Warum die Riester-Rente so wenig bringt
Wie aus heiterem Himmel stürzte der Dax am Morgen des 17. April um fast 200 Punkte ab. Es war das typische Muster eines durch computergestützte Handelssysteme ausgelösten Crashs. Die Spur führte schnell zu Algotradern, deren Rechner automatisch Verkaufsorders an die Börse jagen. Zu diesem Kreis gehören nicht nur viel gescholtene Hedgefonds, sondern auch Verwalter des Geldes, das brave Riester-Sparer anlegen.
Weil sie Anlegern die Rückzahlung ihrer eingezahlten Gelder garantieren, verkaufen sie Aktien, wenn die Börse stark fällt. Etwa 350 000 ihrer insgesamt 1,4 Millionen Riester-Depots baute die Deutsche-Bank-Fondsgesellschaft DWS in der Nacht zum 17. April automatisch um, weil die Börsenkurse schon vorher gefallen waren.
Am Morgen kamen dann weiter massenweise Verkaufsorders an die Börse. Die DWS mit ihren vier Milliarden Euro Riester-Geldern wird keinen Crash auslösen. Weil alle Fondsanbieter die Aktienanteile ihrer Riester-Portfolios aber nach ähnlichen Mustern von Computern steuern lassen, verstärken sie Börsenschwankungen.
Es ist schon paradox: Brave Riester-Sparer verschärfen das Auf und Ab an den Börsen. Dabei liegt den meisten nichts ferner als ein Aktieninvestment. Nur 19 Prozent haben sich für Riestern mit Aktienfonds entschieden. Insgesamt haben heute – zwölf Jahre nachdem Banken und Versicherer mit ihrer Vertriebsoffensive begannen, Riester-Renten unters Volk zu bringen – 15,7 Millionen Deutsche einen Riester-Vertrag unterzeichnet.
Mittlerweile tun dies aber immer weniger, die einst steile Kurve neuer Vertragsabschlüsse flacht sich ab – nicht zuletzt, weil viele Riester-Produkte nur sehr magere Ergebnisse zu bringen drohen. Die ersten Verträge aus der Riester-Frühzeit werden heute ausgezahlt – Zeit für eine Abrechnung.
Viel versprochen, wenig gehalten
Das vorweg: Trotz Börsenschwankungen müssen Anleger hohe Verluste nicht fürchten. Zu Rentenbeginn sollen auf ihren Sparkonten wenigstens alle eingezahlten Beiträge und die Zulagen des Staates liegen. „Die Beitragsgarantie entspricht allerdings nur einer Nullverzinsung“, sagt Wolfram Erling vom Volksbanken-Anbieter Union Investment. Real, nach Abzug der Inflation, büßen Sparer Geld ein. Bei aktuell 1,4 Prozent Inflation hätten 100 Euro trotz Garantie nach zehn Jahren nur noch die Kaufkraft von heute knapp 87 Euro.
Die vergangenen Jahre liefern wertvolle Hinweise darauf, ob die einzelnen Riester-Produkte sich lohnen – oder ob zu hohe Kosten und starre Regeln zur Geldanlage jedweden Ertrag zunichte machen. Wenn Fondsanbieter etwa, um die garantierte Summe zu erhalten, im Crash verkaufen, sind ihre Anleger auch im Aufschwung nicht voll dabei.
Hinzu kommen neue Probleme, vor allem dank der rekordniedrigen Zinsen. Rentenversicherer ziehen sich aus dem Markt zurück, weil sie die Beitragsgarantie sowie den Garantiezins der Rentenversicherung kaum noch erwirtschaften können. Aggressiv verkauft werden zurzeit Wohn-Riester und Bausparverträge. Ein Blick auf den eigenen Vertrag lohnt sich in jedem Fall – wer unzufrieden ist, kann ihn austauschen und verändern.
Unterstützt wird er dabei auch vom Gesetzgeber. Ab dem Sommer soll ein Produktinformationsblatt Anlagestrategien und Kosten der Riester-Angebote besser darstellen. Zudem könnten die Kosten eines Anbieterwechsels begrenzt werden. Das Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz steckt allerdings noch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat fest.
