Hinweis: Dieser Text behandelt die geplante Neuregelung der privaten Altersvorsorge durch die Ampel-Koalition, die 2025 in Kraft treten sollte. Durch das vorzeitige Ende der Koalition im November 2024 sind die Reformpläne zunächst einmal hinfällig. Den Text haben wir dennoch online gelassen und an den entsprechenden Stellen angepasst.
Die Ampelregierung plante eine Neuregelung der privaten Rente. Wichtiger Baustein: das so genannte "Altersvorsorgedepot". Damit solltest du in Zukunft auch mit Aktien und ETFs privat fürs Alter vorsorgen können - und dafür Geld vom Staat dazubekommen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.
Das Wichtigste zum Gesetzesentwurf in Kürze
- ab 2026 sollte dir der Staat Geld dazu geben, wenn du mit Wertpapieren wie Aktien, Fonds oder ETFs fürs Alter vorsorgen willst
- bis zu 600 Euro Zulage im Jahr sollte es geben. Eltern, Menschen mit geringem Einkommen oder Berufsanfänger profitieren von zusätzlicher Förderung
- um die Förderung zu erhalten, hättest du mindestens 120 Euro im Jahr fürs Alter ansparen müssen
- deine bisherigen Riester-Verträge hättest du ins neue System übertragen können, ohne deine Zulagen zu verlieren
Was soll das Altersvorsorgedepot bringen?
Die gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagefinanziert. Das bedeutet: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen in die Rentenkasse ein. Der Beitragssatz beträgt 18,6 Prozent des Bruttolohns. Rentnerinnen und Rentner erhalten aus diesen Beiträgen ihre Rente ausbezahlt. Doch das funktioniert immer schlechter. Weil immer weniger Arbeitnehmerinnen immer mehr Rentner finanzieren müssen, müssen jedes Jahr aus dem Bundeshaushalt über 100 Milliarden Euro ins System gegeben werden. Gleichzeitig sank das Rentenniveau (Definition unten) aus der gesetzlichen Rente von knapp auf 53 im Jahr 2000 auf aktuell 48 Prozent.
Das Rentenniveau drückt aus, wie hoch die Rente nach 45 Beitragsjahren mit durchschnittlichem Gehalt gemessen am aktuellen Durchschnittsgehalt ist. Bei der Berechnung werden Sozialabgaben berücksichtigt, Steuern aber nicht. Aktuell beträgt das Rentenniveau 48 Prozent. Wer jetzt in Rente geht und zuvor 45 Jahre lang genau den Durchschnittslohn erhalten und entsprechend Beträge bezahlt hat, bekommt 48 Prozent des aktuellen Durchschnittsgehalts als Rente.
Weil diese Probleme der gesetzlichen Rente lange bekannt sind, wurden schon 2001 die Riester- und Rürup-Renten für die private Altersvorsorge eingeführt. Doch die Modelle, mit denen die Menschen eigentlich ihre schrumpfende gesetzliche Rente aufbessern sollten, erwiesen sich als bürokratisch, teuer und renditeschwach. Die Folge: Immer weniger Menschen nutzen diese Art der privaten Vorsorge. Seit 2017 ging die Zahl bestehender Riester-Verträge netto um mehr als eine Million auf rund 15,5 Millionen zurück.
Das Altersvorsorge-Depot sollte diese Probleme beheben und einen Neustart der privaten Altersvorsorge in Deutschland ermöglichen.
Welche Änderungen waren konkret geplant?
Der Gesetzentwurf sah für die Zukunft drei Modelle privater Vorsorge vor. Das bisher gängige Riester-Modell, bei dem dir 100 Prozent deiner Einzahlungen zu Rentenbeginn garantiert werden, sollte es weiterhin geben. Diese Garantie gibt dir Planungssicherheit. Sie sorgt aber auch dafür, dass Anbieter beim Anlegen kaum Risiken eingehen und entsprechend renditeschwach anlegen müssen - ein Kern-Kritikpunkt bei Riester.
Deshalb plante die Ampel-Koalition eine Erweiterung des bisherigen Riester-Modells, bei dem nur noch 80 Prozent der Einzahlungen garantiert werden. Das hätte größere Flexibilität und Renditechancen gegeben.
Die eigentlich große Revolution wäre aber die neu entstehende dritte Möglichkeit, privat vorzusorgen, gewesen: Das Altersvorsorge-Depot. Das sollte ganz ohne Garantien auskommen. Und du hättest auch komplett selbst entscheiden können, in welche ETFs, Aktien oder Anleihen du dabei investierst - mit allen Chancen und Risiken. Alternativ hättest du auch einen Anbieter die Anlageentscheidung für dich treffen lassen können. Wichtig nur: An das Geld im Vorsorge-Depot wärst du vor der Rente nicht ran gekommen; frühestens sollte das mit 65 Jahren der Fall sein.
