Bitcoin-Konzern Strategy besorgt sich Geld - mit einer abenteuerlichen Aktie
Strategys ungewöhnliche Unternehmensstrategie treibt immer seltsamere Blüten. Der Konzern hat eine dritte Anteilsklasse ausgegeben – mit haarsträubenden Details.

Unternehmertum kann so einfach sein: Strategy, also der Konzern, der ehemals Microstrategy heißt, kauft Bitcoin. Fertig. Das ist die Strategy - pardon, Strategie - des US-Konzerns, der es derzeit immerhin auf eine Marktkapitalisierung von 65 Milliarden Dollar bringt.
Als „erstes und einziges Schatzhaus“ für Bitcoin avancierte Strategy zu einem Proxy für alle, die an Bitcoins Wertentwicklung teilhaben wollen, aber die Kryptowährung nicht direkt kaufen können oder wollen.
Mittlerweile hat Strategy einen beeindruckenden Bestand von fast 530.000 Bitcoin. Doch damit der Bestand wachsen kann, braucht der Konzern frisches Geld – welches logischerweise nicht aus Bitcoin-Verkäufen stammen kann. Denn Konzernlenker Michael Saylor will Bitcoin akkumulieren. Oder wie der geneigte Kryptowährungs-Fan sagt: HODLen.
Und noch eine neue Aktienklasse
Die Art, wie Saylor dafür die Kapitalmärkte anzapft, wird dabei immer absurder. Vor gut zwei Wochen verkündete Strategy die Emission einer neuen Anteilsklasse mit dem sperrigen Namen „10.00% Series A Perpetual Strife Preferred Stock“. Kurzform: „Strife“.
Seit der Konzern 2020 mit Bitcoin-Käufen angefangen hat, hat er bislang immer neue Aktien ausgegeben und damit die Anteile bisheriger Aktionäre verwässert. Daraufhin folgten Wandelanleihen. Zuletzt emittierte Strategy im Januar eine neue Klasse an Vorzugsaktien, genannt „Strike“. Und jetzt eben „Strife“, Aktienklasse Nummer Drei.
Doch wer sich „Strife“ genauer ansieht, merkt schnell, dass Anleger hier ein schlechtes Geschäft machen. Ominös ist der Name schonmal. „Strife“ bedeutet übersetzt Streit oder Zwist. Und „perpetual“ bedeutet fortwährend oder ewig. „Ewiger Streit“ also.
Anders als die erste Klasse an Vorzugsaktien ist das neue Papier nicht wandelbar in normale Strategy-Aktien, welche praktisch verbriefte Bitcoin-Anteile sind. Sollte Bitcoins Preis also „zum Mond“ schießen, wie es sich Krypto-Apostel wie Saylor vorstellen, hätten die Käufer der „Strife“-Anteilsklasse trotzdem nur ein begrenztes Aufwärtspotenzial.
Großzügige Dividenden, die auch mal ausfallen dürfen
Dafür gibt’s bei „Strife“ eine Dividende, und zwar zehn Prozent jährlich auf den Nennwert. Zahlbar vierteljährlich, nur in Cash. Saylor zielt wie mit den Wandelanleihen also auf Anleger ab, die feste Zahlungsströme bevorzugen.
Obendrein sollen Extra-Zinsen anfallen, sollte Strategy die Dividende einmal nicht zahlen. Und zwar 100 Basispunkte pro verpasstem Zahlungstermin, bis zu einem Maximum von 18 (!) Prozent.
Wer bei einer derart hohen Verzinsung nicht schon skeptisch die Augenbraue hebt, der sollte einen Blick ins Kleingedruckte des Wertpapierprospekts werfen. Dort heißt es unter der Rubrik „Risikofaktoren“: „[…] unser Verwaltungsrat oder jegliches ordnungsgemäß davon ermächtigtes Komitee kann sich dazu entscheiden, die akkumulierten Dividenden auf die Vorzugsaktien aus jeglichem Grund nicht zu zahlen“.
Gut, sei’s drum. Derartige Klauseln sind pro forma, Dividenden können eben mal ausfallen, oder? Spannender ist die Frage, wie Strategy diese Cash-Dividenden zahlen will.
Konzernchef Saylor redet gerne davon, dass Dienstleistungen rund um die Bitcoin-Reserven eines Tages Strategys Brot-und-Butter-Geschäft sein werden. Das sind aber erstmal nur Pläne. Das ursprüngliche Geschäft, Software, verbrennt Geld. Im September 2022 verbuchte Strategy zuletzt einen operativen Gewinn – "satte" sechs Millionen US-Dollar.
Investoren werden ausgezahlt mit neuen Investoren
Die Dividenden für die „Strife“-Aktien aber würden jährlich etwa 85 Millionen Dollar kosten, bei 8,5 Millionen ausgegebenen Aktien mit einem Nennwert von 100 Dollar (der tatsächliche Emissionspreis lag bei 85 Dollar).
Glücklicherweise hat Strategy aber auch hier ein Rezept parat. „Wir erwarten, dass wir jegliche Dividendenzahlungen in Cash […] vorrangig durch weitere Kapitalerhöhungsmaßnahmen finanzieren, einschließlich, aber nicht limitiert auf weiteren Emissionen unserer Klasse-A-Anteile und unserer ‚Strike‘-Vorzugsaktien.“
Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Strategy nimmt also Geld von Investoren auf, um bisherige Investoren auszahlen zu können. Klingt verdächtig nach einer altbekannten Masche. Und das ist auch kein Aprilscherz: Die Aktie handelt bereits, und hat in ihren ersten Handelstagen sogar leicht an Wert gewonnen und notiert aktuell bei 93 US-Dollar.
Wie genau sich der Kursanstieg rechtfertigen lässt, da die Aktie keinerlei Vorteile für Bitcoin-Fans bietet, während die geplante Finanzierung der großzügigen Dividende - sagen wir: „kreativ“ ist - bleibt schleierhaft. Das versteht wohl nur Michael Saylor selbst.
Gewinner bei Strategy sind in jedem Fall die Banken
Vielleicht steigt Bitcoin ja wirklich 29 Prozent pro Jahr, so wie es sich Saylor vorstellt. Dann stünde Strategy voraussichtlich glänzend da. Ob Strategy aber auch eine Durststrecke der Kryptowährung durchsteht, steht auf einem anderen Blatt.
Immerhin gibt es einige sichere Gewinner bei Saylors großer Bitcoin-Wette. Wall-Street-Banken wie Morgan Stanley, Barclays oder die Citigroup beispielsweise. Als Emissionsbanken haben sie die Gebühren für die Ausgabe der „Strife“-Aktien bereits kassiert.