Viele Sparer und jetzt auch die Parlamentarier haben gemerkt, dass in der Werbung dick aufgetragen wurde, die Produkte aber nicht halten, was sie versprachen. Wer etwa vorzeitig aus seinem Vertrag aussteigt, zahlt drauf – und wer nicht mindestens 80 Jahre alt wird, kann mit Riester sehr wohl Geld verlieren. Auch die Kinderzulage wird oft überschätzt. Nach der Geburt eines Kindes fällt der Steuervorteil beispielsweise um die gezahlte Kinderzulage. Einen echten finanziellen Nutzen haben Sparer meist erst ab dem dritten Kind – oder als Geringverdiener.
Was Riesternde wissen müssen
Eingeführt wurde die Riester-Rente, um die Rentenkürzung aus dem Jahr 2001 aufzufangen. Weil wenige aus eigenem Antrieb die Rentenlücke schließen, unterstützt der Staat sie durch Zulagen und Steuervorteile.
Er verlangt von Anlegern einen Eigenbeitrag, dessen Höhe abhängig vom Einkommen ist. Um die volle Grundzulage in Höhe von jährlich 154 Euro zu bekommen, müssen Riester-Sparer vier Prozent ihres rentenversicherungspflichtigen Vorjahres-Einkommens in einen Riester-Vertrag einzahlen – maximal 2.100 Euro pro Jahr. Wer weniger einzahlt, dem wird die Zulage anteilig gekürzt. Anspruch haben alle, die in der gesetzlichen Rentenkasse pflichtversichert sind, sowie Hartz-IV-Empfänger und Beamte.
Auch Ehepartner ohne eigenen Anspruch auf Förderung bekommen die 154 Euro Grundzulage, wenn sie jährlich 60 Euro in einen eigenen Vertrag einzahlen. Die Kinderzulage von 185 Euro pro Kind, für ab 2008 geborene Kinder 300 Euro, können sie jedoch nur für einen der beiden Verträge kassieren.
Frühestens ab dem 60. Lebensjahr kommen Sparer bei älteren Riester-Verträgen an ihr Geld heran, neuere Verträge müssen sie bis ans Alter von 62 Jahren besparen. Zu Rentenbeginn dürfen sie sich maximal 30 Prozent der gesparten Summe auszahlen lassen, der andere Teil muss in monatlichen Raten als Rente fließen, die voll versteuert wird.
Erfahrene Anleger, die ihre Altersvorsorge in die eigene Hand nehmen wollen, können freier sparen und bessere Ergebnisse schaffen als die Produkte von der Stange – selbst wenn sie dann, anders als bei der Riester-Rente, auf Erträge Abgeltungsteuer zahlen müssen. Trotz Zulagen und Steuervorteilen bringt Riester-Sparen über die komplette Ein- und Auszahlungsdauer nur bei sehr langer Lebensdauer eine auskömmliche Rendite. Die Rente Marke Eigenbau dürfte vielen aber zu schwierig sein. Riestern, so viel steht heute fest, ist besser, als gar nichts fürs Alter zurückzulegen.
Abschlussgebühren vergleichen lohnt sich
Die Riester-Industrie wirft ihr Netz immer weiter aus. Bedient werden alle, vom vorsichtigen Sparer über den Immobilienkäufer bis hin zum risikobereiten Aktionär. Die Vor- und Nachteile im Überblick:
Bausparen und Immobilien: Aktuell sind Riester-Bausparverträge und Wohn-Riester-Kredite die Verkaufsschlager. Die Einzahlung in einen Bausparvertrag wird zwar nur mager verzinst, der Sparer kennt aber schon den Zinssatz, zu dem er später ein Immobiliendarlehen abschließen kann.
