Jahrtausend“ erzeugen, so BBK.

Ein Projekt stockt

Wann das sein wird, ist jedoch offen. Gattinaras Bürgermeister Daniele Baglione bestätigt zwar, dass Bio Block Kraft einen Antrag auf ein entsprechendes Projekt eingereicht habe, die Provinz aber noch über eine Genehmigung entscheiden müsse. Bio Block Kraft war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Auch bei Sunrise Energy stockt ein Projekt. Die Solaranlage sollte laut Internet-Seite von Sunrise in Castenedolo nahe Brescia Ende Juli vergangenen Jahres ans Netz gegangen sein. Bisher steht dort lediglich ein Transformatorenhäuschen, wie der für Bauprojekte in der Gemeinde zuständige Architekt Giuliano Filippini auf Anfrage bestätigte.

Auffällig ist, dass einige Sunrise-Projekte nicht im italienischen Register für geförderte Anlagen auftauchen. Nur kleine Anlagen mit bis zu zwölf Kilowatt Leistung sind in Italien derzeit von der Registrierungspflicht ausgenommen. Bis zum 26. August lag das Limit bei 200 Kilowatt Leistung.

Ausnahmen gab es bis Ende vergangenen Jahres nur für Dachanlagen und Solaranlagen auf öffentlichem Grund. Die nach Angaben von Sunrise Energy 2012 ans Netz angeschlossenen Dachanlagen in Reggiolo, Lonato, Castenedolo und Borgoforte fielen demnach nicht unter die Registrierungspflicht.

Der Sunrise-Solarpark auf einer Freifläche in Fresagrandinaria in den Abruzzen dagegen sollte 996 Kilowatt leisten, wäre also registrierungspflichtig, sofern es sich nicht um eine öffentliche Fläche handelt. Im offiziellen Register taucht die Anlage, die seit August vergangenen Jahres am Netz sein soll, jedoch nicht auf.

Im Register finden sich für die Gemeinde Fresagrandinaria nur Solarprojekte, die keinen Anspruch auf Förderung haben. „Ohne Registrierung aber gibt es für Anlagen, für die es keine gesetzlichen Ausnahmen gibt, auch keine Einspeisevergütung“, sagt Andreas Lutz, Geschäftsführer von New Energy Projects in München.

Ob die Anleger, die in Solarparks von Sunrise investierten, später doch noch in den Genuss einer Einspeisevergütung kommen, bleibt offen. Sunrise war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Niemand zu Hause

Ebenfalls beunruhigend ist, dass unter einigen Adressen aus dem SynEnergy-Netzwerk bei Besuchen vor Ort kein Mitarbeiter erreichbar war. Bei Sunrise Italia in Mailand findet sich nicht einmal ein Firmenschild. Lediglich eine Steuerberaterin, die hin und wieder für Sunrise arbeitet, sitzt in dem Haus.

Gleiches Bild bei Sunrise in Berlin. Am Firmensitz in Berlin-Mitte, nahe Gendarmenmarkt, fehlt jeder Hinweis auf das Solarunternehmen. Außer Topfpflanzen und Häkelgardinen in den Fenstern gibt es an dem Wohnhaus wenig zu bestaunen. Bei den Klingelschildern fällt nur das der Botschaft von Guinea-Bissau ins Auge.

Auch bei Bio Block Kraft in München stehen Anleger vor geschlossenen Türen. In der Dachauer Straße weist nur ein Briefkasten auf den Firmensitz hin. Auf Nachfrage bei einem unter der gleichen Adresse ansässigen Unternehmen heißt es, BBK hätte in München nur eine Postadresse, physisch seien „die irgendwo im Schwäbischen“.

Eine Tochter von Solar9580, die D.C.E. Danube Clear Energy, soll in Bulgariens Hauptstadt Sofia präsent sein. Laut Solar9580 wurde eine Delegation des Unternehmens in der Deutschen Botschaft empfangen. Reiner Hamberger, einer der Eigentümer von Solar9580, ließ sich zum Beweis vor der Botschaft fotografieren.