Was genau sollte gefördert werden?
Im Gesetzentwurf waren fünf Wertpapier-Arten genannt, die du im Altersvorsorge-Depot besparen kannst. So genannte OGAW-Sondervermögen, zu denen etwa aktiv gemanagte Fonds oder passive Indexfonds (ETFs) zählen. Daneben hättest du auch in alternative Investmentfonds (Publikums-AIFs) investieren können. Das sind für Privatanleger investierbare Fonds, die nicht in Wertpapiere investieren - zum Beispiel Immobilienfonds.
Drittens hättest du in Euro-Anleihen der öffentlichen Hand in Deutschland investieren können; zum Beispiel in Bundesanleihen oder in Anleihen der Bundesländer. Viertens sollten dir auch Euro-Anleihen anderer EU-Staaten, der EU selbst oder EU-Institutionen wie der Europäischen Investitionsbank offen stehen.
Die fünfte und vielleicht interessanteste Anlagemöglichkeit waren Aktien. Einzige Voraussetzung war, dass sie an einer deutschen oder einer anderen EU- beziehungsweise EWR-Börse (EWR steht für "Europäischer Wirtschaftsraum") zum Handel zugelassen ist. Du hättest also auch in eine Vielzahl von Nicht-EU-Aktien investieren können. Denn auch die Aktien von Apple, Nvidia, Microsoft und Co. sind an deutschen Börsen zum Handel zugelassen.
Risikoreichere Produkte wie Knock-Out-Zertifikate, kurzlaufende Optionsscheine und Krypto-Assets werden dagegen nicht ins Altersvorsorgedepot einbezogen.
Übrigens: Mit dem onvista-Musterdepot kannst du dir trotz Ampel-Aus dein eigenes Altersvorsorge-Depot zusammenbauen - und ohne Risiko beobachten, wie sich die von dir ausgewählten Wertpapiere entwickeln.
Wer sollte gefördert werden?
Die Förderung hättest du bekommen, wenn du mindestens 120 Euro im Jahr fürs Alter zurücklegst - unabhängig von deinem Einkommen.
Wie hoch wäre die Förderung gewesen?
Grundsätzlich solltest du für jeden Euro, den du einzahlst, 20 Cent vom Staat dazubekommen (Grundzulage). In den ersten vier Jahren ab 2026 sollte die Obergrenze bei 3.000 Euro Einzahlung pro Jahr liegen. Bedeutet: So wären maximal 600 Euro vom Staat pro Jahr an Zulage drin. Ab 2030 sollte die Obergrenze auf 3.500 Euro steigen, die maximale Förderung entsprechend auf 700 Euro.
Doch es hätte durchaus auch mehr geben können: Für jedes Kind konntest du zusätzlich 25 Cent pro Jahr und investiertem Euro dazu bekommen (Kinderzulage). Bei zwei Kindern hätte sich also eine Förderung von insgesamt 70 Cent für jeden Euro ergeben, den du einzahlst: 20 Cent für dich, 50 Cent für deine Kinder. Allerdings sollte die Kinderzulage bei 300 Euro je Kind gedeckelt sein. Hättest du also 2.000 Euro im Jahr selbst eingezahlt, hättest du für zwei Kinder nur 600 Euro Zulage bekommen und nicht 1.000.
Besondere Regeln waren zudem für Menschen mit geringem Einkommen sowie Berufsanfänger vorgesehen. Wärst du unter 25, hättest du 200 Euro extra pro Jahr bekommen - für maximal drei Jahre. Voraussetzung war auch hier, dass du mindestens 120 Euro im Jahr gespart hast.
175 Euro extra pro Jahr gäbe es zudem für Menschen, die im betreffenden Jahr weniger als 26.250 Euro verdient hätten (brutto). Wer diese Bedingung erfüllt, ein Kind hat, und 120 Euro eingezahlt hat, sollte also 24 Euro Grundzulage (20 Prozent von 120 Euro Einzahlung), 30 Euro Kinderzulage (25 Prozent von 120 Euro Einzahlung), sowie 175 Euro Bonus bekommen. Das wären in Summe 229 Euro Zulage bei 120 Euro eigenen Beiträgen.
Was sollte mit meinem Riester-Vertrag passieren?
Du solltest deine aktuellen Riester-Verträge behalten können. Ebenfalls solltest du die Möglichkeit haben, von alten Riester-Produkten in ein Altersvorsorgedepot oder ein Vorsorgeprodukt mit 80-Prozent-Garantie zu wechseln, ohne deine bisher erhaltenen Zulagen zu verlieren.