Wer sowieso einen Bausparvertrag sucht und noch keinen Riester-Vertrag hat, nutzt die staatliche Zulage, um das Bausparguthaben schneller aufzustocken. Steigen die Zinsen im nächsten Jahrzehnt, geht die Zinswette auf. Bleiben die Zinsen allerdings niedrig, ist ein Bauspardarlehen teurer als normale Immobilienfinanzierungen. Die Aachener Bausparkasse erhöht rückwirkend die Sparzinsen auf 2,5 Prozent, wenn der Anleger auf ein Darlehen verzichtet. Das ist ein feiner Zug, aber die Ausnahme.
Es lohnt sich, auch die Abschlussgebühren zu vergleichen: Üblich ist ein Prozent der Bausparsumme, die sich aus Sparguthaben und Darlehen zusammensetzt. Beim Abschluss mit 50 000 Bausparsumme freut sich der Verkäufer über 500 Euro Lohn. Wer eine Immobilie kauft und finanziert, kann dafür ein bereits in einem anderen Riester-Vertrag angespartes Guthaben nutzen und künftig die Riester-Beiträge und staatlichen Zulagen ebenfalls in die Finanzierung stecken. Die Zahlungen, die der Riester-Sparer für die Darlehenstilgung oder den Kaufpreis der Immobilie einsetzt, werden auf einem fiktiven Konto („Wohnförderkonto“) gebucht und mit zwei Prozent verzinst. Zu Rentenbeginn muss der Sparer die dort gebuchten Beträge versteuern.
Banksparpläne: Nach dem Börsencrash im Jahr 2000 waren zum Start der Riester-Rente sichere Produkte gefragt. Die kleine bayrische Sparkasse Günzburg-Krumbach etwa lockte damals bundesweit Sparer an – mit jährlichen Zinsen von mehr als drei Prozent. Was viele jetzt schmerzlich feststellen: Die Zinsen sind nicht über Jahre garantiert, sondern flexibel.
Banken passen sie an die Umlaufrendite (Durchschnittszins der umlaufenden Bundesanleihe) oder zwischen Banken benutzte Zinssätze wie den Euribor an. Derzeit liegt die Grundverzinsung des Riester-Banksparplans S-Vorsorge Plus der Günzburger nur bei 1,46 Prozent.
Nicht auf hohe Überschüsse bauen
Rentenversicherung: Die meisten Bundesbürger riestern mit der Günzburger, weil sie, durch die Beitragsgarantie und den Garantiezins, besonders solide wirkt. Der Garantiezins wird aber nicht auf den Monatsbeitrag, sondern nur auf den um die Kosten des Versicherers verringerten Sparanteil gezahlt. Schon beim Abschluss garantiert der Versicherer dem Sparer eine Monatsrente. Gut wirtschaftende Versicherer zahlen zudem noch freiwillige Überschüsse, die die Rente erhöhen können.
Aktuell garantieren große Versicherer bei einem Einstiegsalter von 30 Jahren, einem Rentenbeginn im Alter von 67 Jahren und einer jährlichen Riester-Einzahlung von 1200 Euro zwischen 158 und 169 Euro monatlich. Tollkühn werden manche Versicherer, wenn sie die Rente inklusive der – nicht garantierten – Überschüsse ausrechnen.
Die Nürnberger Beamten etwa verspricht 100 Euro mehr Rente pro Monat als ihre Konkurrenten. Darauf sollten Anleger nicht bauen. Bleiben die Zinsen so niedrig, ist es unwahrscheinlich, dass Versicherer hohe Überschüsse erzielen können, die das magere garantierte Ergebnis verbessern.
Hinzu kommt, dass von den Beiträgen hohe Provisionen abgezogen werden – je nach Anbieter zwischen 7 und 17 Prozent in den ersten Versicherungsjahren. Dieses Minus muss der Versicherer bis zur Rente mindestens wieder aufholen, um die Beitragsgarantie zu erfüllen.
Zu rund 90 Prozent werden die Gelder in Schuldpapieren angelegt, die von der Entwicklung am Anleihemarkt abhängen. Bei 1,3 Prozent Rendite zehnjähriger Bundesanleihen und 1,4 Prozent Inflation rutscht die reale Rendite ins Minus. Auch Unternehmensanleihen guter Bonität bieten wenig. Aktien sowie riskantere und besser verzinste Anleihen aber dürfen Versicherer nur sehr begrenzt kaufen.
