Trumps Zoff mit Jerome Powell

Warum braucht es eine unabhängige Notenbank?

onvista · Uhr (aktualisiert: Uhr)

US-Präsident Donald Trump möchte den Notenbank-Chef Jerome Powell loswerden - entsprechende Berichte haben gestern US-Aktien auf Talfahrt geschickt. Wir erklären, was die Notenbank macht - und wieso Unabhängigkeit von der Politik so wichtig ist.

Quelle: Melnikov Dmitriy/Shutterstock.com

Was machen Notenbanken?

Notenbanken sind staatliche, beziehungsweise supranationale Institutionen (wie im Falle der Europäischen Zentralbank). Ihre wichtigste Aufgabe ist es, für stabile Preise zu sorgen. Die meisten Notenbanken entstanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit einer prominenten Ausnahme: Die schwedische Riskbank gibt es schon seit 1664.

Die Preise steuern Notenbanken über die Geldmenge, also wie viel Geld insgesamt im Umlauf ist. Das funktioniert vorrangig über die von den Notenbank festgesetzten Leitzinsen, aber auch über Käufe von Staatsanleihen, wie beispielsweise nach der großen Finanzkrise 2008.

Wie beeinflussen Zinsen und Liquidität die Preise?

Höhere Leitzinsen verteuern Kredite und motivieren dich zum Sparen. Auf der anderen Seite bremsen sie die Nachfrage - denn sich Geld für Anschaffungen oder Investitionen zu leihen, ist nun teurer. Das dämpft die Preise.

Niedrigere Leitzinsen dagegen regen die Kreditvergabe an. Dabei entsteht beispielsweise über die sogenannte "Giralgeld-Schöpfung" neues Geld: Nimmst du zum Beispiel einen Kredit für einen Hauskauf auf, erzeugt die Bank dieses Geld neu.

Neben dieser Liquiditätssteuerung über die Zinsen kaufen Notenbanken unter bestimmten Umständen auch Wertpapiere, um die Geldmenge zu vergrößern. Das war beispielsweise in den USA nach der Finanzkrise oder während der Corona-Pandemie der Fall. Diese "quantitative Lockerung" bleibt als Mittel, wenn die Leitzinsen schon bei null oder im negativen Bereich liegen.

Wann ist Preisstabilität erreicht?

Generell sehen Notenbanken die stabile Preise bei einer Inflation von um die zwei Prozent pro Jahr als gegeben an. Dieser Zielwert orientiert sich unter anderem an den üblichen Wachstumsraten entwickelter Volkswirtschaften.

Bei einer Inflation von null könntest du dir - bei wachsender Konjunktur und Löhnen - real immer mehr leisten. Zudem besteht bei einer solch niedrigen Teuerungsrate die Gefahr einer Deflation, dem Rückgang von Preisen. Das hört sich zwar zunächst gut an. Aber wenn du von immer weiter fallenden Preisen ausgehst, hat du kaum noch Anreize, Geld auszugeben - das wiederum kann die Konjunktur abwürgen.

Was macht die US-Notenbank Federal Reserve besonders?

Anders als die EZB hat die US-Notenbank Federal Reserve, kurz Fed, ein Doppelmandat. Neben der Preisstabilität, auch hier als Inflation von rund zwei Prozent definiert, soll die Geldpolitik der Fed auch eine „größtmögliche Beschäftigung“ erzielen. Allerdings schränkt die Fed selbst ein, dass der Arbeitsmarkt auch durch viele andere Faktoren beeinflusst wird. Es gibt daher keinen festen Zielwert, wie etwa eine bestimmte Arbeitslosenquote.

Zusätzlich bildet die Fed aufgrund ihrer Stellung als Zentralbank der weltgrößten Volkswirtschaft oft die Speerspitze, was geldpolitische Strategien angeht. Ihr Einfluss reicht weit über die Grenzen der USA hinaus, weil beispielsweise Rohstoffe oft in Dollar gehandelt werden, und einige Länder (wie Saudi-Arabien) ihre Währung an den Dollar koppeln.

Warum will Donald Trump Jerome Powell feuern?

