Kolumne von Alexander Mayer

Bitcoin im Aufwind: Vertrauensverlust im Finanzsystem als Kurstreiber

decentralist.de · Uhr

Das abnehmende Vertrauen in das von den USA geprägte Finanzsystem könnte Bitcoin zunehmend beflügeln. Zudem lässt die wachsende Parallele zur Kursentwicklung von Gold auf weiteres Aufwärtspotenzial schließen.

Quelle: Overearth/Shutterstock.com

Nachdem das Jahr 2025 seit dem Erreichen des neuen Allzeithochs bei knapp 110.000 Dollar bisher eher enttäuschend für Bitcoin verlaufen ist, besteht nun die Chance, dass die nächste große Bewegung nach oben in diesem Bullen-Zyklus startet.

Der Kurs konnte zuletzt signifikante charttechnische Fortschritte verzeichnen und die Chancen stehen gut, dass der Absturz bis auf 74.500 Dollar ein lokaler Boden gewesen ist. Nach dem Durchbrechen des Abwärtstrends, der seit Ende Januar vorherrschte, konnte nun sowohl der exponentielle als auch der einfache 200-Tage-Trend zurückerobert werden und signalisiert eine Rückkehr in bullisches Momentum, ebenso wie die erneute Etablierung des Supportlevels auf dem Niveau von 92.000 Dollar.

Quelle: Tradingview

Kommt jetzt wieder Schwung in den Bitcoin-Kurs?

Der Bitcoin-Kurs zeigt langfristig eine enge Korrelation mit den Aktienmärkten, besonders mit der Entwicklung des Nasdaq. Bitcoin hat aufgrund seines kurzen Track-Rekords, seines technologisch neuartigen Ansatzes und der relativen Isolation gegenüber den traditionellen Märkten einen sehr spekulativen Charakter. Für viele Marktteilnehmer gilt das Asset immer noch schlicht als Anlage mit hohem Beta-Faktor gegenüber Tech-Aktien.

Diese These wurde jedoch spätestens in diesem Bullen-Zyklus aufgeweicht, da die Adaption von Bitcoin seitens der Wallstreet und auf staatlicher Ebene erhebliche Fortschritte gemacht hat. Nun scheint endlich der wahre Test gekommen zu sein, ob Bitcoin seine eigentlichen Funktionen als alternativer Wertspeicher und autonomes Netzwerk gegenüber der traditionellen Finanzwelt erfüllen kann.

Kommentar
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Seitdem Trump mit dem „Liberation Day“ die globalen Märkte ins Zoll-Chaos gestürzt hat, ist die Korrelation zwischen Bitcoin und Aktien deutlich zurückgegangen. Während S&P 500, Nasdaq und weitere große Indizes auf Talfahrt gegangen sind, konnte Bitcoin relativ stabil durch die letzten Wochen navigieren und hat nun einen bullischen Ausbruch hingelegt.

Wohin fließt momentan das Geld an den Märkten?

Die USA sind seit Jahrzehnten der Tonangeber an den globalen Finanzmärkten. Der Dollar dient als Weltreservewährung, Import-Nationen haben ihre Überschüsse größtenteils in US-Assets geparkt und den USA erlaubt, sich über die Maßen zu verschulden. Nun zeigt das aktuelle System jedoch ernsthafte Risse und das Vertrauen in die US-Dominanz – letzten Endes die einzige tragende Säule im Fiat-basierten System – bröckelt.

Erkennbar ist das vor allem an der Dynamik, dass nicht wie sonst eine Kapitalflucht aus Aktien hinein in als sicher geltende US-Staatsanleihen stattfindet, sondern dass sowohl die US-Aktienmärkte als auch die US-Anleihenmärkte im Tandem fallen.