Weil die Garantiezinsen Probleme machen, drängen Berater die Kunden immer häufiger in fondsgebundene Rentenversicherungen. Sie sind eine Kombination aus einer Rentenversicherung und einem Fondssparplan. Es gibt keinen Garantiezins, sondern nur die Beitragsgarantie, dafür sind die Renditechancen theoretisch höher – wenn die Wertpapiermärkte sich gut entwickeln.
Der Beitragsanteil, der tatsächlich in Fonds fließt, ist mitunter allerdings verschwindend gering, selbst gute Fonds könnten dadurch keinen großen Renditeschub geben. Bei fondsgebundenen Versicherungen sind die Kosten oft hoch, die Strategien undurchsichtig und die Anbieterinformationen dürftig.
Fondssparpläne liefern wenig Erbauliches
Fondssparpläne: Fondsanbieter haben nicht so strikte Anlagevorschriften wie Versicherer und dadurch die Chance, höhere Renditen zu erzielen. Sie können bis zu 100 Prozent an die Börse schicken, traditionelle Rentenversicherungen dürften maximal einen Aktienanteil von 35 Prozent haben, schöpfen den mit im Schnitt rund fünf Prozent aber längst nicht aus.
Das Börsenabenteuer der Fondsanbieter ist durch die Beitragsgarantie trotzdem komfortabel abgesichert. Auf Teufel komm raus zocken geht daher nicht. Ginge das schief, müssten die Fondshäuser aus ihrem Eigenkapital die Beitragsgarantie bezahlen. Weil die Riester-Regeln so kompliziert sind, sind nur die Branchenriesen DWS, Deka und Union Investment überhaupt mit eigenen Angeboten im Markt aktiv.
Für Riester-Sparer schnüren sie Pakete aus Aktien und Anleihekomponenten. Dahinter steckt die Annahme, dass durch die Kombination das Risiko sinkt. Die Anleihen sollen die Beitragsgarantie gewährleisten, die Aktien Rendite bringen. Bei jungen Anlegern fließen Beiträge meist komplett in Aktienfonds, je näher die Rente rückt, desto höher wird der Rentenfondsanteil. Je nach Konzept beginnen Anbieter sehr früh mit den Einzahlungen in Anleihen, um sich selbst zu schützen. Freie Auswahl hat der Anleger kaum, die Anbieter geben meist zwei Fonds vor, in die das Geld fließt.
Nach welchen Regeln die Anbieter das Vermögen genau steuern, sagen die Anbieter den Anlegern nicht. Immerhin gibt aber die jährliche Depotübersicht einen detaillierten Einblick, wann in einem Vertrag zu welchen Kursen welche Fonds gekauft oder verkauft wurden.
Diese Ergebnisse sind oft wenig erbaulich. 2008 etwa beschwerten sich rund 20 000 Kunden beim Marktführer Union Investment. Der hatte in der Finanzkrise viele Depots älterer Kunden komplett auf Rentenfonds umgestellt. Die monierten, sie seien zu tiefsten Kursen aus dem Aktienmarkt geworfen worden. Zwar fielen die Kurse nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 noch sechs weitere Monate, Union hatte Kunden also auch Verluste erspart.
Union flieht aus Aktien
Als der Dax ab März 2009 wieder stieg, steckte das Geld aber unwiderruflich in einem Anleihenfonds fest, an der Aktienerholung konnten nur frisch eingezahlte Gelder teilhaben. Die Fondssparpläne erwiesen sich somit als keineswegs so flexibel, wie den meisten Anleger von ihren Beratern weisgemacht wurde.
Der Renner unter den Riester-Fonds des Hauses ist der Uniglobal, der weltweit in Aktien anlegt. Er hat Sparern, die auf Riester verzichteten und monatlich eine feste Summe einzahlten, in den vergangenen 5 Jahren im Schnitt jährlich 12,1 Prozent plus gebracht. Das Depot der UniProfiRente/4P eines 31-jährigen Anlegers, das er im Dezember 2007 begonnen hatte, weist zum 31.12.2012 einen Stand von 10 332 Euro aus.
