Wirecard: Insolvenzverwalter nennt weiteren Weg für den Skandal-Konzern ++ Deutsche Börse: Milliardenzukauf ++ Software AG: Auftragsprognose erhöht ++ Global Fashion Group: Kapitalerhöhung kein Schock
Zur Mitte der Woche flacht die Dynamik am deutschen Aktienmarkt weiter ab und der Dax bewegt sich in einem engen Radius oberhalb der Marke von 13.000 Punkten. Nachdem der Leitindex Dax am Vortag auf der Stelle getreten war, gab er am Mittwoch im frühen Handel um 0,38 Prozent auf 13.083 Zähler nach.
„Der Schwung geht verloren“, erklärte Analyst Christian Schmidt von der Helaba. Mit Blick auf den Tag zuvor sprach der Aktienexperte von einem „lustlosen Handelsverlauf“. Möglicherweise verabschiedeten sich die Investoren angesichts drohender Lockdowns bereits frühzeitig vom Börsenjahr 2020.
Der MDax der 60 mittelgroßen Werte lag im frühen Handel mit 0,14 Prozent im Minus bei 28 611 Zählern. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verlor 0,41 Prozent auf 3454 Punkte.
Wirklich interessante Termine gibt es heute nur wenig, darunter eventuelle Neuigkeiten zu Wirecard:
Wirecard-Insolvenzverwalter berichtet bei erster Gläubigerversammlung
Knapp fünf Monate nach dem Auffliegen des mutmaßlichen Milliardenbetrugs beim ehemaligen Dax-Konzern Wirecard steht am Mittwoch (08.30 Uhr) die erste Gläubigerversammlung bei dem insolventen Unternehmen auf der Tagesordnung. Das Münchner Amtsgericht hat dafür eigens den Löwenbräukeller reserviert, eine der derzeit coronabedingt geschlossenen großen Gaststätten in der bayerischen Landeshauptstadt.
Insolvenzverwalter Michael Jaffé will den Gläubigern dabei sein weiteres Vorgehen erläutern. Wirecard hatte vor dem Insolvenzantrag im Juni Scheingeschäfte mit erfundenen Buchungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Der Schaden für Banken und Investoren ist nach Berechnungen der Münchner Staatsanwaltschaft jedoch noch weitaus höher: Mutmaßlich sind über drei Milliarden Euro verloren. Der Insolvenzverwalter hat beim Verkauf einzelner Unternehmensteile und Tochtergesellschaften dem Vernehmen nach bisher etwa 500 Millionen Euro erlöst. Dass Jaffé die verlorenen Milliarden in Gänze wieder hereinholen kann, gilt als quasi ausgeschlossen. Eine Hauptfrage der Gläubiger wird sein, mit welcher Quote der Insolvenzverwalter rechnet – also wieviel Geld am Ende für die Gläubiger zurückgeholt werden könnte.
Forderungen anmelden können auch Aktionäre, die Verluste mit Wirecard-Aktien erlitten haben. Allerdings rangieren bei Pleiten von Aktiengesellschaften die Aktionäre mit ihren Ansprüchen weit hinten. Da neben der Wirecard Muttergesellschaft auch sechs Tochtergesellschaften Insolvenz angemeldet haben, hat das Amtsgericht insgesamt sieben Gläubigerversammlungen angesetzt, die zwei Tage lang dauern sollen. Den Auftakt macht der Termin für die Muttergesellschaft Wirecard AG.
Deutsche Börse wagt einen Milliardenzukauf
Der Dax-Konzern Deutsche Börse kauft den US- Stimmrechtsberater Institutional Shareholder Services (ISS). 80 Prozent an dem Datenunternehmen werde die Deutsche Börse vom Finanzinvestor Genstar Capital erwerben. Dem zugrunde liege eine Bewertung von 1,925 Milliarden Euro ohne Schulden. Die Deutsche Börse wolle den Deal mit einer Milliarde Fremdkapital sowie mit Bargeld bezahlen. Die Deutsche Börse erwarte, dass ISS im laufenden Jahr Nettoerlöse von mehr als 280 Millionen US-Dollar einspiele. Bis 2023 sollen diese um mehr als 5 Prozent pro Jahr organisch wachsen.