Auf Nachfrage bei der Deutsch-Bulgarischen Handelskammer stellt sich der Besuch anders dar. Es habe sich um einen Beratungstermin bei der Handelskammer gehandelt, die im gleichen Gebäude wie die Deutsche Botschaft untergebracht sei. „Die D.C.E. ist nicht Mitglied der Handelskammer“, sagt Andreas Schäfer, stellvertretender Geschäftsführer der Außenhandelskammer in Sofia. Es ist möglich, dass D.C.E. in Bulgarien aktiv ist. Für eine Stellungnahme war das Unternehmen Solar9580 nicht zu erreichen.

Schäfer hält Investitionen in Solarparks in Bulgarien für wirtschaftlich fragwürdig. Schließlich habe die bulgarische Regulierungsbehörde die Einspeisevergütung für Solarstrom um knapp 40 Prozent gekürzt. „Bereits bestehende Anlagen müssen vorübergehend eine Netzabgabe zahlen, die sich nach der Höhe der Einspeisevergütung richtet“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer der Handelskammer.

Verdächtig: Wenige Tage nach dem Anruf der WirtschaftsWoche bei der Deutsch-Bulgarischen Handelskammer in Sofia verschwanden die Mitteilung über die Gründung von D.C.E. und das dazugehörige Foto von der Solar9580-Internet-Seite. Ob es einen direkten Zusammenhang gibt, ließ sich nicht klären, da Solar9580 für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war.

Bio Block Kraft droht auch in Deutschland Ärger: Der Anlagenbauer Andreas Pörschke aus Wallenhorst bei Osnabrück lieferte die Technik für die Blockheizkraftwerke. Offiziell will das Unternehmen Pörschke die Geschäftsbeziehung nicht bestätigen. Bio Block Kraft weist auf seiner Internet-Seite auf Pörschke als Zulieferer hin. Aus dem Umfeld des Anlagenbauers heißt es, dass die Geschäftsbeziehungen zu Bio Block Kraft „gestört“ seien, es gehe um „kaufmännische Differenzen“. Derzeit redeten die Anwälte beider Seiten miteinander.

Viel ausgeschüttet, aber weniger verdient

Um die 100 Anleger sind ins Meridien-Hotel in Stuttgart gekommen, Mitarbeiter müssen noch Stühle herankarren. Mit einem so hohen Andrang hat Rüdiger Gronau, der Vertriebschef des Windparkbetreibers Prokon, nicht gerechnet. Die Gruppe hat mächtig Erfolg.

Prokon hat mit Genussrechten bei etwa 60.000 Anlegern über eine Milliarde Euro eingesammelt. Seit Jahren schüttet das Unternehmen verlässlich acht Prozent Zinsen pro Jahr aus. Ein Genussrecht ist vergleichbar mit einer Anleihe. Der Anleger leiht einem Unternehmen Geld und bekommt dafür einen festen Zins. Prokon verspricht etwa mindestens sechs Prozent.

Gar nicht übertrieben viel, meint Gronau. Josef Ackermann hätte für die Deutsche Bank sogar 25 Prozent Rendite gefordert. „Der Unterschied ist lediglich, dass wir das Geld an Sie ausschütten“, rattert er herunter. Das kommt an bei den Zuhörern.

Als Gronaus Kollege dann noch ergänzt, dass es quasi unmöglich sei, dass Anleger ihren kompletten Einsatz verlieren, nicken viele. „Wir dürfen Ihnen das zwar nicht schriftlich geben. Aber wir wüssten nicht, wie wir das gesamte Kapital dahinwirtschaften könnten“, sagt der Mann.