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Während das Vertrauen in die USA auf die Probe gestellt wird, wächst die Attraktivität unabhängiger Assets als Parkplatz für Kapital. Die extreme Rally des Gold-Preises über die letzten Monate symbolisiert nicht nur die steigende Wahrscheinlichkeit einer Rezession – dies ist nebensächlich – Hauptgrund für die Goldrally ist ein möglicher Bruch des Systems und eine Infragestellung des Dollars in seiner jetzigen Funktion und damit der Rolle der USA im Finanzsystem.

Wird Bitcoin der Gold-Rally folgen?

Sowohl Gold als auch Bitcoin reagieren positiv auf eine Ausweitung der Geldmenge, die ein Resultat aus geld- und fiskalpolitischer Lockerung als Antwort auf Krisen wie die Finanzkrise, Covid usw. ist. Aktuell scheint bei Gold der fundamentale Aspekt jedoch noch eine größere Rolle zu spielen als bei Bitcoin.

Ableiten kann man dies an der Gegenüberstellung der Entwicklung der globalen Geldmenge M2, dem Gold- und dem Bitcoin-Chart. Gold hat die Rally stets vorweggenommen, während Bitcoin mit Verzögerung gefolgt ist.

Quelle: Tradingview

Zu sehen ist die Entwicklung der globalen Geldmenge M2 (Kerzenchart), Gold (blau), Bitcoin  

Im Zuge der ersten Eskalation zwischen China und den USA zu Beginn von Trumps erster Amtszeit im Jahr 2016/17 hat Gold die Rally vorweggenommen, genauso wie im Zuge der Corona-Krise 2020. Auch jetzt zeigt Gold in Relation eine bessere Performance, da Marktteilnehmer aus fundamentalen Gründen Kapital in Gold umschichten. Bei Bitcoin bleibt bisher die Liquidität der eigentliche Kurs-Treiber, die mit Verzögerung ihren Weg in das Asset findet.

Der Unterschied zwischen der aktuellen Situation und früheren Marktphasen ist, dass Bitcoin echte Anzeichen zeigt, die Korrelation mit Aktien zu brechen und eine engere Korrelation mit Gold aufzubauen. Das ist ein Hinweis, dass Bitcoin vom Markt nun anders bewertet wird und die Funktion als alternatives, von den traditionellen Finanzinfrastrukturen unabhängiges System größere Relevanz erhält.

Die Etablierung der ETFs an der Wallstreet, der Einstieg großer Investoren und die Adaption von verschiedenen Staaten und Unternehmen dürften in den letzten Monaten zu diesem Imagewandel beigetragen haben. Dieser mögliche Paradigmenwechsel befindet sich jedoch immer noch in einem frühen Stadium und dürfte sich noch über mehrere Jahre erstrecken. Die Geschwindigkeit hängt jedoch auch vom Grad der Instabilität ab, die von den derzeitigen makroökonomischen und geopolitischen Entwicklungen hervorgerufen wird.

Kolumne von Stefan Riße
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Die Liquiditätsentwicklung bleibt bis auf weiteres der Haupttreiber für den Bitcoin-Kurs. Geldpolitische Stimuli Chinas zur Abfederung der Effekte des Zollkrieges und der Stützung der heimischen Wirtschaft, sowie die Abkehr von der Quantitativen Straffung durch die Fed und ein Treasury-Buyback-Programm des US-Finanzministeriums sind hier vorerst die entscheidenden Faktoren. Die Entwicklung der globalen Geldmenge zeigt, dass für den Bitcoin-Bullrun noch eine Menge Spielraum besteht.

Das schwindende Vertrauen in das US-dominierte Finanzsystem könnte jedoch ebenfalls ein immer größerer Kurstreiber für Bitcoin werden und eine engere Korrelation mit der Entwicklung des Gold-Kurses signalisiert ebenfalls weiteres Aufwärtspotenzial.

Denken Sie langfristig!

Warum ein mittelfristiger Bitcoin-Preis von einer Millionen Dollar aufgrund der Verschiebungen der Koordinaten des Finanzsystems nicht unrealistisch ist, erfahren Sie in der aktuellen Analyse von decentralist.

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