Davon hat er 8188 Euro selbst eingezahlt, der Staat hat 729 Euro dazugeschossen. 1416 Euro beträgt das Plus, das der Uniglobal bis Ende 2012 erzielt hat. Weil der Anleger noch 33 Jahre bis zur Rente hat, steckt sein Geld noch komplett im Uniglobal und ist damit den Schwankungen am Aktienmarkt ausgesetzt.
Auf andere Riester-Verträge lassen sich diese guten Renditen aber nicht ohne Weiteres übertragen. Beiträge fließen vor allem bei älteren Sparern auch in den Rentenfonds UniEuroRenta. Wie die Gelder auf Aktien- und Rentenfonds verteilt werden, steuert der Computer – individuell für jeden Anleger. Jede Nacht werden so von der Union in Frankfurt 1,8 Millionen Depots gecheckt. Umgeschichtet wird in der Regel nur, wenn sich im Vergleich vom Monatsanfangs- und -endkurs große Veränderungen ergeben sollten.
Selbstläufer Riester-Geschäft
Für die Fondsgesellschaft ist das Riester-Geschäft, wenn die Anleger einmal unterschrieben haben, ein Selbstläufer. Monat für Monat steigt der Pegel des Uniglobal um rund 100 Millionen Euro, die Kramert anlegen muss. Weil bei Aktien das beste Timing nicht immer mit den Stichtagen der Riester-Einzahlungen übereinstimmt, nutzt Kramert Futures an Terminbörsen, um trotzdem sofort in Aktienmärkte zu investieren, die er interessant findet.
Derzeit setzt er die Instrumente für den japanischen Nikkei 225, den australischen ASX und den amerikanischen S&P 500 ein. Neben den Futures stecken noch rund 200 verschiedene Aktien im Fonds. Stark vertreten sind Samsung, Microsoft und Google sowie die Pharmawerte Roche und Sanofi. Sie seien langfristig hervorragend positioniert durch starke Marken, ihre Finanzstärke und Profitabilität, sagt Kramert.
Zweiter Fonds in der UniProfiRente ist der UniEuroRenta, der von der Ratingagentur Feri die zweitbeste Note B bekommt. Natalia Wolfstetter, Direktorin vom Fondsbewerter Morningstar, bemängelt allerdings eine Strategieänderung des Fonds, der inzwischen sehr stark auf deutsche Bundesanleihen setzt.
„Wegen der niedrigen Renditen von Bundesanleihen und erstklassigen Unternehmensanleihen sowie den Anlagebeschränkungen, denen der Fonds auch wegen seiner Größe von knapp vier Milliarden Euro unterliegt, ist das Renditepotenzial derzeit begrenzt“, sagt Wolfstetter. Bei der neu angebotenen UniProfiRente Select kann der Anleger für den Aktienanteil auf drei weitere Fonds setzen, die Rentenkomponente bleibt aber stets beim UniEuroRenta.
Hohe Kosten bei DWS
Viel mehr Auswahl bei den Fonds bietet auch die DWS nicht. Das Managementsystem ähnelt dem von Union Investment. Es hat aber die Bewährungsproben im Krisenjahr 2008 besser überstanden. Zwar hat der Computer auch erst in der Krise die Aktienquote reduziert, aber schon die Erholung ab März 2009 wurde bei vielen Riester-Depots genutzt, um wieder in den Aktienmarkt einzusteigen. Im Unterschied zur UniProfiRente switcht die DWS nämlich in alle Richtungen, von Aktien- in Rentenfonds und zurück. Und das mitunter auch noch täglich und nicht nur einmal im Monat wie bei Union Investment.