Zahlen gibt es an diesem Abend wenig. Prokon soll über die Jahre 234 Millionen Euro Überschuss erwirtschaftet und davon 214 Millionen Euro an die Anleger ausgezahlt haben. Die restlichen 20 Millionen seien in die Reserven gewandert, um „Zinszahlungen stabil zu halten“.

Doch Anleger sollten sich von derlei Gerede nicht blenden lassen. Die Gruppe, die ständig neue Anlegergelder einsammelt, hat zuletzt mit Wind, Holz und Pflanzenöl weniger verdient, als sie an Anleger im gleichen Zeitraum ausgeschüttet hat.

Laut Prokon lag der „Jahresüberschuss aus dem die Auszahlungen an die Anleger“ zu leisten sind, im Jahr 2011 bei 57,5 Millionen Euro. Davon gingen 48,2 Millionen an Anleger. Tatsächlich hat Prokon in den Segmenten Wind, Biosprit und Biomasse in Summe aber nur einen Überschuss von 44,2 Millionen Euro verdient.

Keine wirkliche Einnahme

Um auf den Jahresüberschuss in Höhe von 57,5 Millionen Euro, aus dem die Anleger bedient werden, zu kommen, addiert Prokon zu den 42,7 Millionen Euro, die man mit Windenergie verdiente, Zinseinnahmen von 14,8 Millionen Euro hinzu.

Letztere kommen aus den Sparten „Biogene Kraftstoffe“ (Biodieselhersteller Bio- Ölwerk Magdeburg) und „Biomasse“, die vom Windbereich Kredite und Kapital bekommen haben. Doch diese Zinszahlungen stellen keine wirkliche Einnahme dar. Das Geld wandert nur von einem Prokon-Geschäftsbereich zum anderen.

Doch es kommt noch dicker: 2012 scheint nicht mal mehr Prokons Rechnung aufzugehen. Mit Wind und Zinsen verdienten die Itzehoer laut eigenen Angaben in den ersten neun Monaten 24 Millionen Euro. Insgesamt machte die Gruppe sogar einen Verlust von 2,1 Millionen Euro. Dennoch zahlte sie 52,6 Millionen Euro Zinsen an die Anleger aus.

Prokon erklärt, dass die Einnahmen im vierten Quartal aufgrund besserer Windverhältnisse noch mal „deutlich zugenommen haben“. Zudem verweist Prokon auf stille Reserven über 30 Millionen Euro, die sich etwa aus der Differenz zwischen dem in der Bilanz angegebenen Wert und dem tatsächlichen Wert der Windräder ergeben sollen. „Man muss wissen, dass in einer Bilanz nicht alles zu sehen ist, was man im Portemonnaie hat“, umschreibt Gronau das Phänomen mit den Reserven.

Die stille Reserve stellt in der Tat eine Sicherheit für Anleger dar. Doch die Zinsen können mit ihr erst mal nicht gezahlt werden. Erst wenn Reserven verwertet, also etwa Windräder verkauft wurden, kommt hierdurch Bargeld in die Prokon-Kasse. Prokon erklärt hierzu:

„Es ist richtig, dass stille Reserven eigentlich erst mit dem Verkauf der Windparks liquiditätswirksam werden.“ Als Teil des Anlagevermögens stellten sie aber auch so einen Gegenwert für die eingezahlten Genussrechte dar.

Realistische Bilanzwerte?

Doch das löst nicht das grundlegende Problem, dass die Prokon-Gruppe aktuell mehr auszahlt, als sie verdient. Darüber hinaus ist fraglich, ob Prokons in der Bilanz angegebene Werte realistisch sind.