US-Präsident Donald Trump hat schon mehrfach erklärt, wie unzufrieden er mit Fed-Chef Jerome Powell ist, den er übrigens selbst in seiner ersten Amtszeit zum Kopf der Fed ernannte. „Zu spät“ Powell solle endlich die Zinsen senken, forderte Trump mehrfach auf der Kurznachrichten-Plattform Truth Social. Dabei verweist er auch auf die EZB, die seit der jüngsten Zinswende nun schon sieben Mal die Zinsen gesenkt hat.

Warum Trump niedrigere Zinsen wünscht, obwohl die Inflation in den USA mit 2,4 Prozent noch über dem Zielwert liegt, ist nicht ganz klar. Eine mögliche Erklärung: Niedrige Zinsen sollen den voraussichtlichen wirtschaftlichen Dämpfer seiner Zollpolitik abfedern. Fed-Chef Powell wiederum will nicht riskieren, dass die Inflation durch Zinssenkungen wieder anzieht.

Wurde jemals ein Notenbankchef gefeuert?

Zumindest nicht in den USA. Es ist zwar üblich, dass hochrangige Minister ihren Posten räumen müssen, wie beispielsweise Außenminister Rex Tillerson während Trumps erster Amtszeit. Ob Trump aber auch den Chef einer unabhängigen Behörde wie der Federal Reserve feuern kann, ist unklar. 

Einen Präzedenzfall gibt es: Den Fall Humphrey gegen die Vereinigten Staaten, 1935. Der damalige Präsident Franklin Roosevelt wollte William Humphrey als Chef der Bundes-Handelskommission FTC entlassen. Humphrey ignorierte die Kündigung. Das oberste Bundesgericht entschied später, dass politische Differenzen allein ein Feuern solcher Staatsdiener nicht rechtfertigen.

Powells zweite Amtszeit als Vorsitzender der Fed läuft im kommenden Frühling aus. Seine Amtszeit als Direktor im Gouverneursgremium der Fed läuft indes noch bis Januar 2028.

Was passiert, wenn eine Notenbank ihre Unabhängigkeit verliert?

Sollte Trumps Regierung die Rechtslage ändern und Powell wirklich als Fed-Präsident feuern, wäre fraglich, ob Powells Nachfolger die Unabhängigkeit der Fed wahrt. Laut Reuters könnte Trump aktuell nur aus den übrigen sechs Direktoren der Fed einen Nachfolger wählen. Davon hat Trump Christopher Waller und Michelle Bowman in seiner ersten Amtszeit nominiert. Beide Fed-Direktoren haben sich aber für die Unabhängigkeit der Fed ausgesprochen.

Die Unabhängigkeit der Notenbanken von der Regierung eines Landes soll sicherstellen, dass politische Ziele nicht über das Mandat der Preisstabilität gestellt werden – wie beispielsweise eine absichtlich herbeigeführte Inflation durch eine drastische Erhöhung der Geldmenge. So könnten Staatsschulden (in eigener Währung) einfach „weginflationiert“ werden – zulasten der Sparer, deren Vermögen real schrumpft. Und zulasten der Verbraucher, deren Kaufkraft schwindet.

Wie schlimm wäre eine nicht mehr abhängige Fed?

Die Auswirkungen wären – vermutlich – nicht auszumalen. Was passiert, wenn eine Notenbank ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt sich in der Türkei. Dort erzwingt Präsident Tayyip Erdogan seit Jahren niedrigere Zinsen. Das Resultat: Eine horrende Inflation von teilweise gut 85 Prozent auf Jahressicht. Umgekehrt verliert die Lira seit Jahren an Wert und verteuert so alle importierten Güter für türkische Verbraucher.

Der große Unterschied: Die Fed ist, wie oben erwähnt, nicht einfach nur irgendeine Notenbank. Würde Powell durch einen folgsamen Fed-Chef ersetzt, würde das ohnehin angeschlagene Vertrauen in den US-Dollar und die amerikanischen Finanzmärkte voraussichtlich gänzlich verschwinden – mit möglichen Folgen wie einem Ausverkauf US-amerikanischer Bonds und Aktien, der aufgrund der Größe des US-Markts und seiner Bedeutung bei ETFs und Fonds so gut wie jede und jeden treffen würde.

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