Zeitweise kam es dadurch zu unsinnigen Mini-Umschichtungen von ein paar Cent. Die hat das Haus inzwischen abgeschafft und höhere Mindestordergrößen festgelegt. Der Depotauszug listet auf mitunter sechs eng bedruckten Seiten jede Änderung auf. Nicht immer ist das Timing brillant. „In einem fallenden Markt reduziert das System die Aktienquote mitunter so lange, bis es nur noch im Rentenmarkt investiert ist“, erklärt Gordon Rose, Analyst bei Morningstar die Strategie, die auch hinter dem Anlagemodell der DWS steckt.
Der Wiedereinstieg in den Aktienmarkt ist danach oft schwierig. Nicht sonderlich gut funktioniere ein solches System in Seitwärtsmärkten mit häufigen Trendwenden. Schnelles Hin und Her ohne größeren Gewinn wäre die Folge – die Handelskosten belasten die Rendite.
Der DWS Vorsorge Dachfonds, der die Grundlage der PremiumRente ist, schnitt nicht besonders überzeugend ab. Mit drei von fünf Sternen von Morningstar und der Note C bei Feri ist er nur Mittelmaß und trotzdem mit Gesamtkosten von 1,9 Prozent pro Jahr teuer. Die größten Einzelbestandteile des Dachfonds sind vor allem DWS-eigene Fonds wie der DWS Top Dividende oder der Top 50 Welt.
Die neben dem Dachfonds eingesetzten Rentenfonds sind auf Laufzeiten von 15 Jahren und mehr ausgelegt. Sie haben in der Vergangenheit von den sinkenden Zinsen und den Kursgewinnen der beliebten sicheren Staatsanleihen beispielsweise aus Deutschland profitiert. Aber es ist fraglich, ob sie Jahresrenditen von mehr als zehn Prozent wiederholen können.
Fondsgewinne kommen nicht an
So weit die Papierform. In dem von uns untersuchten Riester-Vertrag einer 44-jährigen Anlegerin kam von den Gewinnen der Fonds leider kaum etwas an. Zum Jahresende 2012 steckten hohe 78 Prozent des Riester-Geldes in den Rentenfonds und nur 21 Prozent in dem aktiengefütterten Dachfonds. Dem Vertrag hat die Rentenkomponente mit ihrer eigentlich guten Wertentwicklung nicht viel gebracht.
Die Garantie liegt nach sieben Jahren bei 8400 Euro, der Vertrag hatte zum 31.12.2012 insgesamt 7437 Euro als Guthaben – steht also rund 1000 Euro unter Wasser. Schuld sind die hohen Kosten. Von den Einzahlungen in Höhe von 1200 Euro jährlich zieht die Deutsche-Bank-Tochter DWS 288 Euro für den Vertrieb ab. Damit ist allerdings im sechsten Jahr des Vertrages Schluss. Die Einzahlungen könnten dann auch wieder stärker in den Aktienmarkt fließen, erklärt die DWS der Anlegerin. Ab dem kommenden Jahr kann sie auf ihrem Depotauszug prüfen, ob es stimmt.
Für unseren dritten Fall, einen 29-jährigen Anleger, der mit einer fondsgebundenen Police der Nürnberger riestert (ZulagenRenteDoppel Invest), läuft es auch nicht besser. Von den seit Januar 2007 eingezahlten 3300 Euro sind 2373 Euro übrig. Der Versicherer verteilt das Geld gleich auf drei Töpfe: 73 Prozent der Einzahlungen stecken im Wertsicherungsfonds GarantDynamic, den Allianz Global Investors managt.
Der hält aber schon mal nicht, was der Name verspricht. Allenfalls ging es bisher dynamisch nach unten. Der Fonds hat in fünf Jahren jährlich im Schnitt drei Prozent verloren. Das System, mit dem er eingezahlte Gelder absichert, ist sehr statisch.
Ärgerlich: Der Fonds dominiert das Portfolio des Anlegers. Für die von ihm selbst gewählten und teils sehr erfolgreichen acht Fonds – unter anderem Henderson Continental European und Templeton Asian Growth – bleibt nicht viel Raum: Nur 273 der eingezahlten 3300 Euro stecken in den vom Anleger gewählten Fonds. Das ist noch weniger als die 352 Euro die in einem kollektiven Topf der Nürnberger Versicherung verwaltet werden, als „sonstiges Vermögen“. Auch das ist sicherlich kein Renditeknüller. Der Anleger sollte über einen Wechsel zu einem anderen Anbieter nachdenken.