Laut Homepage hat der noch nicht gebaute Windpark Freesenheede einen Verkehrswert von etwa 2,6 Millionen Euro. Der Park soll ab 2014 in Betrieb genommen werden. Doch das scheint unwahrscheinlich. Die Samtgemeinde Barnstorf, zu der Freesenheede gehört, wird zwar weitere Flächen für Windparks ausweisen, aber gerade in Freesenheede, wo Prokon bereits Land gepachtet hat, „wird das wohl nicht möglich sein“, sagt Bürgermeister Jürgen Lübbers. Zum einen aus Naturschutzgründen. „Zum anderen kann dort der Mindestabstand zu anderen Windparks nicht eingehalten werden.“

Ebenfalls fraglich ist, ob Prokon in Ovelgönne je wie geplant zwei Windparks in Betrieb nehmen kann. Zwischen der Gemeinde Ovelgönne und dem Landkreis Wesermarsch tobt seit Jahren ein Streit darüber, wo in der Gemeinde Windparkflächen auszuweisen sind. Der Landkreis bevorzugt die Fläche, auf der sich Prokon Grundstücke gesichert hat, die Gemeinde will woanders bauen lassen.

Prokon erklärt hierzu: „Speziell in Freesenheede und Ovelgönne ist uns die ablehnende Haltung einzelner Amtsträger bekannt.“ Derzeit ginge man aber davon aus, „die Projekte realisieren zu können“.

Wie viel Genussrechtskapital Prokon bereits in das Ovelgönne-Projekt gesteckt hat, ist unklar. Ende November 2011 schrieb Prokon im Internet, es seien 5,3 Millionen Euro gewesen. Mitte 2012 sind es dann angeblich nur noch 1,8 Millionen Euro.

Prokon geht in einer Stellungnahme auf diesen Widerspruch nicht konkret ein und sagt, dass es je nach Planungsstand zu unterschiedlichen Bewertungen kommen könne. Das erklärt aber nicht, warum das angeblich bereits investierte Anlegergeld in sieben Monaten von 5,3 Millionen auf 1,8 Millionen Euro geschrumpft sein soll.

Hinzu kommt: Prokon liegt weit hinter dem Expansionsplan. In den vergangenen zwei Jahren sollten in Deutschland etwa 26 neue Anlagen in Betrieb gehen. Tatsächlich waren es 15. Kein einziges Rad, das Ende 2010 noch für 2012 geplant war, nahm den Betrieb auf. In Polen sollten sich 78 neue Windräder drehen, ans Netz gingen aber nur 23.

Prokon verweist auf die Unwägbarkeiten der Planungsphase eines Windparks und erklärt, dass im Gegenzug „Investitionen in den Bereichen Biomasse und Biogene Kraftstoffe vorgezogen“ sowie Bankdarlehen in Höhe von 90 Millionen Euro abgelöst worden seien.

Aber: Wenn sich Projekte verzögern, ist das ein ernstes Problem für Gesellschaft und Anleger. Jeder Park, in dem sich kein Rad dreht, bindet Millionen Genussrechtskapital, bringt aber kein Geld. Zinsen für die Anleger werden aber trotzdem fällig.

Bizarre Truppe in der Prärie

Es war eine merkwürdige Reisegruppe, die vorletzte Woche durch die verschneite kanadische Prärie stapfte. Ihre Mission: Die WirtschaftsWoche zu widerlegen. Der Grund: ein Bericht über die Geschäfte des Ölfonds-Anbieters „Proven Oil Canada“.

Über ein Konzept, das verblüffend an mehr als 30 Jahre alte Ölfonds des Pleitiers Jürgen Hanne erinnert. Über undurchsichtige Gesellschafterstrukturen, unklare jährliche Fördermengen und Fonds, die ihren Anlegern mehr Geld auszahlen, als ihre Gewinne hergeben.

Nun also machte sich Fondsanalyst Stephan Appel auf, das Gegenteil herauszufinden, er prüfte die Proven-Oil-Mutter Conserve Oil und stellte fest: Die Vorwürfe sind „substanzlos, diffamierend und dilettantisch recherchiert“.

