Kolumne von Andreas Lipkow

Welche Branchen profitieren vom Handelskrieg zwischen den USA und China?

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Quelle: cybrain/Shutterstock.com

Die Verhängung von US-Strafzöllen in Höhe von 145 Prozent auf chinesische Waren, die am 9. April von der US-Regierung unter Präsident Donald Trump eingeführt wurde, markiert eine neue Eskalationsstufe im Handelskrieg zwischen den USA und China.

China reagierte prompt mit Gegenzöllen von 125 Prozent auf US-Importe, die am 12. April 2025 in Kraft traten.

Höhere Zölle bedeuten höhere Preise

Die US-Strafzölle zielen darauf ab, das Handelsbilanzdefizit der USA mit China zu reduzieren, das 2024 bei 295 Milliarden US-Dollar lag, und die heimische Produktion zu stärken. Das Handelsbilanzdefizit mit China entspricht etwa einem Prozent der US-Wirtschaftsleistung der USA. Allerdings führen sie zu erheblichen Kostensteigerungen für US-Importeure und letztlich Konsumenten in den USA.

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Studien zeigen, dass bereits frühere Zollerhöhungen die Preise für Konsumgüter in den USA um durchschnittlich 4,5 bis 6,5 Prozent erhöht haben. Vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen waren betroffen. Sie geben einen größeren Teil ihres Einkommens für Importe aus.

Chinas Gegenzölle von 125 Prozent auf US-Importe, die Produkte wie Agrarprodukte, Fahrzeuge und Technologie betreffen, haben ähnliche Effekte. Amerikanische Exporteure, insbesondere Landwirte, sehen sich mit einem massiven Rückgang der Nachfrage aus China konfrontiert. 

Zölle produzieren Verlierer auf beiden Seiten

Laut einer Analyse der Vereinten Nationen von 2019 führt der Handelskrieg zu höheren Produktionskosten, steigenden Verbraucherpreisen und finanziellen Schwierigkeiten für Landwirte in den USA. In China werden das Wirtschaftswachstum und die industrielle Produktion nachlassen.

Darüber hinaus verstärken beide Maßnahmen die Unsicherheit in den globalen Lieferketten. Unternehmen, die auf chinesische Vorprodukte angewiesen sind, wie etwa deutsche Autobauer, leiden unter steigenden Kosten und Produktionsverzögerungen.

Laut der Europäischen Handelskammer in Peking planen 17 Prozent der europäischen Firmen in China, ihre Investitionen zurückzustellen. Jedes zehnte Unternehmen erwägt eine Umsiedlung der Produktion, um Strafzöllen zu entgehen.

Mögliche Gewinnerbranchen

Doch bei allen negativen Folgen der Auseinandersetzung gibt es auch Sektoren, die vom Handelskrieg profitieren könnten.

In den USA ist das etwa die heimische Produktion beziehungsweise große Teile der Binnenkonjunktur. Branchen wie Stahl und Aluminium, die durch die Zölle geschützt werden, könnten - zumindest kurzfristig - wachsen.

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Studien zufolge hat die US-Wirtschaft bereits 2018 von den Zöllen profitiert, mit einem Gesamtnutzen von 18,4 Milliarden US-Dollar. Es ist derzeit schwer abzuschätzen, wie sich die potentielle Konsumzurückhaltung auch auf diese Branchen auswirken wird. Jedoch sind Parallelen zu den Wirtschaftsjahren 2017/ 2018 durchaus erkennbar.

Aktuell kaum vorstellbar, aber: Auch in der deutschen Technologie gibt es Branchen, die von den US-Strafzöllen profitieren. Deutsche Cloud-Anbieter wie Nextcloud oder Ionos verzeichnen einen Boom, da Unternehmen von US-Produkten wie Microsoft weggehen, um Strafzöllen zu entgehen.

In China gelten die Hochtechnologie-Sektoren als klare Gewinner der aktuellen Entwicklungen. China könnte durch den Fokus auf Autarkie und Programme wie „Made in China 2025“ in Bereichen wie Künstliche Intelligenz (KI) und 5G gestärkt werden.

Die Entwicklung von Deepseek, einer kostengünstigen KI, zeigt Chinas Fortschritte. Die großen chinesischen Technologiekonzerne wie Alibaba, Tencent und Xiaomi sind im internationalen Vergleich bereits in den Spitzengruppen der großen Technologiekonzerne aufgestiegen. Es wäre ein Fehler, diese Marktpositionierungen und Innovationskraft zu unterschätzen.

Chinesische Aktien sind im Vergleich günstig

Auch für Investoren stellen sich die Unternehmen im internationalen Vergleich als vergleichsweise günstig bewertet dar. Zudem werden chinesische Konsumgüterhersteller von einer gesteigerten heimischen Nachfrage profitieren, da US-Importe teurer werden. Das stärkt den chinesischen Binnenmarkt weiter und stützt die Pläne der chinesischen Regierung zur Stärkung der heimischen Wirtschaft.

Länder wie Vietnam und Mexiko könnten als Ersatzlieferanten für die USA profitieren. Die Asean-Staaten (Verband südostasiatischer Nationen) könnten ihre Rolle in globalen Lieferketten ausbauen, insbesondere bei der Produktion von Endprodukten. Es muss sich jedoch in den kommenden 90 Tagen zeigen, wie stark diese Länder von den USA mit Zöllen belegt werden. Dass sie als Gewinner hervorgehen werden, ist derzeit unsicher.

Für Investoren ist es aktuell eine ideale Zeit, um Watchlisten aufzubauen und günstig bewertete Unternehmen aus den USA, Europa und China herauszufiltern. 

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