Die Deutsche Börse erwartet bis 2023 einen zusätzlichen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 15 Millionen Euro pro Jahr, der sich durch die Umsatzsynergien der beiden Unternehmen ergebe. Die Partnerschaft würde beiden Unternehmen Wachstumschancen eröffnen, weil die Aktivitäten sich ergänzten, teilte die Deutsche Börse mit. ISS liefert institutionellen Investoren Daten und Dienstleistungen im Bereich Unternehmensführung. Mit der Führung nach Umwelt- und Gesellschaftskriterien (ESG) nimmt ISS für sich ein Trendthema in Anspruch. „Die ESG-Expertise und das Leistungsspektrum von ISS auf der Datenseite ergänzen das Geschäftsmodell der Deutschen Börse über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg perfekt“, sagte Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer am Dienstagabend.
Weitere Unternehmensmeldungen:
Schaeffler: Der Auto- und Industriezulieferer Schaeffler hat seinen Investoren Mittelfristziele genannt. Die Kapitalrendite (Return on Capital Employed, kurz ROCE) soll bis 2025 bei 12 bis 15 Prozent liegen, teilte der SDax-Konzern am Dienstagabend mit. Das untere Ende der Spanne wolle Schaeffler spätestens 2023 erreichen. Für die drei Geschäftsbereiche nannte Schaeffler außerdem Ziele für das Umsatzwachstum und die Marge des Gewinns vor Zinsen und Steuern (Ebit). Für den Bereich Automotive Technologies soll das währungsbereinigte Umsatzwachstum bei 200 bis 500 Basispunkten über dem Wachstum der Produktion leichter Fahrzeuge liegen, die Ebit-Marge vor Sondereffekten soll bei 4 bis 6 Prozent liegen. Für den Bereich Automotive Aftermarket soll das währungsbereinigte Umsatzwachstum über dem weltweiten Wachstum des Bruttoinlandsprodukts liegen, die Ebit-Marge vor Sondereffekten bei 13 bis 15 Prozent. Für den Bereich Industrial soll das währungsbereinigte Umsatzwachstum über dem weltweiten Wachstum der Industrieproduktion liegen, die Ebit-Marge vor Sondereffekten bei 12 bis 14 Prozent. Das Umsatzwachstum gilt für 2021 bis 2025, das untere Ende der Ebit-Marge vor Sondereffekten soll spätestens 2023 erreicht sein.
Software AG: Die Software AG hat die Prognose für den Auftragseingang im laufenden Jahr erhöht. Bestätigt wurde dagegen das Ziel für die um Sondereffekte bereinigte operative Marge. Diese werde weiter bei 20 bis 22 (2019: 29,2) Prozent erwartet, teilte der im MDax notierte Softwarehersteller am Mittwoch in Darmstadt mit. Bei den einzelnen Sparten rechnet das Unternehmen jetzt vor allem in der relativ jungen Sparte für die Cloud und die Maschinenvernetzung (Cloud/IoT) und den Bereich mit der angestammten Datenbanksoftware (A&N) mit einem deutlich stärkeren Wachstum bei den Auftragseingängen, die das Volumen abgeschlossener Verträge beschreiben. „Der Vorstand weist darauf hin, dass die Prognose für den Bereich A&N vor dem Hintergrund der Zyklizität und des Timings der A&N Vertragsverlängerungen durch die Kunden der Software AG zu sehen ist“, hieß es in der Mitteilung. „Daher kann der Geschäftsverlauf des Jahres 2020 nicht automatisch als Basis für 2021 hochgerechnet werden.“ Die Prognose für das kommende Jahr soll dann abgegeben werden, wenn die Zahlen für das vierte Quartal verfügbar sind – also Anfang 2021. An diesem Mittwoch legt das Unternehmen, das zuletzt mit einem Hackerangriff zu kämpfen hatte, die detaillierten Zahlen für das dritte Quartal vor.