Überraschend? Kaum. Flug und Hotel hat Proven Oil für Appel bezahlt, zudem bekommt er etwa 7.500 Euro Honorar. Begleitet wurde er von Robert Hellmuth und Matthias Sdrenka. Was die dort taten, war Appel selbst nicht ganz klar. „Der Part kritischer Nachfragen blieb im Wesentlichen mir überlassen“, teilte er zunächst mit. Am letzten Tag seien Sdrenka und Hellmuth Souvenirs kaufen gewesen. Zwei Tage später relativierte Appel: Er hätte sich „manchmal mehr Neugier gewünscht“, allerdings hätten die anderen „systemgemäß“ einen besseren Informationsstand als er.

Wer die Hintergründe von Sdrenka und Hellmuth kennt, wundert sich weniger als der Analyst. Sdrenka ist der Mittelverwendungskontrolleur für die acht Proven-Oil-Fonds, die von 11.000 Anlegern rund 300 Millionen Euro eingesammelt haben.

Nur mit seiner Zustimmung dürfen Anlegergelder ausgegeben werden. Hellmuth verwaltet als Treuhänder die Beteiligungen etlicher Anleger, doch er steht auf Sdrenkas Payroll: Hellmuth ist Chef der „HanseVermögen Treuhand“, alleiniger Gesellschafter aber ist Sdrenka. Ein alter Bekannter des Hanne-Vertrauten Jürgen Hainzl – und stets beteiligt bei allen drei Versuchen, deutsche Anleger in Öl zu locken.

Im Oktober 2005 wird in Calgary, Kanada, die Conserve Oil Corporation gegründet. Zwei Wochen später folgt in Hamburg die Verwaltungsgesellschaft „Conserve Oil Canada“ und dann der Fonds „Conserve Oil Canada 1.“ Geschäftsführer ist Heinz S.* , er will seinen Steuerberater einschalten. „Jürgen Hainzl hat aber darauf bestanden, dass sein eigener Steuerberater die Prospekte macht“, sagt S. Dessen Name: Matthias Sdrenka. Sdrenka äußert sich wegen beruflicher Verschwiegenheitspflicht nicht. Auch Hainzl sagt nichts, zuvor hatte er eine Verbindung zu den Firmen bestritten.

Eine Idee, die nur kurz lebte

Die Investmentidee, eine Raffinerie zum Cracken von Altöl zu errichten, lebte nur kurz. Das Geld war schnell alle, berichtet S. Mehrere Personen, darunter Jürgen Hainzl, hätten einen aufwendigen Lebensstil gepflegt. „Hainzl bekam ein Auto gestellt und pro Monat mehrere Tausend Euro in bar. Dazu kamen ständige Reisen nach Kanada“, so S. Der Grund für die Barzahlungen: „Hainzl stand damals mit dem Rücken zur Wand.“ Kurz vor der Pleite. Auch zu Barzahlungen will Hainzl sich nicht äußern. Im Frühjahr 2006 war das Startkapital aufgebraucht. S. stieg aus.

Der zweite Anlauf startet im Juni 2006 mit Gründung der Conserve Oil Verwaltungs GmbH in Berlin. Geschäftsführer ist Thomas W.*, der beim Hainzl-Vertrieb in den Neunzigerjahren Hanne-Fonds vermarktet hatte. Zusätzlich werden fünf Fondsgesellschaften eingetragen. Gründungskommanditist von einer ist Greg T.*, ein Berliner Anwalt und Notar, der Ende 2012 wegen Veruntreuung von Mandantengeldern zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt wurde.

Bei zwei Fonds wird eine Hanne-Vertraute Prokuristin, darunter beim „Conserve Oil Lamont Alberta“. Auch hier geht es um eine Raffinerie zum Cracken von Altöl. Bei allen Firmen spielt Hainzl offenbar eine wichtige Rolle: Sie alle sitzen in dem Haus, in dem er und seine Frau Monika Galba wohnen. Galba ist heute Chefin von Proven Oil.