Außerdem solltest du ab dem kommenden Jahr mehr Geld in deinen Riester-Vertrag einzahlen können. Statt bisher 2.100 Euro im Jahr sah der Gesetzesentwurf 3.500 Euro vor, die du pro Jahr einzahlen und von der Steuer absetzen kannst.
Wie ist es mit der Steuer?
Die Einzahlungen in deine private Altersvorsorge sollten nach den Plänen steuerfrei bleiben. Das funktioniert so: Du zahlst in deine Verträge ein und setzt diese Einzahlungen in deiner Steuererklärung als Altersvorsorge-Aufwendung ab. Diese Ausgaben mindern also dein zu versteuerndes Einkommen: Du zahlst weniger Steuern. Das Finanzamt prüft nun, wie hoch dein Steuervorteil dadurch ist.
Ist er kleiner als die Zulagen, die du bekommen hast, passiert nichts. Dann hast du deinen Steuervorteil bereits über die Zulagen vom Staat erhalten. Ist der potenzielle Steuervorteil aber größer als die Zulagen, die du bekommen hast, bekommst du mit deinem Steuerbescheid die Differenz zwischen Steuervorteil und Zulagen erstattet. Zu viel gezahlte Steuer gibt's also zurück.
Ein wichtiger Unterschied zur normalen Geldanlage auf eigene Faust wäre zudem gewesen, dass deine Erträge während der Ansparphase nicht besteuert werden sollten. Hättest du also beispielsweise Aktien in dein Vorsorgedepot gekauft, die dann Dividenden ausschütten, hättest du darauf keine Steuern zahlen müssen. Erst wenn du in Rente gegangen wärst, hättest du die Erträge mit deinem persönlichen Steuersatz versteuern müssen. Das sollte dafür sorgen, dass der Zinseszins-Effekt voll wirken kann und dein Kapital während der Ansparphase idealerweise kräftig wächst.
Wie läuft die Auszahlung der Rente?
Grundsätzlich hättest du erst ab dem 65. Geburtstag an dein Geld ran gekonnt. Du hättest dann folgende Möglichkeiten: Entweder ließt du dir das bis dahin angesammelte Kapital mithilfe eines Auszahlsplans, der mindestens 20 Jahre laufen muss, auszahlen. Das Geld wäre dann zum Ende des Auszahlplans aufgebraucht gewesen und du hättest keine weiteren Zahlungen erhalten.
Die Alternative wäre eine lebenslange Rente. Die dürfte niedriger ausfallen als die monatlichen Zahlungen aus dem Auszahlplan. Dafür hättest du hier die Sicherheit, dass du wirklich bis an dein Lebensende eine Rente erhalten hättest. Wie bei Riester-Verträgen solltest du zudem die Möglichkeit bekommen, bis zu 30 Prozent deines angesparten Kapitals als Einmalzahlung zu Rentenbeginn zu erhalten. Vom Rest wäre dann eine lebenslange monatliche Rente finanziert worden.
Eine Ausnahme war vorgesehen, wenn die Höhe deiner Rente sehr niedrig ist, nach aktuellem Stand also etwa 35 Euro monatlich oder weniger betrüge. Bei so einer so genannten Kleinbetragsrente hättest du die Möglichkeit gehabt, dir das gesamte Kapital mit Rentenbeginn auf einen Schlag auszahlen zu lassen. Die erhaltenen Zulagen oder Steuervorteile hättest du dann behalten dürfen. Allerdings müsstest du Einmalzahlungen auch komplett in dem Jahr versteuern, in dem du sie erhältst. Das hätte diese Option unattraktiver gemacht.
Wie geht es jetzt weiter?
Den Gesetzentwurf hat das FDP-geführte Bundesfinanzministerium am 30. September 2024 veröffentlicht. Ziel der FDP war es, das Gesetz noch in diesem Jahr durch den Bundestag zu bringen. Das Gesetz sollte zum Jahresanfang 2026 in Kraft treten, so dass ab diesem Zeitpunkt staatlich geförderte Altersvorsorgeprodukte gewählt werden können.
Mit dem Ende der Ampel-Regierung am 6. November und den angekündigten Neuwahlen zum Bundestag am 23. Februar 2025 sind aber alle Projekte der Regierung aus SPD, FDP und Grünen hinfällig. Ob eine neue Regierung sie wieder aufnehmen wird, ist derzeit völlig offen. Das gilt auch für das Altersvorsorgedepot.
Mitarbeit: Savanna Schmitz