Global Fashion Group: Als „nicht wirklich überraschend“ hat ein Händler am Mittwoch eine Kapitalerhöhung der Global Fashion Group bezeichnet. Denn der Aktienkurs habe sich in kurzer Zeit verdoppelt, auf dem hohen Niveau habe sich die Kapitalerhöhung also angeboten. Der Kurs der Aktien gab auf Tradegate zwar um gut drei Prozent auf 7,60 Euro nach, hielt sich damit aber deutlich über dem Platzierungspreis der neuen Aktien von 7,30 Euro. Anfang September waren die Papiere noch unter 4 Euro zu haben, seitdem hat sich der Kurs verdoppelt.
SAF-Holland: Der Optimismus von SAF-Holland für die Margenentwicklung in diesem Jahr steckt am Mittwoch vorbörslich die Anleger an. Die Papiere des Zulieferers für die Nutzfahrzeugindustrie rückten auf der Plattform Tradegate verglichen mit ihrem Xetra-Schlusskurs um 6,6 Prozent vor. Allerdings verlief der außerbörsliche Handel schwankend. Am Vorabend waren die Aktien nach der Meldung schon deutlich angesprungen, zeitweise waren die Gewinne aber auch wieder verloren gegangen. Die bereinigte operative Marge (Ebit) soll 2020 nun bei fünf bis sechs Prozent liegen statt der bisher in Aussicht gestellten drei bis fünf Prozent, hieß es am Dienstag nachbörslich. Nach einem bisher ernüchternden Jahresverlauf wurde vom Unternehmen gestiegene Zuversicht für eine weitere Erholung der Trailer- und Truckmärkte in Nordamerika und Europa als Grund genannt. Auf Händlerseite wurde dies positiv gewertet. Rückschlüsse zog ein Börsianer auch für den Wettbewerber Jost Werke. Dessen Aktien rückten auf Tradegate um 0,9 Prozent vor.
Generali: Der italienische Versicherer Generali sieht sich trotz der Corona-Pandemie bei seinen Mittelfristzielen auf Kurs. Allerdings dreht Konzernchef Philippe Donnet stärker an der Kostenschraube. So sollen die jährlichen Kosten im europäischen Versicherungsgeschäft bis 2021 statt um 200 Millionen jetzt um 300 Millionen Euro sinken, wie der Konkurrent des deutschen Allianz-Konzerns am Mittwoch zu seinem Investorentag in Triest mitteilte. Die Aktionäre können weiterhin mit steigenden Dividenden rechnen. Generali hatte sich vor zwei Jahren mittelfristige Ziele für die Zeit bis 2021 gesetzt. In der wohl „schwersten Krise seit dem Krieg“ sieht sich Konzernchef Donnet in seiner Strategie bestätigt. So soll der Versicherer seinen Gewinn je Aktie in den Jahren 2018 bis 2021 weiterhin im jährlichen Schnitt um 6 bis 8 Prozent steigern, wenn man die finanziellen Folgen aus dem Verkauf von Geschäftsteilen wie der deutschen Tochter Generali Leben herausrechnet. Im laufenden Jahr dürfte der Überschuss wegen der Finanzmarktturbulenzen infolge der Corona-Pandemie und der teuren Beilegung eines Streits um den Verkauf der schweizerischen Bank BSI allerdings sinken. Vom jährlichen Gewinn will der Konzern weiterhin 55 bis 65 Prozent an die Aktionäre ausschütten, sofern sich die Aufsichtsbehörden dem etwa aufgrund der Corona-Krise nicht weiterhin entgegenstellen. Die Anteilseigner sollen bei der Hauptversammlung im kommenden Jahr dem Vorschlag zustimmen, dass Generali die zurückgehaltene zweite Hälfte der Dividende für 2019 auszahlt.
onvista/dpa-AFX
Titelfoto: Rico Markus / shutterstock.com
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