Flucht aus der Garantie
Ab Rentenbeginn – etwa mit 65 Jahren – bis zum 85. Lebensjahr des Kunden zahlen Fondsanbieter die Renten aus dem angesparten Vermögen. Spätestens ab dem 85. Lebensjahr müssen aber auch sie das Geld in Rentenversicherungen umschichten. Ein Versicherer muss übernehmen und eine lebenslange Rente zahlen. Fondsgesellschaften lassen sich Großabnehmertarife basteln, die kostengünstig sein sollen, weil die Marketingkosten des Versicherers entfallen.
Bei Union Investment beispielsweise bekäme ein Anleger, der jetzt mit 65 Jahren in Rente geht und 50 000 Euro mitbringt, 176 Euro garantierte Monatsrente. Inklusive der Überschüsse gibt es ab dem Start für drei Jahre sogar 210 Euro. Hinter dem Tarif stehen die Versicherer R+V sowie DEVK
Vor Januar 2004 abgeschlossene Verträge garantierten noch 3,25 Prozent Zins, danach sank die Garantie stufenweise auf heute 1,75 Prozent. Prekär für Versicherer und gut für Kunden: Die Garantien gelten für die gesamten alten Verträge und auch die monatlichen Neueinzahlungen der Riester-Sparer. Die aber können nicht mehr entsprechend lukrativ angelegt werden.
Weil traditionelle Rentenversicherer wegen der aktuell niedrigen Zinsen ihre liebe Not mit den garantierten Renditen haben, setzen sie alles daran, die Kunden loszuwerden, damit sich die Lage entspannt. So verwundert es kaum, dass etwa bei dem eng mit der Generali-Versicherung verbandelten Finanzstrukturvertrieb DVAG das Lebensversicherungsgeschäft schrumpft, während der Investmentfondsverkauf zulegt.
Kunden zur Kündigung überredet
Eine willkommene Möglichkeit, alte Riester-Verträge loszuwerden, bietet der Wohn- und Bauspar-Riester. Die DVAG-Bausparpartnerin Badenia, eine Tochter des Generali-Konzerns, steigerte ihre Wohn-Riester-Bausparverträge von 2010 bis 2012 um rund 60 Prozent auf 10 267.
Kunden der AachenMünchener, ebenfalls eine Generali-Tochter, berichten in Internet-Foren, wie sie dazu bewegt wurden, Riester-Rentenversicherungen zu kündigen oder die Verträge beitragsfrei zu stellen, um dann neue Riester-Verträge abzuschließen. Im Branchenjargon heißt das „Umdeckung“, der Kunde wird von einem günstigen alten in einen ungünstigen neuen Vertrag gedrückt.
Felix Hufeld, verantwortlich für die Versicherungsaufsicht bei der BaFin, will Vertriebe jetzt „noch schärfer unter die Lupe nehmen“, um zu erkennen, „ob die Vermittler im größeren Stil Umdeckungen veranlassen, die nicht im Interesse der Kunden, sondern allein am Provisionsinteresse der Vermittler orientiert sind“.
Ihren Verkäufern liefern die Vertriebschefs gleich die Textpassagen mit, die sie in die Beratungsprotokolle aufnehmen müssen, um teure Tarifwechsel juristisch unangreifbar zu machen.In einem Schreiben, in dem es um Versicherungstarife der AachenMünchener geht, heißt es etwa: „Der Antragsteller wurde darüber informiert, dass der Abschluss der Riester-Rente Strategie No. 1 die Chance auf höhere nicht garantierte Rentenleistungen bietet, die Aufgabe der bestehenden Riester- Rentenversicherung Nr. 4 RG jedoch niedrigere garantierte Rentenleistungen zur Folge hat.“