Im Prospekt der Lamont Alberta tauchen beide jedoch nicht auf, ebenso wenig Hainzls Privatinsolvenz, die seit März 2006 läuft. Involviert war Hainzl aber. Proven-Oil-Sprecher Stephan Clausen bestätigte, dass Hainzl für mehrere Gesellschaften der Conserve-Oil-Gruppe tätig war. „So verantwortete er beispielsweise 2006 die Vertriebskoordination eines Projektes [...]das die Errichtung einer Spezial-Raffinerie zur Umwandlung von Altöl in Dieselkraftstoff zum Ziel hatte.“

Auf Nachfragen sagt Clausen nichts. War Hainzl fest angestellt oder freiberuflich tätig? Gar ehrenamtlich? Das dürfte vor allem Hainzls Gläubiger interessieren. Im Privatinsolvenzverfahren, das 2012 beendet wurde, hatte Hainzl angegeben, nicht über Einkommen oder Vermögen zu verfügen.

32 Millionen Euro Forderungen meldeten die Gläubiger an, etliche resultierten aus Hainzls Tätigkeit für die kollabierte Hanne-Immobiliengruppe. Am Ende standen nur 200.000 Euro zur Verfügung.

Hainzls Verbindung zur Conserv-Oil-Gruppe

Auch der zweite Anlauf auf die Anlegergelder klappte nicht. Knapp 26 Millionen kanadische Dollar wollte die Conserve Oil Lamont Alberta einsammeln, sie schaffte nicht einmal fünf Millionen. Über dieses Geld verfügte Matthias Sdrenka mit, der Mittelverwendungskontrolleur.

In seinem Auftrag stand laut Prospekt: Voraussetzung für die Freigabe von Geldern ist der Nachweis, dass Zeichnungen von knapp 26 Millionen kanadischen Dollar vorliegen. Doch es gingen Gelder weg, bevor das Volumen erreicht war. „Nach meiner Rechtsauffassung hätte der Mittelverwendungskontrolleur laut Kontrollauftrag im Prospekt keine Gelder freigeben dürfen“, sagt Anwalt Martin Seidel von der Düsseldorfer Kanzlei Baum, Reiter & Collegen.

Sdrenka sagt, dass die Freigaben gemäß der Voraussetzungen der in den jeweiligen Prospekten enthaltenen Verträge erfolgten. Dass mit der ursprünglichen Formulierung ein Problem bestand, dämmerte aber offenbar auch den Initiatoren: Per Prospektnachtrag wurde der Kontrollauftrag geändert.

2008 startete dann Proven Oil. Wieder ist Sdrenka Mittelverwendungskontrolleur. Und auch Hainzl spielt erneut eine wichtige Rolle. Fliegt häufig nach Calgary, um Angelegenheiten der Fonds vor Ort zu regeln. Er „verantwortet innerhalb der Proven Oil Canada Marketing und Vertrieb“, so ein Sprecher. Ob fest angestellt und für welches Salär will er auch hier nicht sagen.

Auch Hainzl war beim Kanada-Trip dabei. Sdrenka und Hainzl betonen, sie seien auf eigene Kosten geflogen. Was Proven Oil der Trip kostete, will Clausen nicht sagen. Vielleicht fragt ja ein Anleger auf den Gesellschafterversammlungen der Fonds POC Eins und POC Zwei nach. Im Februar sollen in Berlin die Geschäftsberichte für 2011 abgesegnet werden, mit Verspätung.

Aus denen geht hervor, dass die bisher an die Anleger gezahlten Summen größtenteils Rückzahlungen aus eingezahltem Kapital sind. Das Eigenkapital ist beim ersten Fonds in nur drei Jahren schon kräftig geschrumpft, von 40 auf 30,8 Millionen Euro. Um das herauszufinden, braucht man allerdings nicht nach Kanada zu fliegen.

*Namen von der Redaktion verändert

Mitarbeit: Max Haerder und Thesie Kness

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